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Klimagipfel: Ein symbolischer Erfolg reicht nicht aus

Jene Stimmen, die von der Klimakrise am stärksten betroffen sind, müssen endlich gehört werden

Die Schlagzeilen zum diesjährigen Klimagipfel (COP28) sind voll mit „historischen Erfolgen“. Je kritischer die Beobachter*in, desto eher folgt dem noch ein „aber“. Was ich als Erfolg werte, hängt immer davon ab, womit ich es vergleiche. Angesichts der großen geopolitischen Spannungen könnte es schon als „Erfolg“ verstanden werden, dass es überhaupt ein Ergebnis gibt. Allerdings: Angesichts dessen, wie weit die COP-Gemeinschaft von ihren im Jahr 2015 selbst gesteckten Zielen entfernt ist, ist „Erfolg“ selbst mit einem „aber“ eine massive Übertreibung. Eine Einordnung:

Wer mitreden durfte - und wer nicht

Angesichts der weit verbreiteten Kritik im Vorfeld der COP, die von einem BigOil Boss, Sultan Al Jaber (CEO von Abu Dhabi National Oil Company, ADNOC), geleitet wurde, überraschte die Rekordzahl an Lobbyist*innen in Wahrheit niemanden. Besonders deutlich wurde dies im Verhältnis der Lobbyist*innen zu Vertreter*innen der am stärksten von der Klimakrise betroffenen Länder: 2456 Lobbyist*innen von fossilen Konzernen übertrafen die Delegierten der zehn am meisten betroffenen Länder bei weitem. Zusätzlich für Furore sorgte der Ausschluss der 12-jährigen indischen Klimaaktivist*in Licypriya Kangujam, deren Ruf nach “End Fossil Fuels” mit einem Entzug des Zugangs quittiert wurde.

In einem Statement bringt die globale Allianz für Klimagerechtigkeit die Stimmung auf den Punkt: „Während wir in den nun fast leeren Hallen der COP28 in Dubai sitzen, sind die Regierungen in ihren Räumen eingeschlossen und verhandeln im Geheimen über Texte, die entweder Millionen von Menschenleben schützen oder das Todesurteil für so viele Menschen auf der ganzen Welt unterschreiben werden - für People of Colour, indigene Völker, lokale Gemeinschaften an vorderster Front, Kleinbäuer*innen, Jugendliche und Frauen. Wir werden ausgeschlossen, zum Schweigen gebracht und im Dunkeln gelassen, obwohl viele unserer Gemeinschaften, die an vorderster Front der Klimakrise stehen, am unmittelbarsten von dem betroffen sein werden, was diejenigen in diesen Hallen tun oder nicht tun.“

Loss and Damage

Dieses Ungleichgewicht spiegelt sich auch in den Verhandlungsergebnissen wider: Gleich zu Beginn wurden Erfolge beim sogenannten “Loss and Damage Fund” präsentiert. Der Fonds, der historische Ungleichgewichte im CO₂-Ausstoß von zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden ausgleichen soll, deckt mit den aktuellen finanziellen Zusagen nicht einmal 0,2 Prozent des globalen Bedarfs ab.

Hinzu kommt viel Kritik an der Frage, wie das Geld ausgezahlt wird: Viele Länder bleiben sehr vage, wenn es darum geht, wann wie wo und wie viele Gelder sie freigeben. Weiters würden Ländern des Globalen Südens Fördermittel und nicht Darlehen zustehen, und zuletzt setzten sich die Länder des globalen Nordens auch noch damit durch, die Weltbank als zentrale Institution für den Fonds festzulegen - eine Institution, in der ein Machtungleichgewicht zwischen globalem Norden und Süden in die DNA geschrieben ist. Die USA (die übrigens eine*n Präsident*in der Weltbank bestimmen), bleiben angesichts ihres historischen CO₂-Ausstoßes bei ihren Zusagen für den Loss and Damage Fund weit hinter einem gerechten Beitrag zurück. 

Kein Ausstieg aus Fossilen

Gegen Ende der COP28 kam es zum großen Ringen um den lange ersehnten gemeinsamen Ausstieg aus fossiler Energie. Letztlich kam es hier zu keiner Einigung, da ein „Umstieg“ statt einem „Ausstieg“ beschlossen wurde. Dieser kleine, aber feine Unterschied spiegelt nicht nur die Kräfteverhältnisse vor Ort wider, sondern auch die fehlende Bereitschaft, das 1,5- oder auch nur das 2,0-Grad-Ziel ernst zu nehmen. Sogar die International Energy Agency, (gewiss kein linker Think-Tank) kritisiert, dass die Ergebnisse der COP28 am 1,5-Grad-Ziel vorbeigehen.

Zusätzlich wird von den Verfechter*innen fossiler Energie das altbekannte Ablenkungsmanöver von rettenden neuen Technologien ins Rennen geführt. So prominent wie nie zuvor ging es diesmal um CO₂-Speicherung. Solche Technologien sind aktuell noch extrem teuer und nicht flächendeckend einsetzbar. Sie mögen in Zukunft zwar wichtig sein, dürfen aber heute nicht als Argument gegen die notwendige sofortige Reduktion des CO₂ Ausstoßes dienen. Im Schatten der Debatte um den Ausstieg aus Fossilen kritisieren viele Expert*innen die nächsten großen Brocken, allen voran die industrielle Landwirtschaft. Je länger diese Prozesse dauern und je weniger sie gesamtheitlich gedacht werden, desto weniger Spielraum wird uns am Ende bleiben. 

Wie ein Erfolg ohne „aber“ aussehen könnte 

Die Klimagipfel sind und bleiben ein wichtiger Rahmen für die globale Bekämpfung der Klimakrise. Erfolgreich können sie nur dann sein, wenn ihnen all jene fernbleiben, deren inhärentes Interesse es ist, weiterhin an Fossilen festzuhalten. Stattdessen müssen jene Stimmen endlich Platz bekommen, die von der Krise betroffen sind: Länder, die überproportional unter der Krise leiden (werden), indigene Gemeinschaften, Arbeiter*innen, Wissenschaftler*innen und all jene, die konkret für einen sozial-ökologischen Umbau kämpfen. Die Ergebnisse der COP sind zudem nur dann etwas wert, wenn die Staaten ihre Umsetzung ernst nehmen. Und ohne Druck von unten, von uns allen gemeinsam, werden Regierungen das nicht tun.