„Hoffnung ist eine disziplinierte Praxis.“ – Mariame Kaba
Wie werden wir aktiv?
Veränderung geschieht nicht zufällig. Viele der historisch bekannten Aktivist*innen haben ihre Aktionen sehr genau geplant und lange vorbereitet, auch wenn sie für uns eher zufällig und spontan erscheinen.
Wie ihr vorhin lesen konntet, war Rosa Parks war eine afroamerikanische Bürgerrechtlerin, die 1955 in Montgomery, Alabama, durch ihren Protest gegen die Rassentrennung berühmt wurde. Sie weigerte sich, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen, wie es gesetzlich vorgeschrieben war. Das löste eine Welle des Widerstands aus und führte schließlich zur Beendigung der Rassentrennung im öffentlichen Nahverkehr.
Doch Parks war nicht die Erste, die sich dem rassistischen Gesetz widersetzte. Vor ihr hatten bereits mehrere schwarze Frauen und Männer ähnliche Akte des zivilen Ungehorsams begangen – darunter Claudette Colvin, die neun Monate zuvor als 15-Jährige verhaftet wurde, weil sie sich weigerte, ihren Platz im Bus aufzugeben. Insgesamt gab es mehrere Fälle, in denen Menschen gegen die Jim-Crow-Gesetze protestierten, bevor Rosa Parks zur zentralen Figur der Bewegung wurde.
Wieso gelang nun, was zuvor unmöglich schien?
Rosa Parks wurde zur zentralen Figur der Bürgerrechtsbewegung, weil ihr Protest nicht isoliert, sondern strategisch geplant und eingebettet in eine größere Bewegung war. Sie war seit langem in der Schwarzen Community von Montgomery aktiv, unter anderem in der NAACP (National Association for the Advancement of Colored People), wo sie als (gut vernetzte!) Sekretärin arbeitete und sich für Gerechtigkeit einsetzte.
Ihr Status als respektierte, ruhige und besonnene Person machte sie zur idealen Symbolfigur für den Kampf gegen die Rassentrennung. Während andere vor ihr ähnliche Akte des Widerstands geleistet hatten, wurde Parks' Fall gezielt von der Bürgerrechtsbewegung genutzt, um eine breite Mobilisierung zu erreichen. Ihr Protest führte zum Montgomery Bus Boykott, der von Martin Luther King Jr. mitorganisiert wurde und die Bürgerrechtsbewegung landesweit ins Rollen brachte.
Deine Theorie des Wandels
Veränderung geschieht nicht zufällig – sie hängt davon ab, wie wir uns den Wandel vorstellen und welche Schritte wir als nötig betrachten. Die Art, wie du dir vorstellst, dass Veränderung gestartet und gestaltet wird, prägt das, was du als sinnvoll oder nicht sinnvoll betrachtest - und somit dein nachhaltiges Tun. Darum macht es Sinn, die eigenen Theorien des Wandels zu kennen und auszuformulieren.
Unsere persönliche "Theory of Change" bzw. Theorie des Wandels bestimmt, wie wir gesellschaftlichen Wandel erreichen können.
Eine einfache Formel hilft uns, unsere Strategie zu entwickeln:
👉 Wenn _______ (Akteur*innen) _______ (Handlung), dann können wir _______ (Ziel) erreichen.
Reflexionsimpuls für euer Team: Welche „Theories of Change“ kennst du? Hast du vielleicht sogar deine eigene?

Theorien des Wandels
Es gibt verschiedene Wege, um gesellschaftliche Veränderungen zu erreichen. Je nach Ansatz unterscheiden sich die Strategien und Hebel, die genutzt werden. Hier sind einige bekannte Theorien des Wandels mit konkreten Beispielen:
🟢 Lineare Ansätze – Wandel geschieht in klar definierten Stufen oder Phasen.
📌 Beispiel: Die Frauenbewegung setzte sich jahrzehntelang für das Wahlrecht ein. In Deutschland führte das schrittweise zu Gesetzesänderungen – 1918 durften Frauen erstmals wählen.
🟢 Systemische Ansätze – Einzelne Menschen oder Gruppen verändern ihr Verhalten, wodurch Kettenreaktionen in der Gesellschaft ausgelöst werden, weil jede*r von uns Teil komplexer Systeme ist, die sich bei Veränderungen (unplanbar) daran anpassen.
📌 Beispiel: Die steigende Nachfrage nach pflanzlicher und biologischer Ernährung zwingt große Supermärkte und auch Restaurants, mehr vegane Produkte anzubieten. So wird der Markt langfristig verändert, Bäuer*innen verändern ihre Arbeitsbedingungen, die Berichterstattung und Werbung verändert sich, die gesetzlichen Regulationen passen sich an,...
🟢 Individueller Ansatz – Veränderung beginnt bei jeder*m Einzelnen: Wer seine Denk- und Handlungsmuster ändert, beeinflusst sein Umfeld.
📌 Beispiel: Wenn Menschen bewusst auf Flugreisen verzichten und stattdessen Nachtzüge nutzen, setzen sie ein Zeichen und inspirieren andere, es ihnen gleichzutun. (Achtung: es braucht hierfür immer auch systemische Änderung, also z.B. den Ausbau des Zugnetzes)
🟢 Machtbasierter Ansatz – Veränderung geschieht durch das Aufbauen von Gegenmacht und kollektiven Druck.
📌 Beispiel: Die Black Lives Matter-Bewegung hat durch Proteste, Streiks und politische Forderungen weltweit Polizeireformen und Antirassismus-Gesetze angestoßen.
🟢 Diskurs- & Narrativänderung – Wer die gesellschaftliche Debatte verändert, verändert auch die Realität.
📌 Beispiel: Die #MeToo-Bewegung hat dazu geführt, dass sexuelle Gewalt und Machtmissbrauch in vielen Branchen offengelegt und neue Schutzmaßnahmen eingeführt wurden.
🟢 Keimzellen/Samen des Neuen – Kleine, alternative Projekte erproben neue Gesellschaftsmodelle und inspirieren den Wandel.
📌 Beispiel: Solidarische Landwirtschaftsprojekte zeigen, dass ein anderes Ernährungssystem möglich ist – und setzen Impulse für nachhaltige Agrarpolitik.

Wie schaut das dann z.B. konkret bei Attac aus?
Bei Attac wollen wir das Wirtschaftssystem verändern. Klingt ja mal nach einer entspannten Aufgabe für ein bisserl Aktivismus. Damit wir klarer haben, wie das gelingen kann, haben wir uns vier Wirkebenen verschrieben, auf denen wir unterschiedlichst aktiv sind:
Ebene Parteien & Medien: Realpolitik treiben
- Richtungsforderungen stellen
- Konkretes Themenfeld setzen und den Diskurs schieben
Ebene Bewegung & Zivilgesellschaft: Solidarische Gegen-Hegemonie aufbauen
- Demokratisierung üben, Koordination für Möglichkeitsfenster vorbereiten
- Menschen politisieren durchs Anknüpfen am Alltag + kollektive Erfahrungen, die verbinden
- Bildung + solidarische Erzählungen des Wandels – anknüpfen auch außerhalb linker Blasen.
Ebene Bündnisse und Institutionen:
- Brückenbau + Koalitionen
- transformative Keimzellen finden (oder selbst eine sein)
- Beobachten: Wo gibt es Verschiebungen in Institutionen?
Persönliche Ebene:
- Verändernde Alltagspraktiken leben, die dann demokratisch abgesichert werden müssen.
- Alternativen in Nischen und neue Narrative unterstützen
Unser Attac Aktionskonsens legt fest, wie unser Aktivismus konkret aussieht.