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Attac und Ärzte ohne Grenzen vor WTO-Konferenz bei Rauch

Aktuelle „Patentfreigabe“ wäre Rückschritt

Unmittelbar vor Beginn der Minister*innenkonferenz der Welthandelsorganisation WTO am 12. Juni in Genf trafen Vertreter*innen von Attac Österreich und Ärzte ohne Grenzen Österreich gestern Abend Gesundheitsminister Johannes Rauch. Hauptthema des Gesprächs waren die WTO-Verhandlungen über die Freigabe der geistigen Eigentumsrechte für Corona-Impfstoffe, Medikamente, Diagnostika und Medizinprodukte (TRIPS-Waiver).

Attac und Ärzte ohne Grenzen wiesen Rauch dabei eindringlich auf die Schwachstellen im aktuellen – von der EU bei der WTO eingebrachten – Vorschlag hin (1). Der Zugang zu wichtigen COVID 19-Behandlungen und -Tests ist in vielen Ländern des Globalen Südens nach wie vor schwierig. Dies ist zum Teil auf die Barrieren durch geistige Eigentumsrechte zurückzuführen. „Der EU-Verhandlungsvorschlag wäre ein Rückschritt und würde keinen gerechten Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Menschen gewährleisten“, erklärt Iris Frey von Attac. Österreich darf den EU-Vorschlag daher nicht unterstützen.

„Der unmittelbare EU-Textentwurf weicht weit von dem ursprünglichen TRIPS-Waiver-Antrag ab. Er ist nicht zielführend und könnte einen negativen Präzedenzfall für die Versorgung des globalen Südens mit modernen Medizinprodukten schaffen – und zwar nicht nur in Pandemien“, betont Marcus Bachmann von Ärzte ohne Grenzen: "Die aktuellen WTO-Verhandlungen sind die letzte Chance für die Regierungen, endlich das Richtige zu tun und zu einem wirksamen TRIPS-Waiver zurückzukehren."

Auch Kocher soll ursprünglichen Vorschlag Indiens und Südafrikas unterstützen

Gesundheitsminister Rauch bestätigte im Gespräch seine grundsätzliche Zustimmung zum TRIPS Waiver. Attac und Ärzte ohne Grenzen fordern, dass die österreichische WTO-Delegation unter der Leitung von Wirtschaftsminister Martin Kocher den ursprünglichen TRIPS-Waiver-Vorschlag von Indien und Südafrika unterstützt.

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(1) Der ursprüngliche TRIPS-Waiver-Vorschlag Indiens und Südafrikas war klar, beinhaltete Corona-Impfstoffe, Medikamente, Diagnostika und Medizinprodukte und bot die notwendige Rechtsgrundlage. Er inkludierte zudem die Freigabe aller Arten von geistigen Eigentumsrechten (wie Geschäftsgeheimnissen) wodurch Hürden für die potenziellen Hersteller von Impfstoffen fallen.

Im Unterschied dazu würde der EU-Vorschlag nur für Corona-Impfstoffe gelten (nicht aber für Medikamente, Diagnostika und Medizinprodukte), er würde nur Patente freigeben (nicht aber alle geistigen Eigentumsrechte) und nicht für alle Staaten anwendbar sein. Die zeitliche Komponente ist im neuen Entwurf ebenfalls unzureichend und sollte auf mindestens fünf Jahre festgelegt werden.

Foto: Gespräch mit Gesundheitsminister Rauch, 9. Juni 2022, v.l.n.r.:

- Der Proponent eines umfassenden TRIPS-Waivers und langjährige Generaldirektor des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, Josef Probst
- Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch
- Iris Frey, Attac Österreich
- Marcus Bachmann, Ärzte ohne Grenzen

Foto: Sozialministerium