News

Österreichische Banken wetten weiter auf Hunger

Attac: Österreichische Banken sollen sich aus Spekulationsgeschäften und Land Grabbing zurückziehen

Nahrungsmittelspekulation und Land Grabbing gehört mit zu den skandalösesten Ge­schäften der Finanzmärkte. Die Gewinne der Spekulanten verschärfen den Hunger der Ärmsten. Auch zahlreiche europäische und österreichische Banken sind an spekulativen Geschäften mit Nahrungsmitteln sowie an Fonds oder Projekten, die zu Land Grabbing beitragen, beteiligt.

Friends of the Earth Europe hat als Fallbeispiel die Tätigkeiten der Raiffeisen Gruppe in diesem Bereich untersucht.* Anne van Schaik, Kampagnenleiterin für Finanzmärkte bei Friends of the Earth: "Raiffeisen hat sich, entgegen ihrer vollmundigen Ankündigungen, noch immer nicht komplett aus den Spekulationen mit Lebensmitteln zurückgezogen. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Unternehmensgruppe in Konzerne investiert oder an sie Kredite vergibt, die in Land Grabbing verwickelt sind. Raiffeisen unterstützt zahlreiche Unternehmen, die nachgewiesenermaßen Probleme in lokalen Gemeinschaften verursachen und des Landraubs beschuldigt werden. Wir fordern Raiffeisen auf, Landraub nicht weiter zu unterstützen."

Auch andere österreichische Banken investieren in Lebensmittelspekulationen. So zum Beispiel Unicredit Bank Austria, die Finanzprodukte verkauft, die auf die Preisentwicklung von Rohstoffen spekulieren. Dies betrifft zum Beispiel die Preise von Getreide und Vieh. Außerdem die Volksbanken AG, die Rohstoffzertifikate verkauft, deren Wert direkt auf den Preisen von Agrarprodukten aufbaut, hier speziell auf Weizen, Zucker und Sojabohnen. Die Erste Bank ermöglicht KundInnen die risikolose Spekulation auf Lebensmittelpreise über ihren ESPA GARANT COMMODITIES Fonds.

Da Spekulation auf Finanzmärkten ein entscheidender Preistreiber bei Nahrungsmitteln ist, müssen hier finanzpolitische Gegenmaßnahmen gesetzt werden. Karin Küblböck von Attac Österreich: "Wir müssen der Finanzlobby entgegenwirken, die derzeit keine Anstrengungen scheut, um selbst die vorliegenden Regulierungsvorschläge wieder zu verwässern." Attac kritisiert die gestern im Ausschuss Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments abgestimmte Richtlinie zur Regulierung von Wertpapiermärkten (MiFID) als unzureichend. Attac fordert den unkontrollierten außerbörslichen Handel („over the counter“, OTC) mit Derivaten generell zu verbieten. An den Börsen müssen sowohl Derivate selbst als auch deren Händler einer Zulassungspflicht und Positionslimits unterworfen werden. Lizenzen für den Handel mit agrarischen Rohstoffen sollen nur an jene Akteure vergeben werden, die mit dem physischen Grundgeschäft unmittelbar beteiligt sind. Der Eigenhandel der Banken mit Rohstoffderivaten ist zu untersagen.

Heidemarie Porstner von Global 2000 - Friends of the Earth Österreich: "Es ist unglaublich, dass Lebensmittel als Spekulationsgut herangezogen werden, damit Finanzakteure sich daran bereichern können. Die Spekulation der Banken stellt ein massives Hindernis für die Reformen in der Agrarpolitik dar. Nicht nur in Europa, sondern weltweit müssen wir uns um eine Ökologisierung der Landwirtschaft bemühen, die Spekulation der Banken mit Boden, Land und Nahrungsmitteln muss daher ein Ende haben."

Die Raiffeisen Kapitalanlage-GmbH verfügt auch über eine finanzielle Beteiligung am Minenunternehmen AngloGold Ashanti. Brigitte Reisenberger, Journalistin und Co-Autorin des Schwarzbuchs Gold: "Der Goldabbau vernichtet die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort in Ghana. Das Land der Bauern und Bäuerinnen muss der Ausdehnung der Iduapriem Goldmine von AngloGold Ashanti weichen. Viele haben entweder keine oder nur eine geringe Entschädigung für den Verlust ihres Ackerlands erhalten. Die Flüsse werden immer wieder durch die Bergbauaktivitäten verseucht. Investoren müssen nach dem Vorsorgeprinzip verfahren und nur investieren, wenn sie klar ausschließen können, dass damit nicht Firmen unterstützt werden, die in Land Grabbing und Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind. Selbstverpflichtungen von Banken und Investmentfirmen werden dafür nicht ausreichen."

Ein OECD Bericht zeigt, dass 44 Prozent aller Fonds mit Investitionen in Ackerland und landwirtschaftlicher Infrastruktur aus Europa stammen. Gemeinsam fordern van Schaik, Porstner, Reisenberger und Küblböck alle Banken und Finanzinstitute dazu auf sich aus Spekulationen mit Lebensmitteln sowie Land Grabbing zurückzuziehen. Außerdem braucht es effektive Kontroll- und Regulierungsmechanismen auf europäischer und internationaler Ebene.