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"Neues" EU-Mercosur Abkommen, alte Probleme

Neuer Text bringt keine substantiellen Verbesserungen

Am 6. Dezember 2024 präsentierte Ursula von der Leyen in Montevideo voller Stolz eine neue politische Einigung zum EU-Mercosur-Abkommen. Fünf Jahre nach der ursprünglichen Einigung sei die Kritik von zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie von kritischen Staaten wie Österreich und Frankreich berücksichtigt worden – zumindest laut den offiziellen Verlautbarungen.

Eine erste Analyse der inzwischen veröffentlichten Texte zeigt jedoch ein anderes Bild: Die Kritik wurde entweder nicht verstanden, ignoriert oder bewusst nicht eingearbeitet. Statt echter Verbesserungen präsentiert die EU-Kommission einen Text, der beschönigt wird, jedoch keine grundlegenden Fortschritte erkennen lässt.

  1. Zahnloser Verweis auf das Pariser Klimaabkommen: Laut neuem Vorschlag kann das Abkommen ausgesetzt werden, wenn ein Staat aus dem Pariser Klimaabkommen austritt. Die Entscheidung darüber würden allerdings beide Blöcke gemeinsam treffen. Würde beispielsweise Argentiniens neoliberaler Kettensägen-Präsident Javier Milei – wie bereits angedacht – das Klimaabkommen aufkündigen, müsste der gesamte Mercosur-Block der Aussetzung des Mercosur-Abkommens zustimmen. Das ist ein extrem unwahrscheinliches Szenario. Abgesehen davon ist die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen selbst bei einem Verbleib im Pariser Abkommen freiwillig und ohne Sanktionen, während die Folgen des Mercosur-Abkommens (wie Entwaldung, mehr Transport) die Klimakrise unmittelbar anheizen. 
  2. Entwaldung nicht sanktionierbar: Die Abholzung im Amazonas und anderen Regionen für mehr  Soja- und Weideflächen ist einer unserer größten Kritikpunkte. Nun enthält das Abkommen vage Spielregeln zum Schutz von Wäldern – diese sind jedoch nicht sanktionierbar und gelten erst nach dem Jahr 2030. Damit gibt es weiterhin keine roten Linien, wenn eines der wichtigsten Ökosysteme der Welt zerstört wird.
  3. Landwirtschaft weiter unter Druck: Der neue Text reduziert die Einfuhr-Quoten für landwirtschaftliche Produkte aus Südamerika nicht, sondern weitet sie sogar aus. Damit haben die Verhandler*innen alle Sorgen von europäischen Bäuer*innen und Konsument*innen beinhart ignoriert. Die EU will zwar die Zustimmung der Bäuer*innen durch Ausgleichszahlungen erkaufen – ob und in welcher Form diese kommen, bleibt jedoch unklar. Europäische Bäuer*innen fordern schon lange tiefgreifende Verbesserungen für ihre immer schwierigeren Produktionsbedingungen. Schweigegeld zu zahlen, ist jedenfalls nicht ausreichend.
  4. Mobilitätswende ausgebremst: Im Vergleich zur ersten Einigung aus dem Jahr 2019 gibt es keine Veränderungen bei den Handelserleichterungen für europäische Verbrenner-Motoren. Lediglich beim Handel mit E-Autos gab es Änderungen. Paraguay hat außerdem noch eine erhöhte Quote für die Ausfuhr von Bio-Diesel bekommen. Das Abkommen bremst daher weiter die dringend nötige Mobilitätswende aus und schafft weitere Absatzmärkte für die Profitinteressen der Automobilindustrie.
  5. Mehr Chemie auf unseren Tellern: Mit dem Abkommen können europäische Chemiekonzerne mehr Pestizide, die in der EU bereits verboten sind, nach Südamerika exportieren. Diese landen dann – zum Beispiel in Form von Limetten-Importen in die EU – wieder in unserer Nahrung. Auch hier wurde der Text sogar verschlechtert, da Kontrollmaßnahmen für landwirtschaftliche Produkte weiter reduziert wurden.
  6. “Rebalancing Mechanismus”: Die neue Wunderwaffe im Abkommen ist der sogenannte “Rebalancing Mechanismus” - ein Instrument, das eingesetzt werden soll, wenn eine Region neue Regulierungen oder Gesetze erlässt, welche für die andere Region nachteilig wären. (Beispiel: Die EU würde wirklich gar keine Produkte mehr importieren wollen, die mit Entwaldung  in jeder Form zusammenhängen.) Im Moment interpretieren beide Regionen das Instrument ganz unterschiedlich. Es besteht die Gefahr, dass wichtige politische Regulierungen aus Angst vor diesem Mechanismus erst gar nicht umgesetzt werden.

Der Verhandlungsprozess zum EU-Mercsour-Abkommen verlief schon bisher extrem intransparent - selbst für die Maßstäbe der EU-Kommission. Die EU selbst betreibt weiter Desinformation. So gibt es Widersprüche zwischen den Informationen in den “Fragen und Antworten” der EU-Kommission und dem tatsächlichen Text des Abkommens.

Für uns ist klar: EU-Mercosur ist und bleibt ein Klimakiller-Abkommen. Und wir gehen davon aus, dass der Prozess bis zum möglichen Abschluss des Abkommens im Sommer 2025 weiter sehr undemokratisch abläuft.Die nächste österreichische Regierung muss daher nicht nur am Veto des Nationalrats aus dem Jahr 2019 festhalten. Sie muss alles dafür tun, dass dieses Veto auf EU-Ebene nicht durch einen Verfahrenstrick der EU-Kommission (Mehrheitsentscheid statt Einstimmigkeit) ausgehebelt wird.