Modul II -5 Rechtliches zu Aktionen (Schritt 5)

"Recht ist der Wille zur Gerechtigkeit." - Gustav Radbruch

Rechtliches zu eurer Aktion klären

Wenn ihr eine Aktion plant, ist es stets wichtig, vorab die rechtlichen Aspekte abzuklären: wenn ihr einen Infostand oder eine Demonstration in eurer Gegend plant, macht es einen großen Unterschied, ob ihr wisst, dass man diese Aktionen anmelden muss, so dass sie durch das Recht auf Versammlung geschützt sind und die Polizei die Aufgabe hat, eure Aktion zu ermöglichen – oder ob ihr als unangemeldet Versammlung von der Polizei aufgelöst werdet, und eventuell sogar eine Anzeige erhaltet 😉! Es zahlt sich aus, sich ein bisschen einzulesen…

Prinzipiell gilt: Das Rechtssystem gibt es, um unsere Freiheit und Sicherheit zu schützen. Die Grundlage bilden die Menschenrechte: Grundrechte wie Leben, Freiheit und Gleichheit sichern unsere Würde. Verankert sind diese in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Für Aktivist*innen hilft hier z.B. das Grundrecht auf Meinungsäußerung, um Missstände rechtlich geschützt aufzeigen zu können.

Als nächste Ebene gibt es die nationale Verfassung: hier legt der Staat Österreich fest, wie er funktioniert und garantiert unsere Rechte. Die nächste Ebene sind die Gesetze, die sich in unterschiedlichen Themen gliedern und konkret ausgestaltend sind, um Willkür zu verhindern.

Für Aktionen sind vor allem Verwaltungsrecht, Strafrecht und Zivilrecht relevant:

  1. Die Verwaltungsbehörden werden bei Übertretung von Verwaltungsgesetzen aktiv. Wegen falsch parken, bei Rot über die Ampel fahren, der Verwendung von Verkehrsflächen für dafür nicht vorhergesehene Zwecke, des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, des Verstoßes gegen Verordnungen über die rechtzeitige Anmeldung von Veranstaltungen, wegen Verstoßes gegen einen Räumungsbefehl der Polizei etc. Verwaltungsstrafen werden (für österreichische Staatsbürger*innen) nirgends vermerkt und ziehen „nur“ Geldstrafen nach sich. Achtung: Für Menschen, die die Staatsbürgerschaft beantragen wollen, werden Verwaltungsstrafen hinderlich – also falsch Parken kann dazu führen, später Österreicher*in zu werden.
  2. Das Zivilrecht (auch Privatrecht) regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Privatpersonen, z. B. in Verträgen, Schadenersatz oder Familienangelegenheiten. Für Aktivist*innen relevant kann z.B die Besitzstörungsklage werden. Sie richtet sich auf die reine Feststellung der Störung des Besitzes, die Wiederherstellung des letzten ruhigen Besitzes vor der Störung und die Untersagung weiterer Störungen. Bei Störung des Besitzes kann die Eigentümer*in die störende Person innerhalb der nächsten 30 Tage anklagen. (Strafen müssen allerdings nicht unbedingt mit Geld verbunden sein, Mensch kann theoretisch auch eine Unterlassungsklage bekommen, allerdings wird Mensch im Falle des Verlierens eines Gerichtsprozesses die Verfahrenskosten und Anwaltskosten des/der Gegner*in übernehmen müssen.)
  3. Fällt ein Tatbestand unter das Strafrecht ist bei einer Verurteilung mit einer Geld- oder Haftstrafe zu rechnen. Außerdem kann bei einer Straftat ein Eintrag in das Strafregister drohen, die im schlimmsten Fall erst nach 15 Jahren getilgt wird

Das bedeutet konkret, dass man vor jeder Aktion über rechtliche Aspekte nachdenken sollte – und dass man auf der sicheren Seite sein möchte, die vorhandenen Rechts auszunutzen und gleichzeitig stets vermeiden sollte, mit dem Strafrecht in Konflikt zu kommen. Aja: Im Strafrecht gibt es auch immer die versuchte Straftat, die genauso strafbar ist (also z.B. versuchte Körperverletzung, versuchte Nötigung, versuchter Widerstand), ohne dass je „etwas passiert“ sein muss.

Folgendes fällt unter Strafrecht:

  • Nötigung: wenn Mensch aktiv andere von Tätigkeiten abhält, d.h. mit Einsatz von Körperkraft. Passiver Widerstand wiederum ist keine Nötigung, die Handlung muss aktiv/aggressiv/gefährdend/ gewalttätig sein. Tragen von Waffen (z.B. Eisenstangen) kann zur Nötigung zählen sowie Körperverletzung.
  • Verletzung von Vermögen: kann auch bei verbaler Drohung verhängt werden. Wenn Mensch z.B. droht “Ich bringe euch in die Insolvenz”, “Ich werde eure Bagger zerstören”,...
  • Gefährliche Drohung: Mensch in Furcht oder Unruhe versetzen, z.B. “Ich bringe dich um”. Zu diesem Punkt ist anzumerken, dass Mensch sich bewusst sein muss über seine Handlung, dass Mensch vorsätzlich gehandelt hat. D.h. Mensch muss alles “wissen und wollen”.
  • Sachbeschädigung: Beschädigung von Eigentum anderer. Die Beschädigung muss dauerhaft sein/aufwendig zu entfernen (Sprayen wäre z.B. Sachbeschädigung. Stickern oder Sprühkreide fällt eher nicht darunter! Wichtig ist allerdings immer, dass sich die angewendeten Materialien auch rückstandslos entfernen lassen). Schwere Sachbeschädigung ab einem Sachschaden über € 5.000,- .
  • Körperverletzung: die Verletzung muss sichtbar sein (Hämatome, Wunden, etc.). Leichte Kratzer von Misshandlungen wiederum, die nach einigen Minuten verschwunden sind würden nicht zählen.
  • Schwere Körperverletzung: Wichtig zu den Punkten Körperverletzung: wird Mensch selbst angegriffen, darf man sich selbst verteidigen (Notwehr), d.h. man darf Gewalt (verhältnismäßig) anwenden, um die andere Person davon abzuhalten einem selbst oder einer anderen Person (Nothilfe) Leid zuzufügen. Wichtig hierbei: nur so viel Gewalt um die Gefahr abzuwehren. Vorsicht: Bei Polizist*innen zählt selbst der leichteste Kratzer als schwere Körperverletzung!
  • Widerstand gegen die Staatsgewalt: wenn Mensch sich aktiv gegen die Polizei wehrt, d.h. losreißen, wegstoßen, zurückschlagen (aktiver Widerstand). Wenn Mensch wiederum z.B. bei Sitzblockaden andere Personen festhält oder sich selbst wo festhält, wäre das passiver Widerstand, kein Widerstand gegen die Staatsgewalt, allerdings muss Mensch hier aufpassen, sich nicht loszureißen, etc. Handlungen können schnell “falsch” von der Polizei gedeutet werden!
  • Hausfriedensbruch: Erzwungener Eintritt in eine Wohnstätte eines anderen mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr) Wer auf diese Weise in ein Haus, eine Wohnstätte, einen abgeschlossenen Raum, der zum öffentlichen Dienst bestimmt ist oder zur Ausübung eines Berufes oder Gewerbes dient, oder in einen unmittelbar zu einem Haus gehörenden umfriedeten Raum eindringt und gegen dort befindliche Personen oder Sachen Gewalt ausübt, eine Waffe bei sich trägt, oder mehrere Personen dadurch einlasst kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe belangt werden.
  • Landfriedensbruch: Wurde geändert in: Schwere gemeinschaftliche Gewalt. Wissentliche Zusammenkunft vieler Menschen, die durch ihre vereinten Kräfte einen Mord, einen Totschlag, eine Körperverletzung oder eine schwere Sachbeschädigung begehen. Anführende und leitende Personen werden härter bestraft. Wer sich freiwillig aus der Zusammenkunft zurückzieht oder sich ernstlich zurückzuziehen versucht, bevor sie zu einer Gewaltanwendung geführt hat, wird nicht bestraft.

Konkrete Aktionen rechtlich beleuchtet

Wichtig: Untenstehende Informationen dienen dazu, dass ihr ganz allgemein eine Idee bekommt, welche rechtlichen Konsequenzen einzelne Protestformen nach sich ziehen können. Es ist aber wichtig, dass ihr – wenn ihr konkrete Aktionen plant – euch informiert, was die jeweilige Aktion für rechtliche Konsequenzen haben kann. Ihr könnt euch diesbezüglich natürlich an uns wenden und wir können euch über unsere Kooperation mit dem Kollektiv „Grad Rechts“ auch an Jurist*innen Anwält:innen vermitteln, die mehr Expertise haben und euch helfen, die Risiken einer Aktion einzuordnen.

Vor allem, wenn es um zivilen Ungehorsam geht ist es sehr schwierig, generelle Aussagen zu treffen, welche Protestformen welche Konsequenzen haben können. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Es ist ohnehin schwierig, im Vorhinein Aussagen zu treffen, wie die Behörden und Gerichte reagieren. Ohne die Details einer geplanten Aktion zu kennen, ist es aber fast unmöglich, zuverlässige Informationen zu möglichen rechtlichen Konsequenzen zu geben. Und natürlich: Es werden auch nicht alle Rechtsfolgen, die unter Umständen denkbar sind, eintreten und je nach Ausgestaltung der jeweiligen Aktion kann es auch sein, dass diese gar keine rechtlichen Konsequenzen hat.

Als Beispiel: Die Klebeaktionen der Letzten Generationen hatten grundsätzlich keine strafrechtlichen Konsequenzen, wie dann allerdings einige Aktivist:innen Sand in den Kleber gemischt haben, wurden strafrechtliche Ermittlungen wegen schwerer Sachbeschädigung (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren) eingeleitet. (Das heißt natürlich noch nicht, dass die Ermittlungen auch zu einer Verurteilung führen.)

Wir haben euch nun einfach einige Rechtsinfos als Basis hier aufgelistet, geordnet nach verschiedenen Aktionsformen. Das dient nur als Grundlage - bei konkreten Plänen, erkundigt euch bitte direkt bei uns oder beim Kollektiv Grad Recht.

Nun folgen die rechtlichen Einschätzungen zu verschiedenen ausgewählten Aktionsformaten. Wenn ihr diese durchlesen wollt, scrollt gerne weiter - sonst könnt ihr direkt hier weiter zum letzten Teil des Moduls.

Attac Österreich kooperiert mit dem Kollektiv Grad Recht. Dieses besteht aus (Jus)Studierenden und Jurist*innen und bietet kostenlose Rechtsberatung für Aktivist*innen an.

a) Versammlungen & Veranstaltungen (auch z.B. Infostand/Musik/Straßenkreide/Flyern) im öffentlichen Raum

Grundlagen: Versammlungsrecht ist unveräußerliches Grundrecht. Eine Versammlung muss daher theoretisch nicht "genehmigt" werden: sie ist von vornherein "genehmigt". Sie kann nur aus wenigen, ganz bestimmten (!) Gründen "untersagt" werden. Die Anzeige einer Versammlung (nach Versammlungsgesetz und gegebenenfalls StVO) dient daher dazu, daß die Polizei das Recht auf (friedliche) Versammlung schützen kann. Gleichzeitig ist es für die Organisatoren ein starker rechtlicher Schutz, den verschiedene Jurist*innen uns jedenfalls stark empfehlen um rechtlich wenig angeifbar zu sein.

Rechtliches: Alles ab 2 Personen gilt als Veranstaltung. Die Veranstaltung muss spätestens 48h, idealer 7 Tage vorher angemeldet werden. Sonst ist es als nicht angemeldete Veranstaltung/Kundgebung auch leichter strafbar. Schlau ist es, wenn man eine versammlungsleitende Person (hat Polizeikontakt) vorher einteilt. Bei einer Demo braucht es ausserdem jedenfalls auch: Ordner*innen für die Demo, die den Weg kennen, bisschen geschult sind und Konakt zur Versammlungsleitungsperson haben und Warnweste tragen (gibt es im Attac Büro).

Kontakt mit der Polizei:

  • Wenn die Veranstaltung angemeldet wurde ist es rechtlich dann so, dass die Polizei vor Ort die Aufgabe hat, die Teilnehmenden/Demonstrierenden zu schützen und den Weg freizumachen. (Wenn man Zetteln verteilen als Veranstaltung anmeldet, kann man vor Ort freundlich sagen, dass man die Polizei nicht braucht vor Ort, dann gehen sie meist wieder und sparen Zeit ;))
  • Die Polizei hält dich nur an, wenn du keinen Ausweiß vorweist ODER etwas Schwerwiegendes vorfällt. Wenn man nicht mitgenommen/angehalten werden will: Ausweis herzeigen und sonst freundlich sagen: „Ich verweigere die Aussage“ in Dauerschleife.
  • Achtung Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft - hier sind mehr Konsequenzen möglich, z.B. die spätere/Nicht-Verleihung der österreischen Staatsbürgerschaft.
  • Wenn nicht angemeldet wurde: Empfehlung proaktiv auf die Polizei zuzugehen, freundlich zu sagen: „Wir wollten anmelden, es war zu spontan, wir machen nichts Menschenrechtswidriges.“  Dann liegt es im Ermessen der Polizei. (Finanzielles Ausmaß: im Frühjarh 2024 z.B. 400 Euro Strafe pro teilnehmender Person bei einer solchen Aktion; wobei hier der Polizei kein Veranstaltungsleitender genannt wurde. Sonst zahlt nur die eine Veranstaltungsleitende Person die 400 Euro. Das kann man auch im Nachhinein noch so erkämpfen rechtlich dann.)

b) Plakate kleben (auf Hauswände)

Strafrecht

  • Plakatieren mit Kleister (oder anderem Klebstoff) ist prinzipiell Sachbeschädigung, und zwar auch, wenn man die Plakate mit etwas Aufwand soweit ablösen könnte, dass keine Rückstände mehr sichtbar sind. § 125 StGB lautet: Wer eine fremde Sache zerstört, beschädigt, verunstaltet oder unbrauchbar macht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Hier ist vor allem das Wort "verunstalten" wichtig. Dazu gibt es auch zwei Rechtssätze vom OGH (Oberster Gerichtshof):
    • Eine Sache wird verunstaltet, wenn ihre äußere Erscheinung verändert wird, ohne daß ihre Brauchbarkeit eine Beeinträchtigung erfährt. Hierin muß insoweit ein Eingriff in die Substanz liegen, als die Sache in schwer reversibler Weise umgeformt oder verändert wird, wodurch Interessen des Berechtigten beeinträchtigt werden. Das Beschmutzen einer Sache (insbesondere das Bekritzeln oder Beschmieren einer Wand) kann danach unter Umständen ein Verunstalten darstellen. (12Os43/84; 12Os127/88)
    • Auch bei Verunstalten im Sinne des § 125 StGB ist eine schwer reversible Veränderung oder Umformierung der Sache erforderlich, durch die Interessen des Berechtigten beeinträchtigt werden; dies trifft nicht zu, wenn eine Fensterscheibe mit einem rohen Ei beworfen wird, das dabei zerbricht und deshalb eine Beschmutzung verursacht, die rasch und ohne ins Gewicht fallenden Aufwand beseitigt werden kann. (11Os28/82; 12Os43/84; 12Os127/88) Wie sehr eine Plakatier-Methode diese Bedingungen erfüllt, müsst ihr selbst beurteilen.
  • Wenn die Plakate an Stellen angebracht werden, an denen sie die öffentliche Sicherheit stark beeinträchtigen (zB Überkleben von essentiellen Warnhinweisen), kann das natürlich auch strafrechtliche Konsequenzen haben (§ 89 StGB - Gefährdung der körperlichen Sicherheit).

Zivilrecht

  • Die Aktion könnte zu Besitzstörungsklagen führen, das kann Kosten verursachen.
  • Werden etwa andere Werbeplakate oder Schaufensterläden überklebt und erzielt ein Unternehmen dadurch nachweislich weniger Gewinn, kann das Unternehmen wegen Schadenersatz klagen. Die Hürde dafür ist aber recht groß. Werden die Plakate auf Privatgrund angebracht, können die Kosten zum Entfernen der Plakate auch eingeklagt werden.
  • Wenn geistiges Eigentum anderer verwendet wird (z.B. Fotografien, Bilder, Logos, etc.), kann das zivilrechtliche Klagen nach sich ziehen.

Verwaltungsrecht

  • Eine solche Aktion wäre wohl ein Verstoß gegen § 1 der Plakatierverordnung (Verordnung der Bundespolizeidirektion Wien vom 31. Jänner 1983, betreffend das Anschlagen von Druckwerken an öffentlichen Orten), der Geldstrafen bis zu 2180 Euro nachziehen kann (§ 2 Plakatierverordnung in Verbindung mit § 49 Mediengesetz) – auch in anderen Gemeinden gibt es solche Verordnungen, die auf Grundlage des § 48 Mediengesetz erlassen worden sind.
  • Es könnte argumentiert werden, dass es hier zu einer Störung der öffentlichen Ordnung nach § 81 SPG kommt.
  • Es zu beachten, dass die Polizei nach dem Sicherheitspolizeigesetz und Verwaltungsstrafgesetz bestimmte Befugnisse ausüben darf und z.B. verlangen kann, dass sich die betreffende Person ausweist, Sachen sicherstellen darf (wie Stifte, Kleber, usw.) und die Person unter Umständen anhalten oder festnehmen könnte (siehe auch bereits oben).

c) AdBusting

Adbusting ist ein subversiver Akt, bei dem man, bewaffnet mit einem speziellen Schlüssel, die leuchtenden Werbungs-Kästen z.B. an den Haltestellen des öffentlichen Verkehrs öffnet. Was folgt, ist ein zartes, aber entschlossenes Eingreifen in die Landschaft der Werbung: Die Plakate, die dort prangen, werden eingerollt und im Kasten belassen, während ein neues, selbst gestaltetes Plakat Platz findet.

Strafrecht

  • Wenn Plakate zerstört, beschädigt oder verunstaltet (z.B. übermalt oder überklebt) werden, könnte das als Sachbeschädigung qualifiziert werden. (siehe Näheres auch bei Plakate auf Hauswände kleben)
  • Wenn Plakate weggenommen werden, könnte das als Diebstahl klassifiziert werden. Achtung: Werden Plakate entfernt, die hinter einer Glaswand versperrt sind (z.B. mit einem nachgemachten Schlüssel) kann das als Einbruchsdiebstahl (bzw. schwerer Diebstahl) eingeordnet werden, der mit höheren Strafen bedroht ist.

Zivilrecht

  • Die Kästen und Plakate gehören oft z.B. der Firma Gewista. Solange der Kasten nicht beschädigt wird und die Plakate nicht entwendet oder zerstört werden, besteht die Möglichkeit einer Unterlassungsklage, die als zivilrechtliche Maßnahme von Gewista eingeleitet werden könnte.
  • Die Aktion könnte zu Besitzstörungsklagen führen, das kann Kosten verursachen.
  • Werden etwa andere Werbeplakate oder Schaufensterläden überklebt und erzielt ein Unternehmen dadurch nachweislich weniger Gewinn, kann das Unternehmen wegen Schadenersatz klagen. Die Hürde dafür ist aber recht groß. Werden die Plakate auf Privatgrund angebracht, können die Kosten zum Entfernen der Plakate auch eingeklagt werden.
  • Urheberrechtliche Unterlassungsansprüche könnten geltend gemacht werden, was wiederum Kosten verursachen könnte. Die Aktion könnte aber als parodistische freie Bearbeitung und durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt sein.

Verwaltungsrecht

  • Es könnte argumentiert werden, dass es hier zu einer Störung der öffentlichen Ordnung nach § 81 SPG kommt. Der Vorwurf, dass die öffentliche Ordnung durch eine Protestaktion gestört wurde, ist allgemein ein Risiko, das fast alle der hier besprochenen Protestformen betrifft. Handelt es sich um eine Versammlung (z.B. bei Sit-Ins oder Teach-Ins) widerspricht das aber regelmäßig der Versammlungsfreiheit.
  • Es zu beachten, dass die Polizei nach dem Sicherheitspolizeigesetz und Verwaltungsstrafgesetz bestimmte Befugnisse ausüben darf und z.B. verlangen kann, dass sich die betreffende Person ausweist, Sachen sicherstellen darf (wie Stifte, Kleber, usw.) und die Person unter Umständen anhalten oder festnehmen könnte. Auch das gilt für die hier besprochenen Protestformen grundsätzlich im Allgemeinen (aber in unterschiedlichem Maße), sobald strafbare Handlungen gesetzt werden (auch wenn es nicht ins Strafrecht fällt, sondern es sich um Verwaltungsübertretungen handelt). Gegen unrechtmäßiges Polizeihandeln kann man sich im Nachhinein beschweren, indem man eine Maßnahmenbeschwerde erhebt (die aber mit einem Kostenrisiko verbunden ist).

Wie teuer kann Adbusting werden? Strafrechtlich könnte eine Geldstrafe verhängt werden, die sich an den Tagessätzen des jeweiligen Einkommens orientiert. Eine Strafe von bis zu 360 Tagessätzen ist möglich. Sollte jedoch der Vorwurf des Diebstahls hinzukommen, könnte dies zu einer Freiheitsstrafe führen. Im zivilrechtlichen Bereich wären, wie bereits angedeutet, Ansprüche auf Besitzstörung oder Schadenersatz möglich, deren Höhe schwer abzuschätzen ist. In der Regel bewegen sich diese Beträge im dreistelligen bis niedrigen vierstelligen Bereich – je nachdem, wie der Fall bewertet wird und ob der Schaden nachweislich entstanden ist.

d) Banner Drop

Beim Banner-Drop klettern Aktivist*innen auf Baugerüste oder Gebäude, um ein Banner an der Fassade eines Gebäudes zu entrollen – ein eindrucksvolles visuelles Statement, das oft große Aufmerksamkeit erregt.

  • Wird das Gerüst oder Gebäude ohne die Erzeugung von Sachschäden bestiegen – also ohne dass Schlösser aufgebrochen, Türen geknackt oder andere Zerstörungen verursacht werden – und bleibt das Gebäude/Gerüst selbst ohne Schaden (wie etwa keine Abbröckeln der Fassade oder Gaffa-Rückstände, die sich nicht mehr entfernen lassen), hat der Eigentümer in der Regel nur die Möglichkeit, eine Besitzstörungsklage einzureichen. Dies bedeutet, dass er das unangemessene Eindringen in sein Eigentum anfechten kann, ohne dass es zu schwerwiegenderen rechtlichen Folgen kommt. Die Konsequenzen einer solchen Klage können Geldstrafen oder auch die Forderung nach einer Unterlassungserklärung sein, in der der Aktivist oder die Aktivistin sich verpflichtet, in Zukunft keine derartigen Aktionen mehr durchzuführen. Diese rechtlichen Schritte sind oft eine formelle Reaktion auf das Eindringen in den privaten Raum und das Aufhängen von Bannern, aber sie sind in der Regel zivilrechtlicher Natur und nicht mit strafrechtlichen Sanktionen verbunden.
  • Sollte bei der Aktion jedoch Sachschaden entstehen – etwa durch das Zerstören von Teilen der Fassade oder das Beschädigen von Baugerüst oder Gebäude – würde dies den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllen und unter das Strafrecht fallen. In diesem Fall könnten wesentlich schwerwiegendere Konsequenzen wie Strafanzeigen und höhere Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen drohen. Achtung beim Beschmutzen/Zerstören von Fassaden: hier kann die Neu-Streichung der gesamten Fassade - von Gehweg zum Dach - als Konseqenuz zu zahlen sein.

e) Sit-Ins und Teach-Ins

Ein Sit-in ist eine Form des gewaltfreien Protestes, bei dem sich Aktivistinnen an einem öffentlichen Ort oder auch z.B. im Foyer eines Unternehmens/Betriebs niederlassen und dort bleiben, um auf ein gesellschaftliches oder politisches Anliegen aufmerksam zu machen. Ein Teach-in ist eine Veranstaltung, bei der Expertinnen oder Aktivist*innen in einem offenen Format Wissen zu einem bestimmten Thema vermitteln, oft in einem politischen Kontext und an einem öffentlichen/betrieblichen Ort, um Bewusstsein zu schaffen und Diskussionen anzuregen.

Strafrecht

  • Vom Einzelfall abhängig: Denkbar wäre insbesondere, wenn z.B. andere Versammlungen gestört werden, dass Vorwürfe aufgrund von § 285 StGB (Verhinderung oder Störung einer Versammlung) erhoben werden.

Zivilrecht

  • Auch das könnte unter Umständen zu Besitzstörungsklagen führen.
  • Wenn Schadenersatzansprüche erhoben werden, kann dies zu hohen Kosten führen, solche sind aber nur in Ausnahmefällen zu bejahen, nämlich bei (a) Eigentumsverletzung durch Nutzungsbeeinträchtigung, wobei dafür eine Intensität der Beeinträchtigung und Dauer benötigt wird, die nach der aktuellen Judikatur erst nach mehreren Tagen bejaht wird, anders könnte sich dies aber z.B. bei der Blockade von Zufahrtswegen, Flughäfen, Verkehrsmitteln, etc. gestalten oder (b) bei vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, wofür der schädigende Zweck allen anderen, also insb. auch dem Versammlungszweck, überwiegen muss, beides wird grundsätzlich, von den genannten Ausnahmefällen abgesehen, nicht vorliegen, es können auch mehrere Personen verantwortlich gemacht werden (Mit- und Beitragstäter:innen oder geteilte Haftung), Achtung: Kommt es zu einer Sachbeschädigung bzw. Schädigung des Eigentums, kann Schadenersatz verlangt werden und unter Umständen auch diverse Folgekosten (z.B. Reinigungskosten, Restaurierung, entgangener Gewinn, evtl. auch Präventionskosten, etc.) umfassen.

Verwaltungsrecht

  • Sit-Ins oder Teach-Ins werden im Regelfall als Versammlungen qualifiziert und fallen daher in den Schutzbereich des Rechts auf Versammlungsfreiheit, das bedeutet, dass Versammlungen geschützt sind und hier eine besondere Abwägung zwischen der Verhängung von Strafen aufgrund der Verletzung von Vorschriften anderer Verwaltungsmaterien und dem Recht auf Versammlungsfreiheit erfolgen muss.
  • Die Beurteilung im Allgemeinen ist hier schwierig, es kommt auf den konkreten Fall an: Grundsätzlich können, wenn Sit-Ins im öffentlichen Raum gemacht werden, Strafen nach der Straßenverkehrsordnung verhängt werden, es könnten unter Umständen auch Strafen für die Störung der öffentlichen Ordnung nach dem Sicherheitspolizeigesetz (siehe bereits oben) verhängt werden, für Verstöße nach dem Versammlungsrecht können Strafen verhängt werden, wenn z.B. andere Versammlungen gestört werden oder trotz Auflösung der Versammlung der Sit-In nicht verlassen wird, etc.
  • Ganz allgemein gilt, dass – sofern der Sit-In oder Teach-In nicht angemeldet wurde – Strafen nach § 19 in Verbindung mit § 2 Versammlungsgesetz für die Nichtanmeldung gegen den:die Veranstalter*in verhängt werden können.