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Attac am Weltwassertag

Trinkwasserliberalisierung durch die Paragraphen-Hintertür

EU-Dienstleistungsrichtlinie voller Tücken

Anlässlich des Weltwassertages warnt Attac Österreich vor zahlreichen unvorhersehbaren Folgen der EU-Dienstleistungsrichtlinie auf die öffentliche Trinkwasserversorgung.

1. Die Trinkwasserversorgung ist nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen, da alle Dienstleistungen erfasst sind, die ?auf einer wirtschaftlichen Gegenleistung? beruhen (Art. 4, Abs. 1), was beim Trinkwasser ? aufgrund der Gebühren ? eindeutig der Fall ist. Die  Trinkwasserversorgung ist nur vom Herkunftslandprinzip ausgenommen, nicht aber von den Bestimmungen bezüglich der Niederlassungsfreiheit, hier werden den Mitgliedsstaaten folgende Handschellen angelegt:

2. Gibt es eine natürliche oder technische Knappheit (wie im Fall der Trinkwasserversorgung ? sie ist ein technisches Gebietsmonopol), muss ein ?neutrales und transparentes? Verfahren durchgeführt werden (Art. 12). ?Das klingt ganz nach Ausschreibungszwang?, so Christian Felber von Attac Österreich. ?Es wäre nicht das erste Mal, dass sich die Kommission die Liberalisierung der Trinkwasserversorgung in Angriff nehmen möchte. Da sie bisher am breiten Wiederstand von Parlament, Mitgliedsstaaten und Regionen gescheitert ist, versucht sie es nun offenbar durch die Hintertür?, so Felber.

In die gleiche Kerbe schlägt Art. 15, Abs. 2a, wonach die ?mengenmäßige Beschränkung? der Dienstleistungsanbieter grundsätzlich eine ungerechtfertigte Niederlassungshürde darstellt und in einem EU-weiten Verfahren überprüft werden muss.

3. Weiters darf die Zulassung (Ausschreibung) nicht auf gemeinnützige Unternehmen begrenzt werden, da keine Anforderungen bezüglich der Rechtsform der Unternehmen gestellt werden dürfen (Art. 15, Abs. 2b). ?Dieser Passus könnte es Gemeinden und Städten unmöglich machen, profitorientierte Aktiengesellschaften aus der Trinkwasserversorgung auszuschließen?, so Felber.

4. Schließlich ist die mehrheitliche öffentliche Kontrolle von kommunalen Trinkwasserversorgern oder globalen Multi-Utility-Playern (z. B. 51%) in Gefahr, weil auch Anforderungen bezüglich der ?Beteiligung am Gesellschaftsvermögen? überprüft werden müssen (Art. 15, Abs. 3c). ?Das erinnert uns schmerzlich an die aktuellen GATS-Verhandlungen, in denen die EU von zahlreichen Ländern die Aufhebung solcher 51%-Klauseln vor allem im Energie- und Telekombereich fordert?, so Felber.

?In Summe gefährden zahlreiche Stellen der EU-Dienstleistungsrichtlinie die öffentliche Trinkwasserversorgung. Die Kommission lässt nicht locker beim Versuch, alle Bereiche der Daseinsvorsorge dem Wettbewerb zu unterwerfen. Gelingt es ihr nicht offen, versucht sie es durch die Hintertür ? über Dienstleistungsrichtlinie oder GATS. Der Weltwassertag sollte vielmehr zum Anlass genommen werden, eine Richtlinie zum Schutz und zur Finanzierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen zu entwickeln?, so Felber abschließend.

Rückfragen:
Christian Felber
0676 ? 935 90 97