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EU-Kommission will Österreichs Veto bei EU-Mercosur aushebeln

Breite Kritik aus Europa und Lateinamerika an Aufteilung von Handelsabkommen

Die EU-Kommission will den Widerstand Österreichs und anderer EU-Staaten gegen das Handelsabkommen EU-Mercosur aushebeln. Sie plant, das Abkommen in ein politisches und ein wirtschaftliches Kapitel zu teilen (“Splitting”). Der wirtschaftliche Teil soll dabei möglichst rasch ohne Mitsprache der nationalen Parlamente beschlossen werden können - dafür sollen bereits eine qualifizierte Mehrheit im EU-Rat und eine einfache Mehrheit im EU-Parlament genügen. Auch bei den Abkommen EU-Mexiko und EU-Chile will die EU-Kommission so vorgehen.

Demokratische Mitsprache der Parlamente sicherstellen

Diesen Freitag, 25.11., findet das erste Treffen der EU-Handelsminister*innen seit der Wahl in Brasilien statt. Aus diesem Anlass fordern 200 Organisationen aus der EU und Lateinamerika die demokratische Mitsprache ihrer Parlamente sicherzustellen und die Aufteilung der Abkommen zu verhindern. Denn seit der Wahl Lulas in Brasilien verstärken Befürworter*innen des Mercosur-Abkommens den Druck. Das “Splitting” von Abkommen ist dabei eine intransparente und undemokratische Vorgangsweise, die einzig darauf abzielt, den Widerstand von EU-Mitgliedsländern auszuhebeln.

Österreichs Veto wäre zu wenig

Die österreichische Plattform Anders Handeln fordert dabei insbesondere Wirtschaftsminister Martin Kocher auf, sich klar gegen dieses Vorhaben zu positionieren. “Das österreichische Parlament hat die Regierung an ein Nein zum Mercosur-Abkommen gebunden. Doch mit den veränderten Abstimmungsregeln wäre dieses Veto im Handels-Minister*innen Rat zu wenig. Wirtschaftsminister Kocher darf daher nicht zulassen, dass das berechtigte Nein des Parlaments durch einen Verfahrenstrick außer Kraft gesetzt wird”, betont die Plattform Anders Handeln.

Negative Folgen für Menschenrechte, Arbeitnehmer*innenrechte, Klimaschutz

Laut einer juristischen Analyse hätte die Abspaltung des wirtschaftlichen Teils des EU-Mercosur Abkommens schwerwiegende negative Folgen für die ohnehin unzureichende Durchsetzbarkeit von Menschenrechten, Arbeitnehmer*innenrechten und Klimaschutz, kritisiert Anders Handeln.

"Klimaschutz und Menschenrechte müssen in allen politischen Entscheidungen verankert werden, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Dafür braucht es eine radikale Kehrtwende in der Handelspolitik. Doch für die EU-Kommission sind Klimaschutz und Menschenrechte weiter nachrangig, wenn es um die Export- und Profitinteressen großer EU-Konzerne geht”, kritisiert die Plattform Anders Handeln.

Die Plattform Anders Handeln wurde initiiert von Attac, GLOBAL 2000, Südwind, den Gewerkschaften PRO-GE, vida und younion _ Die Daseinsgewerkschaft, der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung sowie der ÖBV-Via Campesina Austria und wird von rund 50 weiteren Organisationen unterstützt.

Hintergrund: EU-Mercosur: Ein Frontalangriff auf Klimaschutz, Artenvielfalt und Menschenrechte

Das EU-Mercosur-Abkommen soll der südamerikanischen Agrar- und Rindfleischindustrie mehr Exporte in die EU ermöglichen - im Austausch für Handelserleichterungen für die europäische Industrie, allen voran die deutsche Autoindustrie. Mehr Rindfleisch- und Sojaimporte in die EU bedeuten mehr Abholzung des Regenwaldes, mehr CO₂-Ausstoß, mehr Vertreibungen von Kleinbäuer*innen und Indigenen sowie weniger Artenvielfalt und laxere Lebensmittelkontrollen. Auch der Handel mit klimaschädlichen Agrartreibstoffen soll erleichtert werden.

In der EU wiederum würde das Abkommen den Druck auf kleinbäuerliche Landwirtschaft, Produktionsstandards und Tierschutz weiter erhöhen und die Industrialisierung der Landwirtschaft noch stärker vorantreiben.