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Österreichische NGOs gegen neue WTO-Runde

Ja zu Gentechnik und Wasserprivatisierung, nein zu Umwelt- und Naturschutz: Industrieländer wollen neue Runde gegen Entwicklungsländer durchsetzen

Bei der Freitag in Doha / Qatar startenden WTO-Welthandelskonferenz werden Entscheidungen gefällt, die unsere Umwelt- und Sozialregelungen in den Grundfesten erschüttern werden, warnen WWF, Greenpeace und ATTAC Österreich. Gegen den Willen der Entwicklungsländer wollen die Industrienationen eine neue Runde durchsetzen. Das Thema Umwelt wurde von der Tagesordnung genommen. Trotz des Demonstrationsverbots im arabischen Emirat Qatar (das nicht zuletzt deshalb als Tagungsort ausgewählt wurde) und der restriktiven Einreisepolitik werden die drei Organisationen gegen eine weitere Liberalisierung des Welthandels auf Kosten von Mensch und Umwelt protestieren: Vom WWF Österreich wird Maga Corinna Milborn als NGO-Delegierte an der Konferenz teilnehmen, um der Umwelt in Doha einen Stimme zu geben. Greenpeace lässt die "Rainbow-Warrior" vor dem Tagungsort vor Anker gehen, um die Delegierten aufzurütteln. Und ATTAC wird in Linz einen der weltweit stattfindenden Gegenkongresse organisieren.

Die WTO ist ausschließlich dem Freihandel verpflichtet und blind für alle anderen politischen Ziele. "Die WTO vergrößert die Kluft zwischen Nord und Süd und macht jetzt auch noch Druck auf die Privatisierung von Schulen, Krankenhäusern und Wasserversorgern," erklärt Mag. Christian Felber von ATTAC. "Anstelle einer neuen Freihandelsrunde braucht die WTO eine Demokratisierungs- und Selbstbeschränkungsrunde." Die drei Organisationen sind nicht gegen internationalen Handel an sich: "Doch wir sind gegen ein zügelloses Freihandelsregime, in dem sich die Starken gegen die Schwachen durchsetzen und in dem Umweltschutz-, Arbeitnehmer- Konsumentenschutz- und Menschenrechtsinteressen permanent verletzt werden", so Felber. Auch die Entwicklungsländer sind gegen eine neue Runde, sie wollen zuerst die Auswirkungen der bisherigen Liberalisierung verdauen und bestehende Schieflagen korrigieren. "Es ist bezeichnend für das Demokratieverständnis der WTO, dass die Anliegen der Mehrheit ihrer Mitglieder ignoriert werden und die Industrieländer mit aller Gewalt eine neue Liberalisierungsrunde durchsetzen wollen", sagt Felber.

Greenpeace: Offene Türen für Gentechnik?

"Wir verlangen von der WTO, das Vorsorgeprinzip in all ihren Entscheidungsprozessen zu verankern", betont Dr. Bernhard Drumel, Geschäftsführer von Greenpeace Österreich, "Risikotechnologien wie die Gentechnik oder Patente auf Leben dürfen keinen Persilschein erhalten. Außerdem muss die Beweislast bei WTO-Schiedsgerichtsverfahren die Umweltzerstörer treffen und nicht diejenigen, die Umweltschutzmassnahmen setzen." Greenpeace ruft außerdem alle WTO-Mitgliedsländer auf, den Druck auf die USA zu erhöhen, das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz endlich zu ratifizieren. Drumel dazu: "Die Klimaschutz-Verweigerung der USA ist de facto eine versteckte Subvention für die US-Industrie und verstößt gegen die WTO-Spielregeln." An Bord der "Rainbow Warrior" befinden sich auch fünf Betroffene aus Indien, dem Tschad, Bangladesch und den USA, die über die Auswirkungen der WTO-Politik Zeugnis ablegen. Drumel: "Wir laden alle Delegierten und Medienvertreter ein, an Bord der 'Rainbow Warrior' zu kommen und mit uns in Dialog zu treten".

WWF: Gefährdung von Weltmeeren und Tropenwald durch WTO verschärft

"Naturschutzmaßnahmen - etwa gegen die Überfischung der Meere oder die Zerstörung der Regenwälder - werden durch die WTO verhindert", kritisiert Corinna Milborn vom WWF. Denn erstens kann die WTO mit ihrem Schiedsgericht alle internationalen, gültigen Umweltabkommen außer Kraft setzen. Zweitens müssen Produkte, die gleich aussehen, unter WTO-Regeln gleich behandelt werden - egal, wie umweltfreundlich oder umweltzerstörerisch sie produziert werden. "So könnte Österreich etwa keine Importverbote für Tropenholz aus Regenwald-Kahlschlägen oder für Thunfisch aussprechen, bei dessen Fang Delfine sterben", erklärt Milborn. "Dabei sollte gerade Minister Bartenstein als ehemaliger Umweltminister ein Interesse daran haben, dass die Umwelt Vorrang vor Profit hat." Doch das Interesse ist offenbar nicht genügend groß: Das Thema wurde von der Tagesordnung genommen. Milborn: "Angesichts dieser Lage ist es unbedingt nötig, dass die Umwelt in Doha eine Stimme bekommt. Deshalb werden wir trotz der politischen Lage dort sein."