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Attac: Mehr als 170 Organisationen aus Europa und den USA warnen vor Deregulierungs-Rat

Mehr als 170 Organisationen aus Europa und den USA haben sich in einem offenen Brief an EU-Handelskommissar Karel de Gucht und den US-Handelsbeauftragten Michael Froman gewandt.

Mehr als 170 Organisationen aus Europa und den USA haben sich in einem offenen Brief an EU-Handelskommissar Karel de Gucht und den US-Handelsbeauftragten Michael Froman gewandt. Sie verlangen mit einem Fragenkatalog Antworten auf acht Fragen zum umstrittenen EU-USA-Handelsabkommen TTIP, die trotz der behaupteten Transparenzoffensive der EU nach wie vor unklar sind. Durchgesickerte Textentwürfe geben Anlass zu der Annahme, dass die ständig wiederholten Behauptungen nicht stimmen, die Verbraucher-, Umwelt- und Sozialstandards würden nicht abgesenkt. Allein die Pläne, Standards gegenseitig anzuerkennen, bedeuten faktisch eine Absenkung auf den niedrigsten Standard.

„Regulatorische Kooperation“ ist eines der Ziele, die die EU-Kommission mit dem geplanten Handelsabkommen mit den USA verfolgt. Was harmlos klingt, hat in Wirklichkeit weitreichende Auswirkungen auf den parlamentarisch-demokratischen Gesetzgebungsprozess.
Der sogenannte „Rat für regulatorische Kooperation“, der im Rahmen von TTIP eingerichtet werden soll, würde KonzernvertreterInnen schon im Vorfeld des Gesetzgebungsprozesses ein Mitspracherecht bei der Festlegung politischer Maßnahmen geben. „Die ‚Kooperation‘, um die es hier geht, ist daher aus unserer Sicht ein zwischen politischen und ökonomischen Eliten auf beiden Seiten des Atlantiks ausverhandelter Anschlag auf die Interessen der Bevölkerung “, kritisiert Ökonomin und Attac-Obfrau Alexandra Strickner. „Die korrekte Bezeichnung wäre also ‚Deregulierungs-Rat‘.“

Zwtl.: Auswirkungen auf gesamten Alltag

Sollte etwa ein europaweites Gesetz zum Verbot von Fracking oder die Einführung eines europaweiten Mindestlohns geplant sein, dann würde dieses Vorhaben – noch bevor je ein Parlament einen Gesetzesvorschlag sieht - in diesem Rat besprochen werden und auf seine Auswirkungen auf den Handel zwischen beiden Regionen geprüft werden. Aufgrund des privilegierten Zugangs von Konzernen zu diesem Rat ist dieses Gremium letztlich ein institutionalisiertes Extraforum, um vorab gegen Gesetze zu lobbyieren, die den Profitinteressen der Konzerne zuwiderlaufen.
Unter den UnterzeichnerInnen des Briefes sind viele globalisierungskritische, Sozialrechts- und Umweltschutzorganisationen. Dies zeigt auch auf welch breiter Basis TTIP in den Alltag der BürgerInnen eingreifen würde. „Von Lebensmittelstandards über Arbeitsrechte bis zu ganz grundsätzlichen Fragen der Demokratie ist jeder Bereich betroffen“, führt Alexandra Strickner aus. „Statt den versprochenen Verbesserungen drohen Standardnivellierungen nach unten und noch mehr Einfluss von Konzernen auf jeden Bereich des Alltags der Menschen.“

Die Organisationen verlangen unter anderem Auskunft darüber,
-    wie die geplante „regulatorische Kooperation“ aussehen soll,
-    welche Sonderrechte die US-Regierung im europäischen Gesetzgebungsprozess bekommen soll und umgekehrt die EU-Kommission im US-Gesetzgebungsprozess,
-    welche Rolle im Gesetzgebungsprozess der geplante „Regulatorische Kooperationsrat“ bekommen soll und wie verhindert werden soll, dass Konzerne und Wirtschaftslobbyisten dort Einfluss nehmen,
-    welche Auswirkungen diese Pläne auf die Mitgliedsstaaten der EU und die Bundesstaaten der USA haben,
-    ob die geplanten Klagerechte von Investoren bzw. Konzernen auch gegen neue und geplante Gesetze gelten sollen.
Die Organisationen fordern, die entsprechenden Verhandlungsdokumente zu veröffentlichen, denn die Menschen haben ein Recht darauf, alles über diese weitreichenden Planungen zu erfahren.

Der Brief und die UnterzeichnerInnenliste sensiblesafeguards.org/assets/documents/regco-sign-on-letter_questions_final.pdf