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Cancun: Industrielaender planieren Entwicklungslaender ein

Aktueller Entwurf der Abschlussdeklaration waere ?Ende der Entwicklungsrunde?

Einen Tag vor dem offiziellen Ende der 5. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO im mexikanischen Luxusbadeort Cancun wurde ein Entwurf fuer die Abschlussdeklaration vorgelegt, der ganz massiv die Interessen der Industrielaender widerspiegelt. Die Entwicklungsrunde kam in Cancun unter die Raeder der Machtpolitik des industrielobby-gesteuerten Nordens.+++

Obwohl die Doha-Deklaration als Voraussetzung fuer die Aufnahmen von Verhandlungen zu den so genannten Singapur-Themen (Investitionen, Wettbewerb, Oeffentliche Beschaffung und Handelserleichterungen) einen ausdruecklichen Konsens aller 146 WTO-Mitglieder vorsieht und obwohl erst gestern 90 Laender eine Verhandlungsaufnahme zu den Singapur-Themen abgelehnt hatten, steht im juengsten Draft-Text, dass zu zwei der vier Themen (Handelserleichterung und Oeffentliche Beschaffung) sofort Verhandlungen beginnen werden und zu Investitionen eine Frist festgelegt wird, innerhalb derer die Modalitaeten geklaert werden, wonach mit den Verhnadlungen begonnen wird. ?Das ist ein Hohn auf die Demokratie innerhalb der WTO und ein Schlag ins Gesicht der armen Laender?, so Christian Felber von ATTAC Oesterreich, der vor Ort in Cancun ist. ?Die Entwicklungsrunde zeigt damit ihr wahres Gesicht.?

Auch im Agrarbereich setzten sich die Industrielaender weitgehend durch. Die Exportsubventionen sollen nur zum Teil auslaufen, die US-Exportkredite werden gar nicht erwaehnt und die handelsverzerrenden Blue-Box-Subventionen sollen nur teilweise abgeschafft werden. Die ?Friedensklausel?, die Preisdumping (durch Subventionen) straffrei haelt, wird sogar verlaengert, obwohl sie nach der Doha-Deklaration heuer auslaufen sollte. Die Forderung der G33, strategische Grundnahrungsmittel von der Zollreduktion zu befreien, fand nur ganz vage Eingang in den Entwurf, die Baumwoll-Initiative schaffte es gar nicht. Schliesslich muessen im Agrarbereich gemaess der ?Swiss formula? hohe Zoelle ueberproportional gesenkt werden. Das trifft wiederum Entwicklungslaender besonders hart, weil fuer sie Zoelle der einzige Schutz der heimischen BaeuerInnen sind. Durch die Swiss formula koennte der Leitspruch ?WTO kills farmers?aurige Realitaet werden. Fazit: ?Auch das Agrarkapitel wurde substanziell nach der die Eingabe der EU und USA verfasst. Die Eingaben der Entwicklungslaender fanden nur kosmetische Beruecksichtigung?, so Alexandra Strickner von ATTAC Oesterreich. Auch bei den Industriezoellen hat sich die ?non-linear formula? gegen den Widerstand der Entwicklungslaender gehalten: Ihr zufolge muessen hohe Zoelle staerker gesenkt werden als niedrige, was die Maerkte der arme Laender schneller oeffnen wird als die der reichen. ?Das wird einen Teil der Industrie in den armen Laendern zum Kollabieren bringen, mit allen negativen Konsequenzen fuer die Entwicklung?, so Felber. Bei Implementation und Special and Different Treatment (S&P) gab es im Gegensatz zu den Singapur-Themen wieder keine Fristen. Damit bleibt ein Hauptanliegen der Entwicklungslaender unerfuellt. ?Dieser Entwurf ist windschief und kam auf intransparente Weise zustande?, so Felber abschliessend. ?Es bleibt nur die Hoffnung, dass sich das Trauma von Seattle wiederholt und die Entwicklungslaender am Montag den Mut finden zu sagen: ?Das unterschreiben wir nicht.??