Beim EU-Gipfeltreffen vergangene Woche konnten sich die Staats- und Regierungschefs nicht auf die Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel einigen. Insbesondere Österreich und Deutschland lehnten den Schritt entschieden ab und blockieren die Entscheidung. Als Teil der European Trade Justice Coalition fordern wir die sofortige Aussetzung des Abkommens sowie einen Stopp des Handels mit Israel.
Das Statement der European Trade Justice Coalition und die Begründung in voller Länge:
Aufruf zur sofortigen Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel und zum Stopp des Handels mit Israel
Wir, die European Trade Justice Coalition, fordern die Europäische Union (Israels größte Handelspartnerin) und ihre Mitgliedstaaten auf, das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel sofort auszusetzen, den gesamten Handel mit Waren und Dienstleistungen mit Israel auszusetzen. Wir fordern die EU auf Sanktionen gegen Israel zu verhängen - als Teil der rechtlichen Verpflichtungen der EU - und alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um den anhaltenden Genozid in Gaza und die Aufrechterhaltung der illegalen Besetzung Palästinas durch Israel zu verhindern.
Die Verpflichtung der EU und ihrer Mitgliedstaaten, den Handel mit Israel auszusetzen, ergibt sich aus einer Reihe von Verträgen und Bestimmungen des Völkerrechts, einschließlich eines Urteils des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 2024. Dieses besagt, dass Drittstaaten und Institutionen rechtlich verpflichtet sind, die durch rechtswidrige Besetzung entstandene Situation nicht anzuerkennen, zu unterstützen oder zu fördern. Alle EU-Mitgliedstaaten haben die UN-Völkermordkonvention ratifiziert oder sind ihr beigetreten. Sie sind rechtlich verpflichtet, alle ihnen zur Verfügung stehenden rechtmäßigen Mittel einzusetzen, um Israel dazu zu bewegen, Handlungen, die gegen die Völkermordkonvention verstoßen, zu unterlassen - einschließlich der Vorenthaltung, Kürzung oder Aussetzung jeglicher Form von Unterstützung oder der Aussetzung oder Überprüfung von Handelsverhandlungen und -abkommen.
Das im Jahr 2000 in Kraft getretene Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel enthält eine Menschenrechtsklausel (Artikel 2), in der es heißt, dass die Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze ein „wesentliches Element“ ist und dass das Abkommen von der Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze durch die Vertragsparteien abhängig gemacht wird.
Doch trotz jahrzehntelanger systematischer Verstöße gegen das Völkerrecht - einschließlich der illegalen Besetzung palästinensischer Gebiete, des Ausbaus von Siedlungen, der Zwangsumsiedlung und der Verweigerung des palästinensischen Rechts auf Selbstbestimmung - und trotz des anhaltenden Völkermords im Gazastreifen, bei dem mehr als 54.000 Menschen getötet wurden, viele weitere vermisst sind und die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens von einer extremen Hungersnot bedroht ist, genießt Israel weiterhin präferenzielle Handelsbeziehungen mit der EU, Israels größter Handelspartnerin.
Die fortgesetzte handelspolitische Zusammenarbeit der EU mit Israel legitimiert nicht nur schwerwiegende Verstöße gegen das Völkerrecht, sondern birgt auch die Gefahr, dass sich die Union mitschuldig macht. UN-Expert*innen erklärten im September 2024, die Staaten müssten „die wirtschaftlichen Beziehungen, Handelsabkommen und akademischen Beziehungen zu Israel beenden oder aussetzen, die zu seiner unrechtmäßigen Präsenz und seinem Apartheidregime in den besetzten palästinensischen Gebieten beitragen könnten.“
Trotzdem hat es die EU nicht nur versäumt, das Abkommen auszusetzen, sondern gewährt Israel auch weiterhin bevorzugten Zugang zu den europäischen Märkten und zu EU-finanzierten Programmen (wie z. B. Horizon Europe). Diese Formen der Zusammenarbeit dienen dazu, Israels Straffreiheit zu stärken und seine anhaltenden Verstöße, einschließlich des Genozids in Gaza, zu ermöglichen. Die EU ist die größte Handelspartnerin Israels (auf sie entfallen30 % des gesamten Handels). Eine Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel hätte erhebliche Auswirkungen auf die israelische Wirtschaft, weshalb die EU eine erhöhte Verantwortung hat, ihre Position zu nutzen, um das Verhalten Israels zu beeinflussen.
Die jüngste Initiative mehrerer EU-Mitgliedstaaten zur Überprüfung des Assoziierungsabkommens - ohne Verpflichtung zur Aussetzung - kommt viel zu spät. Eine Überprüfung, die keine greifbaren Konsequenzen nach sich zieht, wäre ein weiteres Ablenkungsmanöver, das es Israel erlaubt, wie gewohnt weiterzumachen, während es weiterhin Kriegsverbrechen begeht.
Wir fordern daher:
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die sofortige Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel gemäß Artikel 2 und Artikel 60 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge sowie die Aussetzung aller Handels- und Bankbeziehungen;
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ein EU-weites Embargo für Waffen und Militärtechnologie sowie für den Transfer und die Durchfuhr von Material mit doppeltem Verwendungszweck nach Israel, in Übereinstimmung mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Waffenexporten und dem Vertrag über den Waffenhandel;
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Einstellung jeglichen Handels und jeglicher Zusammenarbeit - auch in den Bereichen Forschung (einschließlich der Teilnahme an Horizon Europe), Technologie und Sicherheit -, die zur Aufrechterhaltung der illegalen Besetzung und des Apartheidregimes Israels beitragen;
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Mechanismen zur Rechenschaftslegung für EU-Mitgliedstaaten und Institutionen, die ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen;
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Aussetzung von und Ausschluss von kulturellen, akademischen und sportlichen Veranstaltungen.
Wenn die EU nicht handelt, stellt sie sich auf die falsche Seite der Geschichte und macht sich mitschuldig an Kriegsverbrechen. Worte reichen nicht länger aus. Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen.
Wir fordern die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, von der Rhetorik zur Tat überzugehen. Das Abkommen jetzt aussetzen! Den Handel mit Apartheid stoppen! Jetzt handeln!
Das Original-Statement der European Trade Justice Coalition in englischer Sprache: https://europeantradejustice.org/suspend-the-eu-israel-association-agreement-and-stop-trade-with-israel/
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