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Finanzgipfel in Paris: Profitinteressen und Greenwashing dominieren

Attac: Finanzialisierung der Klima- und Umweltpolitik stärkt die Macht der Finanzkonzerne und Gläubiger

Seit gestern diskutieren Staats- und Regierungschef*innen Paris hinter verschlossenen Türen mit Vertreter*innen der Finanzindustrie über die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung im Globalen Süden. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac kritisiert, dass trotz salbungsvoller Worte die Interessen des privaten Finanzsektors und Greenwashing im Mittelpunkt stehen.

„Der Gipfel geht von der irrigen Annahme aus, dass die Klima- und Verschuldungskrise gelöst werden kann, indem private Kapitalströme durch neue Finanzinstrumente umgeleitet werden. Doch diese schon bislang gescheiterte Finanzialisierung der Klima- und Umweltpolitik stärkt letztlich nur die Macht der Finanzkonzerne und Gläubiger. Sie lenkt gleichzeitig von dringend nötigen Umwelt- und Klimagesetzen ab“, kritisiert Mario Taschwer von Attac Österreich.

Öffentliche Gelder sichern profitable Anlagemöglichkeiten der Reichsten

Geht es nach den diskutierten Vorschlägen (1) sollen öffentliche Gelder dazu verwendet werden, die Finanzierungsrisiken von Investoren im globalen Süden zu reduzieren („Derisking“). Taschwer: „Die Gewinne von Investoren sollen also vor „Risiken“ wie Mindestlöhnen, Währungskrisen und strengeren Klimaregulierungen geschützt werden. So entstehen vor allem neue - öffentlich subventionierte - Anlagemöglichkeiten für die Billionen der Reichsten.“

Finanzierung fossiler Projekte wird nicht in Frage gestellt

Attac kritisiert zudem, dass in Paris der Elefant im Raum gar nicht angesprochen wird: Verbindliche Regeln, die zu einem Auslaufen und Verbot der Finanzierung fossiler Projekte führen.  Stattdessen soll das völlig gescheiterte Instrument des „Carbon Offsetting“, bei dem sich Verschmutzer durch angebliche Klimaprojekte in anderen Teilen der Welt freikaufen können, ausgebaut werden. Dabei hat eine Studie der EU-Kommission gezeigt, dass 85 Prozent dieser Projekte gescheitert sind.

Das ungerechte Verschuldungssystem wird einzementiert

Völlig ignoriert wird in Paris auch das ungerechte Verschuldungssystem und die Verantwortung des globalen Nordens für die Klimakrise. Selbst die Finanzierung des auf der COP27 beschlossenen und ohnehin mickrigen Klima-Fonds (Loss and Damage Fund) wird nicht thematisiert.

"Die Abhängigkeit des Globalen Südens von den Finanzinstitutionen und Regierungen des Globalen wird weiter einzementiert. Seit 1980 haben die Länder des Südens das 18-fache ihrer Schulden zurückgezahlt, ihr Schuldenstand ist nichtsdestotrotz auf das Zwölffache gestiegen. Dennoch sehen alle in Paris diskutierten Instrumente vor, dass die ärmsten Länder neue Kredite aufnehmen und ihre Verschuldung weiter erhöhen“, kritisiert Taschwer. (2)

Attac fordert daher von den Regierungen:

  • Statt Greenwashing und neuen Schulden sind ein umfassender Schuldenerlass sowie direkte öffentliche Hilfen für eine klimasoziale Transformation im globalen Süden nötig.
  • Eine ehrgeizige Steuer auf Finanztransaktionen und CO₂-Emissionen soll die Fonds für die am stärksten vom Klimawandel betroffen Länder, aufstocken.
  • Die Finanzierung fossiler Projekte muss verboten werden.
  • Steuerbetrug und –vermeidung müssen effektiv bekämpft werden, da Länder des Globalen Südens besonders stark darunter leiden.
  • Handels- und Investitionsverträge, welche die Ausplünderung der ärmsten Länder durch multinationale Konzerne festschreiben, müssen geändert werden.
  • Das Verbot jeglicher Finanzialisierung - also der marktbasierter Inwertsetzung - der Natur

 

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(1) Die Hauptforderungen des Gipfels:
1. Vergrößerung des fiskalischen Spielraums und Mobilisierung von Liquidität
2. Erhöhung der Investitionen in grüne Infrastrukturen
3. Erschließung von Finanzmitteln für den Privatsektor in den Niedriglohnländern
4. Entwicklung innovativer Finanzlösungen gegen Klimarisiken

(2) Immerhin soll die Schuldenrückzahlung in Katastrophenfällen erleichtert werden. Neue Schuldeninstrumente (debt for climate swaps), sehen eine Anpassung der Schuldenlast im Austausch für "grüne" Investitionen und eine Form der Finanzialisierung der natürlichen Ressourcen vor.

Für eine Detailkritik daran siehe unter anderem: Green Finance Observatory: FINANCIALISATION, DERISKING & GREEN IMPERIALISM: THE NEW GLOBAL FINANCIALPACT TASTES LIKE DÉJÀ VU. Download