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Neue Studie: Finanzsteuer bringt Österreich zwischen 700 Millionen und 1,5 Milliarden Euro

Stufenweise Einführung „nicht geeignet, die Ziele der Finanztransaktionssteuer zu erreichen.“

Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin errechnet in verschiedenen Szenarien die zu erwartenden Einnahmen durch eine Finanztransaktionssteuer (FTS) in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich. In Summe würde die Steuer „den Finanzsektor angemessen an den Kosten der Krise beteiligen und zukünftigen Krisen vorbeugen.“

Österreich hätte demnach bei einer FTS mit einem Steuersatz von 0,1 Prozent für Aktien und Anleihen und 0,01 Prozent für Derivate (Vorschlag der EU-Kommission) mit Einnahmen zwischen rund 700 Millionen und 1,5 Milliarden Euro zu rechnen (für Deutschland: rund 18 bis 44 Milliarden Euro). Bei einem Zehntel der Steuersätze schrumpfen die erwartbaren Einnahmen auf 100 bis 210 Millionen Euro. Bei einem einheitlichen Steuersatz von 0,01 Prozent wären in Österreich zwischen 300 Millionen und rund einer Milliarde Euro zu erwarten.

"So erfreulich die Aussichten auf Steuereinnahmen sind - die Studie zeigt klar, dass erst die Ausgestaltung der Steuer über ihre Wirksamkeit entscheidet. Jedes Schlupfloch würde die FTS stark entwerten", erklärt David Walch von Attac Österreich. Wie Attac schon lange warnt, würde eine stufenweise Einführung ohne Besteuerung der Derivate „eine starke Erosion der Bemessungsgrundlage“ zur Folge haben. Der Aufkommensverlust würde beispielsweise für Deutschland mehr als 90 Prozent betragen. Eine stufenweise Einführung ist daher laut Studie „nicht geeignet, um die Ziele der Finanztransaktionssteuer zu erreichen.“ Auch eine Abkehr vom Ansässigkeitsprinzip (1) hätte schwerwiegende Folgen - vor allem für kleinere Länder wie Österreich. Die Einnahmen würden dann beim Kommissionsmodell auf 500 Millionen bis eine Milliarde Euro sinken. „Wir erwarten daher von der österreichischen Bundesregierung, dass sie sich weiterhin jeder Verwässerung der FTS entgegenstellt“, erklärt Walch.

Für eine effektive FTT sind für Attac folgende Eckpunkte nötig:

  • Die Bemessungsgrundlage muss alle Arten von Finanztransaktionen umfassen - darunter insbesondere Derivate und den außerbörsliche Handel, Pensionsfonds, Market Maker und Repo-Geschäfte.
  • Jede Ausnahme oder „Etappenlösung“ führt nur zur Steuervermeidung und zur Verlagerung von Spekulation.
  • Der Steuersatz soll einheitlich sein. Auch unterschiedliche Steuersätze führen zu Verlagerung von Spekulation.
  • Der Steuersatz sollte sich möglichst am Vorschlag der EU-Kommission von 0,1% orientieren.
  • Das Ansässigkeitsprinzip und das Ausgabeprinzip müssen zur Anwendung kommen. Damit sind Fluchtmöglichkeiten von der Steuer sehr schwierig. (2)


"Die Studie zeigt, dass das Einnahmepotential der Steuer so groß ist, dass problemlos ein Teil des Geldes für Armutsbekämpfung und Klimaschutz eingesetzt werden kann“, erklärt Walch.

LINK zur DIW-Studie

(1) Das Ansässigkeitsprinzip besagt, dass alle Finanzinstitutionen, die ihren juristischen Sitz im Geltungsbereich des Gesetzes haben, steuerpflichtig sind. Beispiel: Wenn die Deutsche Bank in Hongkong eine beliebige Aktie verkauft oder ein beliebiges Derivat kauft, ist die Steuer fällig. Es bleibt nur die Verlagerung des kompletten Firmensitzes, der oft teurer wird als die Steuer.

(2) Beim Ausgabeprinzip werden alle Vermögenswerte, die aus dem Geltungsbereich des Gesetzes stammen, registriert. Jeder Vermögenstitel, der aus dem Geltungsbereich des Gesetzes stammt, wird besteuert. Beispiel: Wenn eine japanische Bank einem US-Hedgefonds eine Volkswagenaktie verkauft, wird die Steuer fällig. Da die Finanzindustrie alle ihre Geschäfte heute über einige wenige elektronische Plattformen abwickelt, ist die Eintreibung der Steuer technisch sehr einfach.