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EU-Verfassung: Europa der Konzerne und Generäle?

Attac, Global 2000 und das Friedensvolksbegehren weisen neoliberalen und militaristischen Charakter des Verfassungsentwurfs zurück

Am 12./13. Dezember treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel, um über den vom Konvent vorgelegten Entwurf einer Europäischen Verfassung zu entscheiden. Über die Inhalte dieser zukünftigen Verfassung für Europa finden wenige öffentliche Diskussionen statt, und wenn, dann drehen sie sich um Kommissarsposten oder den Gottesbezug in der Präambel. Der Entwurf behandelt aber viele wesentliche Themen von Wirtschafts- und Sozialpolitik über Umweltpolitik bis zur Verteidigungspolitik, die massive Auswirkungen auf die BürgerInnen der EU haben.

Von großen Teilen der Zivilgesellschaft wird die EU sowie eine europäische Verfassung begrüßt, der jetzige Vorschlag aber sehr kritisch betrachtet. Hauptkritikpunkte sind, dass der neoliberale Kurs der EU-Wirtschaftpolitik und eine verstärkte Militarisierung festgeschrieben werden. Eine politische Debatte über diese zentralen Weichenstellungen der Europäischen Union ist aus Sicht der teilnehmenden Organisationen dringend notwendig.

"Im ersten Teil des Verfassungsentwurfes kommen positive Formulierungen vor, die wir gemeinsam mit der Grundrechtscharta begrüßen", so Cornelia Staritz von Attac Österreich. "Davon bleibt aber im weiteren Textverlauf und vor allem im dritten Teil, wo es um konkrete Politikbereiche geht, wenig übrig. So mutiert etwa das Ziel der `sozialen Marktwirtschaft´ im dritten Teil zu einer `offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb´. Statt einer dringend nötigen und von immer mehr ÖkonomInnen eingemahnten makroökonomischen Kursänderung wird die einseitige Budgetpolitik und Geldpolitik der EZB, die nicht Vollbeschäftigung und Wachstum, sondern alleine Preisstabilität zum Ziel hat, auf Verfassungsrang zementiert. Öffentliche Dienstleistungen, die den Kern eines Sozialstaates darstellen unterliegen dem Wettbewerbsrecht und sollen weiter liberalisiert und privatisiert werden. Das ist genau die falsche Richtung", so Staritz.

Großen Änderungsbedarf ortet auch Thorben Becker, Umweltjurist bei Global 2000: "Die Vorschriften für die konkreten Politikbereiche, zum Beispiel im Bereich Landwirtschaft, sind völlig veraltet. Von ökologischer Landwirtschaft oder nachhaltiger Entwicklung des ländlichen Raumes ist nichts zu finden. Ein weiteres Kernproblem der Verfassung ist, dass der veraltete EURATOM-Vertrag unangetastet überlebt. Wir fordern eine grundlegende Ökologisierung der Politikkapitel und die Beendigung der europäischen Nuklearförderung", so Becker.

"Der vorliegende EU-Verfassungsentwurf enthält eine Aufrüstungsverpflichtung und sieht ein Europäisches Amt für Rüstung, Forschung und militärische Fähigkeiten vor. Er enthält die Selbstermächtigung für globale Militärinterventionen ohne Bindung an ein UN-Mandat. Die Neutralität kommt im Zielkatalog nicht vor", kritisiert Boris Lechthaler, Koordinator des Friedensvolksbegehrens. "Die Friedensbewegung lehnt deshalb diesen Verfassungsentwurf ab. Wir setzen dem die Forderungen des Friedensvolksbegehren entgegen: Ja zur aktiven Neutralität, keine Teilnahme an der EU- Armee; keine Anbindung an die Nato; soziale Sicherheit statt Aufrüstung", so Lechthaler.

"Mit der Einzementierung eines neoliberalen Wirtschaftsmodells, der zusätzlichen Aufrüstung und der Ignoranz gegenüber umwelt- und sozialpolitischen Prioritäten hat der Konvent sein selbst gestecktes Ziel der größeren BürgerInnennähe leider klar verfehlt. Die Zivilgesellschaft wird sich jedenfalls weiterhin für eine sozialere und ökologischere Union und das Ende des gegenwärtigen ökonomischen Suizidprogramms einsetzen", so Staritz abschließend.