News

Türkis-Grüne Pläne gefährden die Finanzmarktstabilität

Attac kritisiert Absage an EU-Einlagensicherung, schwächere Eigenkapitalvorschriften und Regulierungen

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat das wirtschaftspolitische Programm der neuen türkis-grünen Regierung analysiert. -> Zur Komplettanalyse.

Die Bereiche für Banken und Finanzmärkte zeigen eindeutig die Handschrift der Bankenlobbys und gefährden die Finanzmarktstabilität, kritisiert Lisa Mittendrein von Attac Österreich. Dies wird deutlich im Versuch Eigenkapitalregeln oder Regulierungen abzuschwächen oder – besonders besorgniserregend – die Pläne für eine europäische Einlagensicherung zu torpedieren.

Mit „grünem Geld“ in die nächste Finanzkrise?

Eine wichtige Lehre der letzten Finanzkrise war, dass Banken mehr Eigenkapital benötigen, sprich besser für Risiken vorsorgen müssen. Obwohl die Eigenkapitalvorschriften in Europa nach wie vor zu niedrig sind, will die Regierung diese nun noch weiter abschwächen. Banken, die „grüne Kredite“ vergeben, sollen dafür mittels eines „green supporting factors“ weniger Eigenkapital halten müssen. „Dies erhöht die Risiken und die Instabilität im Finanzsektor weiter. Da nützt es auch wenig, dass ein „Green Washing“ von Krediten durch strenge Kriterien verhindert werden soll“, kritisiert Mittendrein.

Ohne europäische Einlagensicherung steigt das Risiko für Staatshaftungen

Die Regierung hinterfragt im Regierungsproramm offen die Pläne für eine europäische Einlagensicherung EDIS. Die seit Jahren vorliegenden EU-Pläne würden dafür sorgen, dass Banken europaweit mittels eines von ihnen finanzierten Fonds Spareinlagen bis 100.000 Euro absichern müssen. „Bleibt der Fonds national beschränkt, ist das Risiko im Falle einer Bankenpleite für die Sparer*innen viel höher. Vor allem aber müsste der Staat im Falle von Pleiten viel eher einspringen, wenn kleinere nationale Fonds nicht ausreichen“, kritisiert Mittendrein. 

Nach jahrlangen Widerstand gegen EDIS hatte zuletzt sogar Deutschland Zustimmung signalisiert. „Eine Verzögerung durch Österreichs Regierung wäre daher völlig unverständlich“, kritisiert Mittendrein.

Weitere Deregulierung der Kapitalmärkte

Ein weiterer kritischer Punkt: Die Regierung will auch am Kapitalmarkt die wenigen vorhandenen Regulierungen abbauen. Sie verwendet dafür den neoliberalen Kampfbegriff „Gold Plating“, der sinnvolle Regulierungen und Schutznormen, die über die EU-Mindestnormen hinausgehen, als „Luxus“ diffamieren soll.  Erstaunlich ist dies vor allem deswegen, weil Österreich kaum Kapitalmarktregelungen hat, die strenger als EU-Vorgaben sind. „Es besteht daher die Gefahr, dass unter diesem Vorwand Vorschriften für Banken abgeschwächt werden, die der Autonomie der nationalen Bankenaufsicht unterliegen“, erklärt Mittendrein.

Riskante private Pensionsvorsorge ohne Garantie

Positiv ist, dass die Regierung das bestehende Pensionssystem nicht grundsätzlich in Frage stellt. Doch statt das öffentliche Pensionssystem (etwa über die die Einbeziehung von Kapitaleinkommen) besser abzusichern, soll die private Pensionsvorsorge weiter gefördert werden. Dabei soll auch die Kapitalgarantie (die vor Verlusten schützt) abgeschafft werden, wodurch das Risiko für die Menschen steigt. Außerdem fördert dies riskantere Anlagestrategien der Fonds – was insgesamt zu mehr Instabilität am Finanzmarkt führt, kritisiert Attac.

„Die staatliche Förderung der Pensionsvorsorge bläht den ohnehin überdimensionierten Finanzsektor weiter auf. Und es könnte gleichzeitig ein Schritt sein, in Zukunft das staatliche Pensionssystem weiter zu schwächen“, kritisiert Mittendrein. Ebenfalls kritisch zu bewerten ist der Plan, Pensionsfonds riskante Investitionen in Startups zu ermöglichen.

Green Bonds

Die Regierung plant die Ausgabe von „Green Bonds“ (grüne Staatsanleihen) für private Anleger*innen. Damit sollen zusätzliche Mittel für ökologische Investitionen lukriert werden. Falls diese Anleihen von den Schuldenregeln ausgenommen werden, würde dies den Spielraum für ökologische Investitionen zwar etwas erhöhen. Sollte die Regierung bei der Förderung der Green Bonds jedoch auf die Kapitalertragsteuer verzichten (siehe Kapitel Steuern), würde sich der Staat nicht nur um wichtige Einnahmen für ökologische Investitionen bringen, sondern vor allem Wohlhabenden ein weiteres Steuergeschenk machen. Sinnvoller wäre es, die nötigen Mittel durch eine gerechtere Steuerpolitik zu erzielen.

Zudem kann die Regierung bereits jetzt normale Staatsanleihen ausgeben (die aufgrund höherer Liquidität günstiger als zweckgebundene grüne Anleihen sind) und sie für sinnvoll erachtete Investitionen einsetzen, kritisiert Attac.

Rückfragen


David Walch
Pressesprecher Attac Österreich
0650 544 00 10
presse@attac.at