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Attac Österreich startet 2. Kampagne "Fair Steuern"

Wien/Graz/Linz/Innsbruck  Der Start der 2. Kampagne des globalisierungskritischen Netzwerks Attac "Fair Steuern - Der Sozialstaat ist finanzierbar" trifft mitten in die neu entflammte Kapitalismus- und Standortdebatte. Mit der Herstellung von Steuergerechtigkeit sollen die Auswüchse der gegenwärtigen Ungleichverteilung gemildert, die Armut in Österreich beseitigt und die Finanzierung des Sozialstaates gesichert werden. ?Es ist ein Skandal, dass in einer wachsenden Volkswirtschaft die Armut zunimmt und die Regierung der Bevölkerung einredet, sie müsse den Gürtel enger schnallen", so Christian Felber von Attac Österreich. "Und es ist ein Märchen, dass man nichts gegen den Standort- und Steuerwettbewerb tun kann. So wie er jetzt bewusst von den Regierungen veranstaltet wird, um unsoziale Maßnahmen gegen den Willen der Bevölkerung durchführen zu können, kann er durch die Zusammenarbeit der EU-Staaten beendet werden", so Felber. Attac hat konkrete Vorschläge ausgearbeitet, wie der Standortwettbewerb beendet und Vermögen, Gewinne und Kapitaleinkommen wieder fair besteuert werden können. "Damit hätten wir bequeme Budgetüberschüsse, wir könnten die sozialen Sicherungssysteme ausbauen, die Gemeinden könnten wieder investieren. Österreich würde entscheidend an Lebensqualität gewinnen", so Felber.

"Gerechte Strukturen und Rahmenbedingungen sind die Voraussetzung für menschenwürdiges Leben und die Basis für gesellschaftliche Teilhabe und damit das Hauptziel von Politik. Steuern sind ein zentrales Instrument zur Erreichung dieses Ziels und in diesem Sinn sind sie gerecht", betont Margit Appel von der Katholischen Sozialakademie Österreich die ethische Perspektive des Themas.

Für die GPA ist "Österreich ein Steuerparadies für große Unternehmungen und Vermögende. Das Prinzip, dass jeder nach seiner Leistungsfähigkeit zur Finanzierung des Staates beiträgt, gilt für den Bereich der Unternehmenssteuern nicht. Durch die Senkung der Körperschaftssteuer und
vor allem die Gruppenbesteuerung ist Österreich ein treibender Faktor für das Steuerdumping in Europa geworden. Die Konsequenzen aus dieser Politik werden letztendlich die ArbeitnehmerInnen durch Einschnitte im Sozialsystem bzw. Steuererhöhungen zu tragen haben", so Ingrid Reischl,
Leiterin der GPA-Grundlagenabteilung.

Für die Wifo-Ökonomin Christine Mayrhuber gibt es "kein ökonomisch richtiges Niveau der Besteuerung", dieses hänge ganz von den Staatsaufgaben ab: "In den vergangenen zwei Jahrzehnten verringerte sich in Österreich der Anteil der Löhne am Volkseinkommen von 71% auf 58,5%. Die Besitzeinkommen stiegen in den vergangenen 3 Jahrzehnten um das Fünfzigfache. Während das Steueraufkommen der Lohnabhängigen in der Vergangenheit stark anstieg, blieb der Beitrag der Vermögenseinkommen zum Steueraufkommen weit hinter dem Bedeutungszuwachs dieser Einkommensarten zurück. Den beschäftigungs- und verteilungspolitischen Auswirkungen dieser Verlagerung der Steuerlast wird in der Steuerreformdiskussion zu wenig Beachtung geschenkt."

Für Johanna Dohnal ist die aktuelle Steuerreform "männlich": "Frauen bekommen für die selbe Arbeit ein Drittel weniger bezahlt als Männer. Die Steuerreform hätte einen Ausgleich für KleinstverdienerInnen, zu denen überproportional viele Frauen gehören, schaffen können. Tatsächlich wird durch die Steuerreform die Einkommensschere noch größer, denn gerade die Klein- und Kleinsteinkommen haben von dieser "Entlastung" nichts", so die Ex-Frauenministerin.

Martin Schenk von der Armutskonferenz: "Hätten wir keine Sozialleistungen, wären dreimal mehr Menschen in Österreich von Armut bedroht. Die sozialen Sicherungssysteme reduzieren die Armutsgefährdung von 40 auf 13 Prozent der Bevölkerung. Gerade jene Länder die über ein hohes Maß an sozialer Sicherung verfügen, haben geringe Armutsraten und ein höheres BIP pro Kopf. Die ökonomisch erfolgreichsten Länder Europas liegen mit ihrer Sozialquote über dem EU-Durchschnitt."

Um Steuergerechtigkeit herzustellen fordert Attac:

  • Privatvermögen in Österreich mit durchschnittlich 1% besteuern, das würde 10 Milliarden Euro in die Staatskassen spülen.
  • Den Steuerwettlauf in der EU beenden. Österreich muss sich für eine hohe Mindestbesteuerung von Unternehmen stark machen.
  • Arbeits- und Kapitaleinkommen steuerlich gleich behandeln: Nicht nur Löhne und Gehälter, sondern alle Einkommen müssen automatisch an das zuständige Finanzamt gemeldet und der Einkommenssteuer unterworfen werden.