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Internationales Ranking: Schattenfinanzplätze boomen weiter

Österreich weiter unter den intransparentesten Finanzplätzen der Welt

Pressemitteilung Tax Justice Network, Attac, VIDC

Korruption, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Steuerflucht, Betrug, Insiderhandel und Bestechung - das sind die  Folgen eines großteils intransparenten globalen Finanzsystems. Der am 7.November - nach 2009 und 2011 zum dritten Mal - veröffentlichte Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index, FSI) des internationalen Tax Justice Networks belegt, dass die Schattenfinanzwirtschaft weiter boomt. Der Index ist die weltweit größte Untersuchung dieser Art und listet 82 Finanzzentren nach dem Grad ihrer Geheimhaltung und ihrem Anteil am Weltmarkt für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen auf.

Strenge Bankgeheimnisse (wie in Österreich, Luxemburg oder der Schweiz), intransparente Eigentümerstrukturen bei Trusts, Treuhandschaften oder Stiftungen sowie mangelnde Kooperation der Behörden kennzeichnen weiterhin die schwarzen Löcher im internationalen Finanzsystem. „Trotz wachsender öffentlicher Kritik und verbesserter Bemühungen (1)  der G20, der EU oder der OECD sind wir Lichtjahre von effektiven Lösungen entfernt. Hunderte Milliarden Dollar für öffentliche Leistungen gehen den Staaten jährlich durch Schattenfinanzplätze verloren (2)“, erklärt FSI-Forschungsleiter Markus Meinzer vom Tax Justice Network.

Bemerkenswert: 13 der Top 21-Länder des Index sind OECD-Staaten oder von einem Mitglied abhängige oder kontrollierte Gebiete. Es liegt also nicht nur an den üblichen Verdächtigen in der Karibik, die Probleme zu lösen, sondern vor allem an den politisch mächtigsten Staaten. „Zwischen den Ankündigungen der OECD-Länder und deren tatsächlicher Umsetzung klafft noch immer eine riesige Lücke“, kritisiert Martina Neuwirth, VIDC (Wiener Institut für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit). „Der automatische Informationsaustausch ist nicht einmal innerhalb der EU allgemeiner Standard. Die Begünstigten von Stiftungen, Trusts und (Schein-)Unternehmen werden in den meisten Ländern in keinen öffentlichen Registern aufgeführt. Nach wie vor dominiert Steuerwettbewerb statt Steuerkooperation. Aber im Kampf gegen Steuerflucht, Geldwäsche und Korruption braucht es eine effektive internationale Zusammenarbeit zwischen Justiz- und Steuerbehörden.“

David Walch von Attac Österreich erklärt: „Wie so oft ist die Lösung des Problems nicht nur eine Frage von Expertise und guten Vorschlägen sondern von öffentlichem Druck. Denn keine Gruppe ist reicher und einflussreicher als die Profiteure und Beschützer dieses Systems. Jede Regulierung ist daher gleichzeitig ein Test für unsere Demokratien.“

Auf den ersten Plätzen: Verbündete Österreichs / Großbritannien „versteckte“ Nummer Eins

An den ersten beiden Stellen des FSI liegen die Schweiz und Luxemburg - beides Länder, mit denen sich Österreich im Kampf gegen mehr Transparenz gerne verbündet (siehe unten). Trotz Verbesserungen - etwa beim Bankgeheimnis insbesondere gegenüber den USA – ist die topplatzierte Schweiz weiterhin Speerspitze gegen internationale Bemühungen für mehr Transparenz. Auf Platz zwei liegt Luxemburg, das mit einem giftigen Cocktail aus Geheimhaltung, Steuerschlupflöchern und schwacher Finanzregulierung eine riesige Offshore-Finanzdienstleistungsbranche bedient.

Großbritannien liegt zwar nur auf Platz 21, ist jedoch  - allen Beteuerungen zum Trotz - die versteckte Nummer eins der Schattenfinanzwelt, wie das Tax Justice Network betont. Die City of London unterstützt und kontrolliert ein Netz von Verdunkelungsoasen auf der ganzen Welt, unter anderem die Cayman Islands (4.), Jersey (9.), Bermuda (14.) und Guernsey (15.). Dieses Netz würde zusammengenommen unangefochten Platz eins einnehmen (3).

Hong Kong und Singapur, zwei rivalisierende und rasch wachsende Verdunkelungsoasen, liegen auf Platz 3 und 5 des Index, gefolgt von den USA und dem „Aufsteiger“ Libanon. Bemerkenswert auch der 8. Platz Deutschlands, verursacht großteils durch den mangelhaften  Austausch steuerrelevanter Informationen und der großen Bedeutung als Finanzplatz.

Österreich weiter unter den intransparentesten Finanzplätzen

Österreich liegt im Ranking auf dem 18. Platz. Es erfüllt nur eine von fünfzehn Transparenz-Anforderungen des Tax Justice Networks vollständig, fünf gar nicht und neun nur teilweise. "Das Abschneiden Österreichs ist beschämend“, kritisieren Neuwirth und Walch.

Österreich ist eines von zwei EU-Ländern, die weiterhin am Bankgeheimnis festhalten und nicht am automatischen Informationsaustausch in der EU teilnehmen. Damit behindert die österreichische Regierung weiterhin das Verfolgen von aus- und inländischen SteuerbetrügerInnen. Zudem arbeitet Österreich Hand in Hand mit den Top-Schattenfinanzzentren Schweiz und Luxemburg, um weitere internationale Fortschritte in dieser Frage zu blockieren. „Österreich darf dem automatischen Informationsaustausch und der Verbesserung der EU-Zinssteuer-Richtlinie (4) nicht länger im Weg stehen. Das Bankgeheimnis muss endlich abgeschafft und ein zentrales Bankkonten-Register geschaffen werden. Damit hätten aus- und inländische Steuer- und Justizbehörden endlich wirksame Instrumente zur Betrugsbekämpfung in der Hand“, erklärt Martina Neuwirth.

Der Schattenfinanzbericht kritisiert außerdem, dass die wirtschaftlichen Begünstigten von Stiftungen, Trusts/Treuhandvereinbarungen und Unternehmen nicht immer bekannt sind. Selbst dort, wo öffentliche Register existieren, erschweren Kosten den Zugang. Überhaupt nicht registriert werden müssen ausländische Trusts, deren österreichische TreuhänderInnen sowie Treuhandschaften ohne beteiligte NotarInnen oder AnwältInnen. „Die Regierung kritisiert zwar zu Recht anonyme Trusts und Briefkastenfirmen auf den britischen Kanalinseln oder den Caymans, ist aber selbst nicht bereit hier völlige Transparenz herzustellen“, kritisiert David Walch.

Ebenso fehlen EU-weit, und damit auch in Österreich, verbindliche Transparenzregeln für alle international tätigen Unternehmen, damit diese ihre Gewinne und Steuerzahlungen länderweise ausweisen. Das würde Ländern außerhalb der EU, insbesondere Entwicklungsländern, ebenfalls zugute kommen. Solche Regeln soll es in der EU ab 2015 immerhin für Banken und Unternehmen im Rohstoff- sowie Tropenholzbereich geben.

Das Tax Justice Network notiert jedoch auch einige Verbesserungen in Österreich: Am wichtigsten ist dabei die im Mai 2013 unterzeichnete Konvention des Europarates/der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, welche allerdings noch nicht ratifiziert wurde. Seit 2011 müssen Stiftungen immerhin den Steuerbehörden die Identität jedes/jeder nicht in der Stiftungsurkunde genannten Begünstigten offenlegen. Das gilt auch für vor 2011 gegründete Stiftungen.