Neue Attac-Berechnungen zeigen, dass das Vermögen der österreichischen Milliardär*innen extreme Zuwächse verzeichnet. Attac hat dafür die Trend-Listen der 100 Reichsten von 2002 bis 2023 mit 207 verschiedenen Personen bzw. Familien und 2.200 Daten ausgewertet. Das Ergebnis: Das Vermögen der aktuellen österreichischen Milliardär*innen ist zwischen 2002 und 2023 im Durchschnitt jährlich um 11,19 Prozent angewachsen. Es verdoppelt sich somit alle 7 Jahre.
Vermögenszuwächse | Wachstumsraten nominell | Inflationsbereinigt |
alle 100 Reichsten | 7,38 Prozent | 4,99 Prozent |
über 500 Mio. € Vermögen | 9,54 Prozent | 6,96 Prozent |
Milliardär*innen | 11,19 Prozent | 8,58 Prozent |
Zum Vergleich: Das österreichische BIP ist im gleichen Zeitraum im Durchschnitt um 3,44 Prozent jährlich gewachsen.
Tojner, Graf, Stumpf und Benko mit jährlichen Zuwachsraten von mehr als 20 Prozent
Das Gesamtvermögen der 10 Reichsten ist zwischen 2002 und 2023 von 24 auf 110 Milliarden Euro, jenes der 100 Reichsten von 46 auf 212 Milliarden Euro angewachsen. Es verfünffachte sich also jeweils. 2002 gab es 11 Milliardär*innen, 2023 waren es 49. (1) Milliardäre wie Michael Tojner, Johann Graf, Georg Stumpf oder René Benko verzeichneten sogar Vermögenszuwächse von mehr als 20 Prozent jährlich.
Die extreme Konzentration von Vermögen und Macht ist Gift für die Demokratie
Die Vermögenskonzentration in Österreich ist schon heute größer als in jedem anderen westeuropäischen Land. (2) Die Reichsten besitzen dabei eine wirtschaftliche und politische Macht ohne jegliche demokratische Kontrolle. Das ist Gift für die Demokratie.
„Zahlreiche Beispiele und Chats zeigen, wie die Reichsten ihre Interessen durch Lobbying, den „Einkauf“ von (Ex)-Politiker*innen, Parteispenden, Medienmacht, Finanzierung von „Denkfabriken“ oder Korruption durchsetzen – und zwar auf Kosten der Mehrheit. Als Folge sehen immer mehr Menschen ihre Interessen gar nicht mehr vertreten. Sie wenden sich von demokratischen Prozessen, Institutionen und politischem Engagement ab oder unterstützen sogar antidemokratische Kräfte“, erklärt Kai Lingnau von Attac Österreich. (3) Steuert die Politik nicht dagegen, wird sich allein das Vermögen der reichsten 10 Österreicher*innen in den nächsten 10 Jahren von 110 auf rund 320 Milliarden Euro verdreifachen.
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Attac-Vermögensteuer bremst die extremen Vermögenszuwächse der Reichsten
Attac hat auf Basis der neuen Daten ein evidenzbasiertes Modell für eine progressive Vermögensteuer ausgearbeitet. Es orientiert sich an den empirischen Fakten über die Vermögenszuwächse der Reichsten. Beginnend mit einem Steuersatz von 1 Prozent über 5 Millionen Euro (die reichsten 0,3 Prozent) steigt die Attac-Vermögensteuer in 4 Stufen bis auf 10 Prozent für Vermögen über 1 Milliarde Euro an.
Erklärung zum effektiven Steuersatz: Bei einem Vermögen von 7 Millionen Euro beträgt die Steuer 20.000 Euro / 0,29 Prozent, denn nur das Vermögen über der jeweiligen Stufe wird mit dem jeweiligen Satz besteuert.
Attac Berechnungen (4) zeigen, dass damit die extremen Vermögenszuwächse der Milliardär*innen effektiv eingebremst werden können. Eine niedrige Vermögensteuer von 1 bis 2 Prozent kann der aus dem Ruder laufenden Vermögenskonzentration kaum entgegenwirken.
22 Milliarden Euro, die das Leben aller Menschen verbessern
Die berechneten Einnahmen des Attac-Vermögensteuermodells betragen rund 22 Milliarden Euro pro Jahr - mögliche Steuer-Umgehungen schon eingerechnet. Damit würde der Anteil vermögensbezogener Steuern am gesamten Steueraufkommen von derzeit 1,4 Prozent auf etwa 11 Prozent steigen – ein Wert, den etwa Kanada, Großbritannien oder die USA aufweisen. (5)
„Einnahmen von 22 Milliarden Euro ermöglichen dringend nötige Investitionen in Klimaschutz, Kinderbetreuung, Bildung, Pflege und Gesundheit. Sie schaffen Wohlstand und verbessern das Leben aller Menschen. Ohne die Attac-Vermögensteuer gerät die extreme Konzentration von Vermögen und Macht hingegen völlig außer Kontrolle“, erklärt Lingnau.
Mehr Informationen dazu, wie die steigende Vermögenskonzentration nicht nur der Demokratie sondern auch der wirtschaftlichen Stabilität und dem Klima schadet, mehr Fakten zur Vermögenskonzentration und -besteuerung in Österreich sowie Details zu Umsetzung, Aufkommen und Verwendung der Attac-Vermögensteuer finden Sie in der Langfassung der Studie.
Download Langfassung
Die Rohdaten zu den Vermögenszuwächsen erhalten Sie auf Anfrage.
Attac hat auf Basis der Berechnungen und des Vermögensteuermodells auch eine Petition gestartet: https://www.attac.at/vermoegensteuer
Rückfragen:
David Walch, Attac Pressesprecher
presse@attac.at, +43 650 544 00 10
(1) Anstieg der Vermögen der 100 Reichsten und der Anzahl der Milliardär*innen
(2) Die reichsten 5 Prozent aller Haushalte in Österreich besitzen laut EZB 53,5 Prozent des Vermögens. In anderen Euro-Staaten sind es im Durchschnitt 43 Prozent. Das reichste Prozent aller Haushalte in Österreich besitzt rund 40 Prozent des Gesamtvermögens. Die ärmere Hälfte besitzt hingegen so gut wie kein nennenswertes Vermögen – in Summe lediglich etwa 3,5 Prozent des Gesamtvermögens.
(3) Laut einer SORA-Umfrage glaubten im Jahr 2020 nur 43 Prozent im ökonomisch schwächsten Drittel, dass das politische System in Österreich gut funktioniert. Im obersten Drittel waren es 78 Prozent. Im ökonomisch schwächsten Drittel vertrauten nur 33 Prozent dem Parlament; im ökonomisch stärksten Drittel waren es 70 Prozent.
(4) Beispiele:
Name | Vermögen 2023 | Vermögen 2033 ohne Steuer ohne Vermögensteuer | Vermögen 2033 mit Steuer mit Vermögensteuer |
Mark Mateschitz | 32,5 Mrd. € | 93,9 Mrd. € | 33,3 Mrd. € |
Georg Stumpf | 6,5 Mrd. € | 18,8 Mrd. € | 7,1 Mrd. € |
Johann Graf | 5,7 Mrd. € | 16,5 Mrd. € | 6,3 Mrd. € |
Wolfgang Leitner | 2,5 Mrd. € | 7,2 Mrd. € | 3,1 Mrd. € |
Michael Tojner | 1,8 Mrd. € | 5,1 Mrd. € | 2,3 Mrd. € |
Stefan Pierer | 1,6 Mrd. € | 4,6 Mrd. € | 2,1 Mrd. € |
(5) Österreich ist international eines der Schlusslichter, wenn es um den Beitrag der Reichsten zum Allgemeinwohl geht: In Österreich tragen vermögensbezogene Steuern laut OECD nur rund 1,4 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei. Im Schnitt der Industriestaaten der OECD sind es 5,6 Prozent – also rund das 4-fache.