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Neue Bericht: Wie Regierungen auf EU-Ebene Konzerninteressen vertreten

„Gekaperte Staaten“: Österreich lobbyierte für die Wasserstoffindustrie

Ein neuer Bericht der Brüsseler NGO Corporate Europe Observatory zeigt, wie EU-Mitgliedstaaten auf EU-Ebene als Vermittler von Konzerninteressen agieren.* Die Mitgliedstaaten und die nationalen Konzernlobbys haben dabei eine symbiotische Beziehung entwickelt, in der das Interesse der Konzerne - völlig zu Unrecht - zum Synonym für das nationale öffentliche Interesse geworden ist.

Neben Deutschland, Frankreich, Spanien, Irland, den Niederlanden, Rumänien, Polen und Großbritannien steht auch Österreich im Mittelpunkt einer von über 20 Fallstudien. Extreme Beispiele sind der Einfluss der Automobilindustrie auf die deutsche Politik, die Nähe des spanischen Telekommunikationsriesen Telefónica zur spanischen Regierung, die Kohleindustrie Polens und die City of London, die darauf zählen kann, dass die britische Regierung eine möglichst schwache Finanzregulierung unterstützt.

Die Konzernlobbys nutzen dabei die komplexen und intransparenten EU-Entscheidungsprozesse und die schwache parlamentarische Kontrolle der Regierungen. Der undurchsichtige Rat der EU und seine rotierende sechsmonatige Präsidentschaft, der Europäische Rat, die Beratergruppen der EU-Kommission, EU-Agenturen wie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA und die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) und ihre Ausschüsse sowie der Komitologie-Prozess der Kommission sind einige der Gremien und Mechanismen, bei denen die Mitgliedstaaten oft hinter verschlossenen Türen den Vorsitz führen. „Die Studie zeigt, dass die Nationalstaaten und die EU nicht getrennte, sondern ineinander verwobene Strukturen bieten, die Konzerninteresse befördern“, erklärt David Walch von Attac Österreich.

Österreich lobbyierte für die Wasserstoffindustrie

In der zweiten Jahreshälfte 2018 organisierte die österreichische EU-Ratspräsidentschaft eine Veranstaltung zur Förderung der Wasserstoffindustrie, vertreten durch die Industrie-Lobbygruppe Hydrogen Europe. Die von Umweltministerin Köstinger beworbene „Wasserstoff-Initiative“ wurde von zahlreichen Mitgliedern von Hydrogen Europe, dem zuständigen EU-Kommissar Miguel Arias Cañete und 25 EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet. Darin wird die Förderung von Wasserstoff in allen Wirtschaftsbereichen bestärkt. Doch „grüner“ Wasserstoff ohne fossile Brennstoffe macht nur fünf Prozent der gesamten Wasserstoffproduktion aus. Es besteht die Gefahr, dass vielmehr schmutziger Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen gefördert wird.

Die österreichische EU-Präsidentschaft wurde - wie viele andere davor – direkt von Konzernen wie Porsche, Audi oder Microsoft gesponsert. Es ist fraglich, wie dies mit einer Politik im öffentlichen Interesse vereinbar ist, kritisiert Corporate Europe Observatory.

Mitautorin Vicky Cann von Corporate Europe Observatory: "Wir hoffen, dass dieser Bericht die WählerInnen, die Zivilgesellschaft und die EntscheidungsträgerInnen in der EU auf den gefährlichen Einfluss der Konzerne auf ihre Regierungen aufmerksam macht. Es ist an der Zeit, dass die EU-Regierungen den Wirtschaftseliten keinen privilegierten Zugang mehr bieten.“
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* Full report in <link https: corporateeurope.org sites default files ceo-captured-states-final.pdf>English: Captured states: when EU governments are a channel for corporate interests
 <link https: corporateeurope.org sites default files ceo-captured-states-final.pdf moz-txt-link-freetext>

corporateeurope.org/sites/default/files/ceo-captured-states-final.pdf



Deutsche Zusammenfassung (mitherausgegeben von Attac Österreich) mit Schwerpunkt Österreich und Deutschland: Gekaperte Staaten: Wie Konzerne ihre Interessen durch Regierungen von EU-Mitgliedsstaaten umsetzen: <link https: corporateeurope.org sites default files captured-states-exec-summary-de.pdf moz-txt-link-freetext>

corporateeurope.org/sites/default/files/captured-states-exec-summary-de.pdf