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Schramböck trampelt auf 1 Million Unterschriften gegen Klimakiller-Vertrag

Verhandlungs-Leaks zeigen: Austritt der EU-Staaten aus dem Energiecharta-Vertrag ist einzig sinnvolle Option

1 Million Unterschriften gegen den Klimakiller-Vertrag

Der kaum bekannte Energiecharta-Vertrag (ECT) ist eine mächtige Waffe der Öl-, Kohle- und Gaskonzerne, um die Energiewende und damit die EU-Klimaziele zu torpedieren. Wie Beispiele zeigen, nutzen Konzerne den Vertrag, um Staaten via Paralleljustiz für Klimaschutz-Gesetze abzustrafen, wenn diese ihre Profite bedrohen könnten. (1) 1.026.899 Menschen in Europa fordern daher den Ausstieg aus dem Vertrag. Während heute der ECT wieder hinter verschlossenen Türen Öffentlichkeit verhandelt wird, übergibt die Zivilgesellschaft symbolisch vor dem Wirtschaftsministerium die Forderung von mehr als einer Million Menschen aus dem undemokratischen und klimaschädlichen Vertrag so rasch wie möglich auszusteigen.

Seit Monaten verweigert die zuständige Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck einen Übergabetermin dieser mehr als 1 Million Unterschriften. Aus diesem Grund haben Attac, IG Windkraft und die Fridays for Future die Unterschriften heute Vormittag symbolisch vor dem Wirtschaftsministerium an Schramböck übergeben: „Heute wird wieder hinter verschlossen Türen über den Energiecharta-Vertrag verhandelt. Wirtschaftsministerin Schramböck hält dabei weiter an diesem Klimakiller-Vertrag fest und trampelt damit auf der Forderung von über einer Million Menschen herum“, kritisiert Iris Frey von Attac Österreich.

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Neue Leaks zeigen aussichtlose Reformversuche / Immer mehr EU-Regierungen für völligen Ausstieg

Neu veröffentlichte Leaks aus den seit 2017 andauernden Geheimverhandlungen zur Überarbeitung des Vertrags zeigen, dass die EU mit ihrem Vorhaben, den Vertrag in Einklang mit den EU-Klimazielen zu bringen, scheitern wird. Den EU-Vorschlag, umweltschädliche Investitionen schrittweise auszunehmen, lehnen alle anderen Vertragsparteien ab (2). Japan oder Kasachstan blockieren zudem jede Vertragsänderung – sogar jene, die nur EU-Staaten betreffen würde. Einer Überarbeitung müssten jedoch alle 55 Vertragsparteien zustimmen.

„Die Klimakrise lässt uns keine Zeit für sinnlose Verhandlungen. Der sofortige und wechselseitige Ausstieg möglichst vieler EU-Staaten ist die sicherste Möglichkeit, um sich gegen weitere Konzernklagen gegen die Energiewende zu schützen. Wirtschaftsministerin Schramböck muss im Interesse des Klimaschutzes endlich diese Option auf den Tisch legen“, fordert Frey.

Tatsächlich fordern auch immer mehr EU-Regierungen einen gemeinsamen Ausstieg der EU. Denn jeder einseitige Ausstieg lässt Klagen für weitere 20 Jahre zu – das zeigt das Beispiel Italiens, das trotz Austritt mit Klagen konfrontiert ist. Polen, Frankreich, Spanien, Griechenland, Lettland, Ungarn und Zypern fordern von der Kommission einen Plan für einen möglichen Austritt. Frankreich und Spanien sind für ein konkretes Ausstiegsdatum, falls es bei den aktuellen Verhandlungen keinen Durchbruch geben sollte. Die EU-Kommission hat darauf bislang jedoch nicht reagiert. Sie will die ECT-Geheimverhandlungen im Juni 2022 beenden – obwohl die Parlamente der Mitgliedsstaaten bislang in keiner Form eingebunden wurden.

Auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, die den ECT als EU-rechtswidrig einschätzt, wird in den aktuellen Verhandlungen nicht berücksichtigt. Und tatsächlich könnten Konzerne künftige Klagen trotz EuGH-Urteil in Drittstaaten durchsetzen, wie Völkerrechtler anmerken. Zudem werden schon jetzt Klagen vor dem Weltbank-Schiedsgericht ICSID in Washington verhandelt, welches das Urteil des EuGH ignoriert.

Hintergrund

Der Energiecharta-Vertrag (ECT) ist ein Investitionsabkommen, das bis 2020 von 53 Ländern ratifiziert wurde. Es dient ausschließlich dem Schutz ausländischer Investitionen in Energieprodukte und -infrastruktur wie Kohleminen, Ölfelder und Gaspipelines. Allein in Europa deckt der Vertrag fossile Infrastrukturen im Wert von 344,6 Milliarden Euro mit Sonderklagerechten ab.

Im Rahmen des ECT können ausländische Investoren die Vertragsstaaten verklagen, wenn sie der Meinung sind, dass diese Entscheidungen getroffen haben, die ihren Interessen schaden. Diese Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS) werden in der Regel vor privaten Schiedsgerichten ausgetragen, die sich aus von den Parteien beauftragten Privatanwälten zusammensetzen. Der ECT ist jenes Abkommen, auf dessen Basis bisher die meisten Klagen ausländischer Investoren gegen Staaten geführt wurden.

(1) Anfang dieses Jahres forderten die Energieunternehmen RWE und Uniper von der niederländischen Regierung Milliarden Euro wegen deren Entscheidung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung. Weitere Fälle finden Sie hier: 

(2) Selbst die von der EU vorgeschlagenen Änderungen würden bestehende fossile Investitionen bis weit in die 2030er Jahre, teilweise sogar bis 2040 schützen.