EU-Chile 2.0 stoppen

Neokolonialer Ressourcenraub für Europas Konzerne

2003 schloss die EU mit Chile ein sogenanntes Assoziierungsabkommen ab, also ein Handelsabkommen kombiniert mit einem politischen Abkommen. Im Dezember 2022 wurden die Verhandlungen über die Ausweitung dieses Abkommens beendet. Am 29. Februar 2024 soll es im EU-Parlament ratifiziert werden.

Das überarbeitete Abkommen wirkt wie eine Erfüllung der Wunschliste von verschiedenen Lobbies, allen voran der Agrar- und Autolobbys: Es umfasst nun die gesamte Palette des Warenhandels, Dienstleistungen, das öffentliche Beschaffungswesen, Investitionen sowie ein Rohstoffkapitel. Das Abkommen und der gesteigerte Lithium-Abbau würden in keiner Weise zu einer positiven und selbstbestimmten Entwicklung in Chile beitragen - im Gegenteil. Vor allem Agrar- und Autokonzerne würden profitieren.

Aus diesem Grund gibt es breiten Widerstand aus der Zivilgesellschaft und von Bäuer*innen auf beiden Seiten des Atlantiks.

Schon am 29. Februar stimmt das EU-Parlament ab. Helfen Sie mit das Abkommen zu verhindern:

EU-Chile 2.0 bezieht sich auf die Erweiterung des EU-Chile Abkommens von 2003. Die EU-Kommission will die Überarbeitung im Jahr 2024 abschließen.

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Die Gefahren von EU-Chile 2.0

  • Deregulierung des Handels mit Agrargütern: Wasserknappheit und Bedrohung der Bäuer*innen

Mit dem Abkommen soll der Handel mit Agrargütern weiter dereguliert werden. Das fördert vor allem die Produktion von Agrargütern für den Export und begünstigt große große Monokulturen und Agrarkonzerne. Kleine und lokale Erzeuger*innen werden aus dem Markt gedrängt, was die lokale Lebensmittelversorgung in Chile gefährdet und die Abhängigkeit von Importen im Lebensmittelbereich erhöht. Als Folge davon werden die Menschen in Chile zunehmend mit Wasserknappheit und mit dem vermehrten Einsatz von Pestiziden zu kämpfen haben. Zudem soll der freie Zugang zu und der Nachbau von Saatgut für Bäuer*innen erschwert werden.

  • Neokolonialer Ressourcen-Raub

Auf der anderen Seite enthält das erneuerte Abkommen ein Kapitel zu Energie und Rohstoffen, mit dem sich Europa strategischen Zugang zu Kupfer und Lithium-Vorkommen sowie Wasserstoff sichern will. Im geopolitischen Kampf der Weltmächte um die politische und ökonomische Hegemonie rückt Lithiumkarbonat, das “weiße Gold der Anden”, als zentraler Rohstoff des grünen Kapitalismus immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit. 

Ähnliches gilt für Kupfer, das zwar häufiger vorkommt als Lithium, aber für eine Energiewende in riesigen Mengen benötigt wird. Beide Rohstoffe sind in Chile reichlich vorhanden. Nach Angaben des chilenischen Bergbau-Ministeriums soll die Nachfrage nach Kupfer bis 2040 um das Fünffache steigen, die Nachfrage nach Lithium (nach Angaben der Weltbank) bis 2050 um fünfhundert Prozent.

Mit Stand 2023 sind bereits 49 Konflikte des Bergbaus mit indigenen Gemeinschaften registriert. Durch die wasserintensive Ressourcen-Extraktion in den hochandinen Trockengebieten werden die fragilen Ökosysteme durch Wasserknappheit, Verschmutzung und den Verlust von Biodiversität immer weiter an den Rand des Kollapses getrieben. Viele indigene Gemeinscahften setzen sich gegen die Zerstörungen ihrer Lebensgrundlagen ein - doch obwohl Chile die ILO Konvention 169 unterzeichnet hat, nach der indigene Gruppen konsultiert werden müssen, bevor Projekte geplant werden, die sie direkt betreffen, wurden die Gemeinschaften nicht kontaktiert, und die Regierung ermöglichte ihnen keinerlei Mitsprache.

Im Abkommen werden die Rechte der indigenen Bevölkerungen mit keinem Wort erwähnt.

  • Sonderklagerechte für Konzerne

Wie alle anderen europäischen Abkommen wird das erweiterte Abkommen Investitionsbestimmungen enthalten, das heißt ausländische Unternehmen können Chile vor zwielichtigen geheimen internationalen Schiedsgerichten verklagen. Bisher sind weltweit schon über 1200 solcher millionen- oder gar milliardenschwerer Klagen bekannt. Chile müsste die Kosten dafür aus Steuermitteln zahlen. Damit wird die Position von großen Konzernen gestärkt - zum Nachteil des Staates und damit des Schutzes der Umwelt und der Menschenrechte.

  • Deregulierung des öffentlichen Beschaffungswesens und des Digitalsektors

Mit dem erweiterten Abkommen soll das öffentliche Beschaffungswesen in Chile für europäische Unternehmen zugänglich gemacht werden. Das führt dazu, dass große EU-Unternehmen in den chilenischen Markt eintreten und lokale Unternehmen verdrängen können. Für chilenische Unternehmen ist es jedoch sehr viel schwerer in den EU-Markt einzutreten und mit einheimischen Unternehmen zu konkurrieren. Damit verliert Chile einen wichtigen Hebel zur Unterstützung der eigenen Unternehmen. Hinzu kommt, dass in der Regel das billigste Angebot den Zuschlag erhält, was Sozial- und Umweltdumping begünstigt.

Im Digitalsektor soll große Technologieunternehmen das Abgreifen von Daten von Verbraucher*innen und Bürger*innen und deren Verarbeitung erleichtert werden. Das Abkommen schadet damit nicht nur der digitalen Entwicklung Chiles, sondern schränkt auch Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ein, wie zum Beispiel des Rechts auf Privatsphäre.

  • Nur leere Worte beim Schutz der Umwelt und der Menschenrechte

Die EU bekennt sich in ihrer "Trade for All"- Strategie zur Durchsetzung der Europäischen Werte mithilfe ihrer Handelsabkommen. Obwohl in allen anderen Kapiteln konkrete Maßnahmen und Auflagen enthalten sind, sind die Bestimmumgen zum Schutz der Menschenrechte, über Gender, den Schutz von Arbeitnehmer*innenrechten und der Umwelt nicht-bindend und enthalten keinerlei Möglichkeiten zur Durchsetzung oder zur Sanktionierung im Falle der Nicht-Einhaltung. 

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