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GATS: Indien fordert Aufhebung der Sozialversicherungspflicht

"Notwendigkeitstest" bedroht demokratischen Gestaltungsspielraum

In den laufenden GATS-Verhandlungen sickern nach und nach die Forderungen der WTO-Mitglieder durch. Fast täglich gibt es neue Überraschungen. Kapitalverkehr, Steuern, Sozialversicherung: Die Liberalisierungsaufforderungen gehen weit über die öffentlichen Dienstleistungsbereiche hinaus und reichen, entgegen der Darstellung der Verhandler, tief in die nationalstaatliche Gesetzgebungskompetenz hinein.

So fordert die EU von China die Aufhebung von Kapitalverkehrskontrollen und von Argentinien die Aufhebung der Quellensteuer. Auf der anderen Seite fordert Indien die Aufhebung der Sozialversicherungspflicht für Dienstleistungspersonal, dass vorübergehend zum Arbeiten über die Grenze kommt. ATTAC-Sprecher Christian Felber: "Die Verhandler haben stets beschwichtigt, dass das GATS nicht in die Regulierungshoheit von Nationalstaaten eingreift. Jetzt erfahren wir, dass es sogar die Steuergesetzgebung und die Sozialversicherung attackiert. Langsam kommt die ganze Tragweite des GATS ans Tageslicht."

Das GATS hat noch weitere Überraschungen auf Lager: In den liberalisierten Sektoren dürfen Gesetze nur noch dann erlassen werden, wenn sie den freien Handel mit Dienstleistungen nicht über ein "notwendiges" Maß hinaus einschränken. Ob dieses Maß gegeben ist, soll ein Notwendigkeitstest entscheiden. Vor dem WTO-Tribunal. Wenn die Notwendigkeit nicht bewiesen werden kann, muss das Gesetz zurückgenommen werden."

Der Freihandel wird damit zum übergeordneten Verfassungsprinzip, dem sich die gesamte Gesetzgebung unterordnen muss", so Felber.

Schließlich ist die Rücknahme einer Liberalisierung nur um einen sehr hohen politischen Preis möglich. Felber: "Das GATS ist eine Liberalisierungseinbahn. Selbst wenn sich die Liberalisierung als Fehlschlag herausstellt, wie die der Eisenbahn in Großbritannien oder des Strommarktes in Skandinavien, könnte sie de facto nicht mehr rückgängig gemacht werden."

Fazit: "Der demokratische Handlungsspielraum wird durch das GATS dramatisch eingeschränkt", so Felber abschließend. "Deshalb muss es gestoppt werden."

Weltweit wächst jetzt der Widerstand gegen das GATS-Abkommen. Städte, Gemeinden, ParlamentarierInnen, Parteien, Gewerkschaften, LehrerInnen, JournalistInnen und zahlreiche NGOs fordern den Stopp der GATS-Verhandlungen. In Österreich haben sich bereits über 50 Organisationen der Stopp-GATS-Kampagne angeschlossen.