Sonderklagerechte für Konzerne im Steuersumpf
Die beiden EU-Abkommen mit Singapur* stellen die Profitinteressen von Konzernen über den Schutz unserer Lebensgrundlagen.
Die EU und Singapur verhandelten von 2010 bis 2014 im Geheimen einen Handels- und einen Investitionsteil. Allerdings entschied der Europäische Gerichtshof im Mai 2017, dass der Investitionsteil, der Sonderklagerechten für Konzerne enthält, nicht ohne Abstimmungen in den einzelnen Mitgliedstaaten abgeschlossen werden kann.
Daraufhin hat die EU das Abkommen in zwei Teile geteilt: Der Handelsteil EUSFTA wurde als sogenanntes EU-only Abkommen vom Rat der EU und dem EU-Parlament im Alleingang im Februar 2019 verabschiedet. Das EU Parlament hat auch grünes Licht für den Investitionsteil EUSIPA inkl. Sonderklagerechte für Konzerne gegeben. So wie bei CETA müssen aber auch bei EUSIPA alle Parlamente aller EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Das ist noch nicht erfolgt.
* Das Handelsabkommen EU-Singapur Free Trade Agreement (EUSFTA) und das Investitionsabkommen EU-Singapur Investment Protection Act (EUSIPA) sind zwei Abkommen zwischen der EU und Singapur die zwischen 2010 und 2014 geheim ausverhandelt wurden.
Warum ist EUSIPA so gefährlich?
Die im Investitionsabkommen EUSIPA verankerten Sonderklagerechten für Konzerne gefährden dringend nötige Maßnahmen gegen den Klimawandel, höhere Umweltstands oder bessere Arbeitsrechte.
Singapur ist einer der größten Finanzplätze der Welt und gilt als einer er wichtigsten Steuersümpfe der Welt. Doch das war der EU kein Hindernis das EUSIPA-Abkommen abzuschließen. Die meisten in Südostasien tätigen europäischen Konzerne haben in Singapur wichtige Niederlassungen, darunter fast alle großen fossilen Energiekonzerne. Nicht nur singapurische Firmen, sondern alle dort tätigen internationalen Konzerne könnten EU-Staaten auf Schadensersatz verklagen - für Gesetze, die unsere Gesundheit, unsere Arbeitsrechte und unsere Umwelt schützen
Auch das Handelsabkommen EUSFTA ist höchst problematisch
Mit Inkrafttreten des Handelsteils um November 2019 wurden für alle EU-Exporte die Zölle in Singapur abgeschafft. Singapur wird die EU-Normen anerkennen. Nach einer Übergangsfristen von drei bzw. fünf Jahren werden alle EU-Importe aus Singapur zollfrei bleiben. Neben den Zöllen (tarifäre Handelshemmnisse) werden nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut. Das Abkommen beinhaltet aich kapitel zur Liberalisierung von Dienstleistungen. Es enthält zwar Vorgaben zur Nachhaltigkeit – gibt keine wirksame Mechanismen, um Rechte von ArbeitnehmerInnen oder den Schutz der Umwelt durchzusetzen. Das Abkommen ist eines mehr in der langen Liste neoliberaler EU-Handelsabkommen.
Zudem sieht EUSFTA - ähnlich wie CETA - die Einrichtung von demokratisch nicht-legitimierten Handelsausschüssen vor. Diese könnten in Zukunft Entscheidungen treffen, die unter Ausschluss des Europaparlamentes tagen und tief in das Leben der europäischen Bürgerinnen und Bürger eingreifen. Beispiele von solchen sogenannten Vertragsgremien im Rahmen des Singapur-Abkommens sind der Ausschuss für Handel, der unter anderem das Recht hat, Kennzeichnungsregeln für Lebensmittel zu erlassen oder der sogenannte SPS-Ausschuss, der Anforderungen an die Schädlingsfreiheit beim Import und Export von Lebensmitteln tierischen Ursprungs festlegen kann. Die Ausschüsse sind sogar ermächtigt, den Text und die Struktur des völkerrechtlichen Vertrags zwischen der EU und Singapur zu ändern. Die Beschlüsse der Ausschüsse sind völkerrechtlich bindend.
Weiterführendes
Das Investitionsschutzabkommen EU-Singapur
Eine Analyse von SOMO auf die Auswirkungen auf Finanzmarktstabiltät (engl.)