News

Attac-Stellungnahme zur BAWAG-Affäre

Die Affäre um die Steuerparadiesinvestitionen der BAWAG ist Symbol gesellschaftlicher Widersprüche in einer Welt des Shareholder Values und der Finanzmarktliberalisierung. Gewerkschaftsarbeit für soziale Sicherheit auf der einen, und Kasinokapitalismus auf der anderen Seite ist eine Gleichung, die sich nicht ausgeht. Eine Gewerkschaftsspitze, die Kritik daran übt, dass sozialer Zusammenhalt durch neoliberale Politik zusehends auseinander zu brechen droht, verliert durch solches Vorgehen der eigenen Bank massiv an Glaubwürdigkeit. Für Attac besteht kein Zweifel an der Tatsache, dass die Karibik-Geschäfte der BAWAG dem politischen und moralischen Eigenverständnis des ÖGB, für soziale Gerechtigkeit und Ausgleich zu kämpfen, zutiefst widersprechen. 

Zu diesen Widersprüchen zählt auch, dass Pensionsfonds wie sie mit der Änderung des Pensionsrechtes in Österreich eingeführt wurden, über Investitionen in fragwürdige Projekte und Spekulationsgeschäfte die Pensionen jener, die darin einzahlen, sichern sollen. 

Offenkundig ist jedoch auch, dass sich das öffentliche Meinungsklima in Bezug auf die aufgezeigten Widersprüche wesentlich verändert hat:
BAWAG-Direktor Flöttl musste vor mehr als 10 Jahren nicht etwa aufgrund der bereits damals bestehenden Spekulationsgeschäfte gehen, sondern "lediglich" wegen den Verquickungen der BAWAG mit der Firma seines Sohnes. 

Heute offenbart sich jedoch eine viel umfassendere Kritik am System. Attac begrüßt und forciert diese Kritik, solange sie nicht lediglich dazu dient, die Gewerkschaften insgesamt als unliebsame Gegner im gesamtgesellschaftlichen Interessensausgleich zu schädigen. Denn die fehlenden Regulierungen der Finanzmärkte im Sinne gesamtgesellschaftlicher Interessen und die daraus resultierenden Spekulationsgeschäfte sind ein Problem an sich, und nicht nur im Besonderen wenn eine (zukünftige Ex-)Gewerkschaftsbank sie durchführt. Sie sind Ausdruck einer neoliberalen Politik, die Sozialabbau, zunehmende Prekarisierung der Arbeitswelt und ein weiteres Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich nicht in ihre Bilanz einbezieht. 

Diese Kritik wird von einer zunehmend aktiven und lautstarken Zivilgesellschaft nicht zuletzt in guter Zusammenarbeit mit vielen engagierten PersonalvertreterInnen und BetriebsrätInnen formuliert und getragen. Attac sieht sich bestärkt, diese Diskussion weiter voranzutreiben. Die Dringlichkeit aber auch Akzeptanz der Kernforderungen nach Tobinsteuer, Schließung von Steueroasen und Steuergerechtigkeit nimmt weiter zu. Diese zielen eben nicht auf das "Anstandsgefühl" von Banken oder die Freiwilligkeit einer unternehmerischen CSR (oft auch Teil einer unternehmerischen CI), sondern auf unhintergehbare wirtschaftpolitische Regeln ab. 

Eine Veranstaltung wie der Alternative ECOFIN vom 4. - 6. April im Wiener Rathaus, der eine Perspektive für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Wirtschaftspolitik aufzeigt, gewinnt  durch den derzeitigen Skandal umso mehr an Bedeutung. Die Themen, Forderungen und die Umsetzung des Alternativen ECOFINS sind aktueller und dringender denn je. Für die Führung des ÖGB bietet die derzeitige Krise schon nächste Woche die Chance für eine offene Auseinandersetzung und eine klare Positionierung.