News

GATS: Bartenstein hat EU-Angebotsliste erhalten

Öffentliche Dienstleistungen auf breiter Front betroffen

Die EU hat dieser Tage einen Entwurf der Angebotsliste an die zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten übermittelt. Als Konsequenz des weltweit wachsenden Widerstandes gegen das GATS-Abkommens hat die EU-Kommission in einer Presseaussendung erklärt, dass in den besonders heiklen Bereichen Gesundheit, Bildung und audiovisuelle Medien keine Angebote gemacht würden. Alexandra Strickner von ATTAC Österreich bezeichnet dies als "ersten Erfolg der Kampagne". Dennoch dürfe man sich von der EU-Kommission nicht täuschen lassen. "Die Kommission versucht den Eindruck der generellen Herausnahme der öffentlichen Dienste aus den GATS-Verhandlungen zu erwecken", so Strickner. Dazu möchte ATTAC Österreich folgendes anmerken.

1. Auch wenn in den Bereichen Gesundheit, Bildung und audiovisuelle Dienste (Kino, Fernsehen) keine Angebote gemacht wurden, so werden sehr wohl andere heikle Bereiche preisgegeben: Finanzdienstleistungen (private Kranken- und Pensionsversicherung), Post, Telekom, Umweltdienstleistungen (Wasserversorgung, Kanal, Müllabfuhr), Transport und Tourismus.

2. Die nach wie vor geheim gehaltenen Forderungen der EU an ihre Handelspartner stellen einen frontalen Angriff auf deren öffentliche Dienstleistungen dar: Universitäten, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Müllabfuhr (Umweltdienstleistungen), Kranken- und Pensionsversicherung (Finanzdienstleistungen), Post- und Kurierdienste, Telefon, Transport und Tourismus. "Die EU betreibt hier ein unehrliches Doppelspiel", kommentiert Christian Felber von ATTAC Österreich. "Auf der einen Seite versucht sie die eigene Bevölkerung zu beruhigen und auf der anderen verlangt sie von den Handelspartnern extrem weitgehende Zugeständnisse."

3. Eine Position zum Verhandlungsstart ist noch lange nicht das Endergebnis, und begonnen werden Verhandlungen naturgemäß sehr defensiv, um danach Zugeständnisse machen zu können. Was also am Ende bei den GATS-Verhandlungen rauskommt, hat möglicherweise nicht mehr viel mit den ursprünglichen Angeboten zu tun.

4. Gerade in den Bereichen Gesundheit und Bildung ist die EU und besonders Österreich schon in der ersten GATS-Runde 1995 weitreichende Verpflichtungen eingegangen. Sobald ein privates Krankenhaus oder eine Privatschule angesichts weltweiter Liberalisierungstendenzen (Autonomie, Studiengebühren, Selbsthalte) auf die Interpretation kommt, mit öffentlichen im Wettbewerb zu stehen, kann das GATS-Desaster losgehen. Dann hätten nämlich die privaten Rechtsanspruch auf gleich hohe Förderungen wie die öffentlichen. Das wäre das Aus der öffentlichen Schulen und Krankenhäuser.

Als "Gipfel des Zynismus" bezeichnet Felber die Darstellung von EU-Kommission und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, dass die Angebotsliste der EU besondere Rücksicht auf die Entwicklungsländer nehme. Während die EU von 109 Handelspartnern massive Zugeständnisse fordert, hat aus der Gruppe der 30 am wenigsten entwickelten Länder bisher nur ein einziges - Mali - Forderungen an die EU gerichtet. "Das beweist, dass die armen Länder in den GATS-Verhandlungen nichts zu gewinnen haben", meint Felber. Dafür werden die Konzerne aus den USA und der EU in den armen Ländern die Wasserversorgung, Energieversorgung, Telefon, Post, öffentlicher Verkehr, Banken, Versicherungen, Transport, Tourismus übernehmen. "Das GATS ist eine Wiederholung der Kolonialisierung, nur diesmal durch Konzerne. Wir bestehen daher weiter auf einem Verhandlungsstopp und auf einer sofortigen Veröffentlichung der genauen Angebotsliste", so Felber abschließend.