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Lebensmittelkrise: IWF und Weltbank betreiben lediglich Symptombekämpfung

Attac fordert Abkehr von neoliberaler Handels- und Agrarpolitik

Mit scharfer Kritik reagiert das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf die gemeinsame Erklärung des Internationalen Währungsfonds' IWF und der Weltbank zum Abschluss ihrer Frühjahrstagung. ?Angesichts der drohenden weltweiten Hungerkrise sind die versprochenen 500 Millionen Dollar Soforthilfe ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir brauchen eine Abkehr von der Liberalisierungspolitik sowohl in der Landwirtschaft als auch im Handel von landwirtschaftlichen Produkten?, erklärt Attac-Obfrau Alexandra Strickner.

IWF und Weltbank stehen seit Jahrzehnten für eine systematische Vernichtung kleinbäuerlicher Existenzen. Der IWF zwang Entwicklungsländer mit Strukturanpassungsmaßnahmen, ihre Landwirtschaft verstärkt auf den Export auszurichten und für billige Importe zu öffnen. Beide Institutionen sprachen und sprechen sich weiterhin für Handelsliberalisierung auch im Rahmen der WTO aus. Großflächige Monokulturen verdrängen den Anbau für den Eigenbedarf sowie lokale Märkte. Billigimporte tun ihr Übriges, um den Landwirten im Süden ihre Existenz zu rauben. Viele Entwicklungsländer, welche bis dahin den Lebensmittelbedarf ihrer Bevölkerung eigenständig decken konnten, wurden in der Folge zu Lebensmittelnettoimporteuren. ?Auch die Vorschläge von WTO Generaldirektor Pascal Lamy, der den Abschluss der Doha-Runde und somit eine weitere Liberalisierung des Handels als Lösung für die aktuellen Krisen anpreist, würden diese Entwicklungen weiter verschärfen?, so Strickner.

Die  Finanzmärkte tragen Mitschuld an der aktuellen Lebensmittelkrise. ?Seit einigen Jahren haben Banken agrarische Rohstoffe als neues Investitionspotential entdeckt. Immer mehr professionelle Anleger spekulieren heute damit. Den Preis zahlen die Armen?, so Strickner. Attac kritisiert zudem die Energiepolitik der Industrieländer, insbesondere die künstliche Schaffung eines Agrosprit-Marktes durch Beimischungsvorgaben die ebenfalls einen wesentlichen Anteil an der aktuellen Lebensmittelkrise haben.

Attac fordert im Einzelnen:

?    Der Entwicklung regionaler Agrarmärkte und der Versorgung der heimischen Bevölkerung in den Ländern des Südens muss endlich Vorrang eingeräumt werden.
?    Internationale Handelsabkommen müssen Entwicklungsländern die Möglichkeit geben, die eigenen Agrarmärkte vor Dumping zu schützen. Attac fordert einen Stopp der Verhandlungen über weit reichende Freihandelsabkommen zwischen der EU und Ländern des Südens.
?    Die EU muss sofort von ihrem Ziel abrücken, den Agrosprit-Anteil auf zehn Prozent zu steigern. Subventionen und Förderungen für industriellen Agrosprit-Pflanzenanbau sind in diesem Zusammenhang abzuschaffen und sollten für sozial und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft eingesetzt werden.
?    Energieverbrauch und Erdölabhängigkeit müssen reduziert werden. Kleinräumigere regionale Wirtschaftskreisläufen sowie der Ausbau öffentlicher Verkehrs sind Ansätze dafür. Energiesparende Technologien und eine strengere Begrenzungen für den Spritverbrauch von Kraftfahrtzeugen sind dringend notwendig.

?Das von IWF und Weltbank jahrzehntelang forcierte Wirtschaftsmodell beutet natürliche Ressourcen rücksichtslos aus. Verteilungsgerechtigkeit und soziale und ökologische Nachhaltigkeit bleiben auf der Strecke. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in Richtung Ernährungssouveränität - und zwar sofort?, so Strickner.