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TTIP: EU will Finanzregulierung aushebeln

Attac: Finanzregulierungen sind keine „Handelshemmnisse“

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac warnt vor einer weiteren Deregulierung der Finanzmärkte durch das geplante TTIP-Abkommen. Zudem könnten Klagerechte für Konzerne staatliche Rettungsmaßnahmen im Falle von Finanzkrisen bedrohen. „Die letzte Finanzkrise hat gezeigt, welch katastrophale Auswirkungen die Liberalisierung der Finanzmärkte hat. Doch statt endlich die bisher völlig unzureichende Regulierung voranzutreiben, verfolgt die EU in ihrem TTIP-Mandat genau gegenteilige Ziel. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass TTIP nicht zu reformieren ist und unbedingt verhindert werden muss“, erklärt Alexandra Strickner von Attac Österreich.

Zwtl.: TTIP: Regulierung unter Generalverdacht

Die EU Kommission drängt in den Verhandlungen darauf Finanzdienstleistungen und Finanzmarktregulierung in TTIP zu inkludieren. Ziel ist es den transatlantischen Markt für Finanzdienstleistungen weiter zu liberalisieren und damit „Handelshemmnisse“ abzubauen. (1) Demnach dürfe keine Finanzregulierung „belastender als nötig“ sein. (2) Markus Henn von Attac Deutschland: “Damit gerät jede Regulierung unter Generalverdacht. Dabei ist nahezu unmöglich die „Notwendigkeit“ einer Regulierung vorab zu „beweisen“. Gerade die Finanzkrise hat gezeigt, dass kaum vorherzusehen ist, wo genau im Finanzsektor die nächste Krise entsteht.“ Das einzige Kriterium für die Bewertung von Regulierungen müsse daher die Stabilität des Finanzsektors sein. Zudem sei es absurd Finanzregulierungen danach zu beurteilen, inwieweit sie ein transatlantisches „Handelshemmnis“ darstellten. Bestes Beispiel dafür seien die verbrieften US-Hypothekarkredite, welche Großbanken und ganze Volkswirtschaften in Europa und den USA in den Abgrund gerissen haben - Milliardenverluste für SteuerzahlerInnen inklusive.

Weiteres Ziel der EU-Kommission ist ein möglichst freier Marktzugang von Finanzunternehmen und die Zulassung "jeglicher neuer Finanzdienstleistung" (3). Henn: „Ob Aufsichtsbehörden ein Finanzprodukt vorbeugend verbieten können, wie jüngst in der EU beschlossen, wäre damit wohl fraglich. Weiters könnten davon auch Handelsbeschränkungen gegen Rohstoffspekulation („Positionslimits“), bis hin zum EU-Verbot von Leerverkäufen bei Staatsanleihen betroffen sein. Selbst eine Finanztransaktionssteuer könnte als unzulässig gewertet werden, weil sie den Kapitalverkehr beschränkt.“

Zwtl.: Regulatorische Kooperation würde Regulierung schon vorab torpedieren

Besondere Gefahr geht auch vom „Rat für regulatorischen Kooperation“ aus. Geht es nach den Willen der EU-Kommission sollen diesem Rat geplante EU-Gesetze gemeldet werden - lange bevor das EU-Parlament oder nationale Parlamente diese überhaupt zu Gesicht bekommen. „Europäische und amerikanische Banken könnten damit neue Regulierungspläne schon vor dem eigentlichen Gesetzgebungsprozess torpedieren. Dies würde - im besten Fall - eine Verzögerung neuer Finanzreformen bedeuten“, kritisiert Henn.  Auch beschlossene Gesetze will die EU aushebeln: Die USA sollen EU-Gesetze - etwa beim Eigenkapital - als gleichwertig anerkennen, obwohl sie es teils nicht sind. Die US-Regierung wehrt sich dagegen, da sie ihre Regulierung in Gefahr sieht.

Zwtl.: Gefahr von Konzernklagen in Finanzkrisen besonders stark

Der geplante Investitionsschutz (ISDS) gefährdet staatliche Schutzmaßnahmen infolge von Finanzkrisen. Pia Eberhardt von Corporate Europe Observatory: „Die Gefahr einer Konzernklage ist bei Maßnahmen gegen Finanzkrisen besonders stark. Der Finanzsektor entdeckt das Instrument gerade für sich. Kanzleien werben für entsprechende Klagen. Schon jetzt laufen oder liefen Verfahren gegen Griechenland, Belgien, Zypern oder Argentinien wegen Schuldenschnitten, Währungsabwertungen oder Verstaatlichungen von Banken als Folge der Finanzkrise.“ (4) Mit TTIP würde aufgrund der massiven Investitionsströme das Klagerisiko noch einmal massiv ansteigen.“

Zwtl.: TTIP als Lobbyprojekt von Europäischem Bankenverband und Wall Street

Das Finanzdienstleistungen überhaupt in TTIP verhandelt werden sollen, ist vor allem der aggressiven Lobbyarbeit der Finanzwirtschaft auf beiden des Atlantiks zu verdanken. Besonders im Fokus der Finanzkonzerne sind dabei die US-Regeln zur Abtrennung von spekulativen Bankgeschäften vom Kundengeschäft („Volcker-Regel“). So spiegelt die Position der EU-Kommission zur „Regulatorischen Kooperation“ für den Lobbyverband der Londoner Finanzbranche "TheCityUK" „so direkt die eigene Position wieder, dass man meinen könne, es sei direkt aus der Broschüre von TheCityUK zu TTIP entnommen“. Die Deutsche Bankenbranche hat selbst dargestellt, dass sie über das Abkommen US-Vorgaben beseitigen will, die verhindern sollen, dass Banken „zu groß zum Scheitern“ sind. (5)

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(1)    Das EU-Verhandlungsmandat für TTIP vom 17. Juni 2013 erwähnt Finanzdienstleistungen als zentralen Sektor. De EU-Vertragsentwurf für TTIP vom 2. Juli 2013 hat Kapitel zu Finanzdienstleistungen, dazu zählen die Geschäfte von Banken, Fonds, Börsen, Versicherungen. Die US-Regierung weigert sich bisher, über Finanzmarkt-Regulierung zu verhandeln, da sie eine Schwächung ihrer Regulierung befürchtet. Diese gibt den US-Behörden nämlich die Möglichkeit, auch ausländische Tochterfirmen von US-Banken zu regulieren, denn diese hatten in der Finanzkrise den Ruin einiger US-Banken herbeigeführt.

(2)    Art. 52 des Entwurfs vom 2. Juli 2013, bit.ly/1AHltU4



(3)    „Each Party shall permit a financial service supplier of the other Party to provide any new financial service. A Party may determine the juridical form through which the service may be provided and may require authorisation for the provision of the service. Where such authorisation is required, a decision shall be made within a reasonable time and the authorisation may only be refused for prudential reasons.“

(4)    Details siehe: WEED-Infoblatt: Investor-Staat-Schiedsverfahren und Finanzmärkte: bit.ly/1lA4bvs



(5)    ThCityUK siehe: bit.ly/1K5Tgbq

Deutsche Bankenbranche siehe: bit.ly/1FRlFPv



"As regulators and banking associations from the EU, Germany as well as other countries have stated, the October 2011 Volcker Rule implementation proposal is much too extraterritorially burdensome for non - US banks and discriminates against issuance of non-US government bonds.