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Finanztransaktionssteuer vor Durchbruch? Schelling darf jetzt nicht einknicken

Jede Ausnahme bei der Steuerbasis würde Steuer stark entwerten

Anlässlich der morgigen Finanzministertagung in Luxemburg, bei der erneut über die Finanztransaktionssteuer verhandelt wird, erneuert Attac die Forderung nach einer umfassenden Variante ohne Ausnahmen bei der Steuerbasis. Finanzminister Schelling dürfe in dieser Frage nicht einknicken und müsse - gemeinsam mit Deutschlands Finanzminister Schäuble - eine umfassende Besteuerung aller Finanzprodukte durchsetzen.

Jede Ausnahme bei der Steuerbasis würde die positiven Lenkungseffekte der Steuer schmälern und die Steuer stark entwerten, warnt Attac. Ohne Derivate wäre der Aufkommensverlust beispielsweise für Deutschland mehr als 90 Prozent für Österreich rund 80 Prozent. Auch Ausnahmen für außerbörslichen Handels (Over the Counter, OTC) würden nur zur Verlagerung von Spekulation führen.

„Alle Experten sind sich einig dass das systemische Risiko an den Finanzmärkten derzeit enorm hoch und die nächste Finanzkrise nur eine Frage der Zeit ist. Hochspekulative Finanztransaktionen zu besteuern ist EIN wichtiger Beitrag zur Vermeidung der nächsten Krise. Sieben Jahre nach der letzten großen Finanzkrise ist die Umsetzung überfällig“, erklärt David Walch von Attac Österreich.

Für eine effektive FTT sind für Attac folgende Eckpunkte nötig:

•    Die Bemessungsgrundlage muss alle Arten von Finanztransaktionen umfassen - darunter insbesondere Derivate und den außerbörsliche Handel, Pensionsfonds, Market Maker und Repo-Geschäfte.
•    Jede Ausnahme oder „Etappenlösung“ führt nur zur Steuervermeidung und zur Verlagerung von Spekulation.
•    Der Steuersatz soll einheitlich sein. Auch unterschiedliche Steuersätze führen zu Verlagerung von Spekulation.
•    Der Steuersatz sollte sich möglichst am Vorschlag der EU-Kommission von 0,1% orientieren.
•    Das Ansässigkeitsprinzip und das Ausgabeprinzip müssen zur Anwendung kommen. Damit sind Fluchtmöglichkeiten von der Steuer sehr schwierig (1).

(1) Das Herkunftsprinzip besagt, dass alle Finanzinstitutionen, die ihren juristischen Sitz im Geltungsbereich des Gesetzes haben, steuerpflichtig sind. Beispiel: Wenn die Deutsche Bank in Hongkong eine beliebige Aktie verkauft oder ein beliebiges Derivat kauft, ist die Steuer fällig. Es bleibt nur die Verlagerung des kompletten Firmensitzes, der oft teurer wird als die Steuer.
Beim Ausgabeprinzip werden alle Vermögenswerte, die aus dem Geltungsbereich des Gesetzes stammen, registriert. Jeder Vermögenstitel, der aus dem Geltungsbereich des Gesetzes stammt, wird besteuert. Beispiel: Wenn eine japanische Bank einem US-Hedgefonds eine Volkswagenaktie verkauft, wird die Steuer fällig. Da die Finanzindustrie alle ihre Geschäfte heute über einige wenige elektronische Plattformen abwickelt, ist die Eintreibung der Steuer technisch sehr einfach.