Widerstand ist fruchtbar!
Ernährungssouveränität ist das Recht der Völker auf gesunde und kulturell angepasste Nahrung, nachhaltig und unter Achtung der Umwelt hergestellt. Sie ist das Recht auf Schutz vor schädlicher Ernährung. Sie ist das Recht der Bevölkerung, ihre Ernährung und Landwirtschaft selbst zu bestimmen. Ernährungssouveränität stellt die Menschen, die Lebensmittel erzeugen, verteilen und konsumieren, ins Zentrum der Nahrungsmittelsysteme, nicht die Interessen der Märkte und der transnationalen Konzerne.
Situation
Unser aktuelles Agrar- und Lebensmittelsystem fördert ein Wachsen oder Weichen in der Landwirtschaft. Dabei geht es schon lange nicht mehr darum gesunde, umweltschonend hergestellte und für alle leistbare Lebensmittel zu produzieren. Die große Mehrheit der Betriebe kämpft darum gerade so über die Runden zu kommen.
Für einige wenige Akteur*innen hingegen geht es um große Profite. Die Marktkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel und einer Handvoll weltweit agierender Agrar-Konzerne hat sich in den vergangenen Jahren weiter zugespitzt. Die Handelsmacht derjenigen, die von der Landwirtschaft leben, und uns allen, die wir ein gutes Essen wollen, wird weiter eingeschränkt.
Das industrielle Produktionsmodell ist abhängig von fossilen Treibstoffen und chemischen Hilfsmitteln und ignoriert, dass Ressourcen wie Boden und Wasser begrenzt sind. Der daraus entstehende drastische Verlust von Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit trägt maßgeblich zur Klimakrise bei. Dieser trifft besonders jene Länder am stärksten, die am wenigsten dazu beigetragen haben.
Mehr als zwei Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion stammen aus kleinbäuerlicher Produktion, die große Mehrheit davon wiederum aus Ländern des Globalen Südens. Gleichzeitig sind diese ländlichen Gebiete am gravierendsten von Mangelernährung und Hunger betroffen.
In Europa erreichen 40 Prozent der produzierten Lebensmittel niemals den Teller. Die Überschussproduktion landet in afrikanischen Staaten und zerstört die dortigen Märkte. Grund dafür ist die vorherrschende Handels- und Entwicklungspolitik der EU, der Welthandelsorganisation WTO und anderen Institutionen. Dies nimmt Millionen von Menschen eine Zukunftsperspektive in der Landwirtschaft, führt zu Landflucht und einer Verarmung des ländlichen Raumes. Die miserablen Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft sind einer der wichtigen Gründe für länderübergreifende Migration.
Auch in Europa ist die Situation oftmals nicht viel besser. Egal ob auf den Tomatenplantagen in Spanien oder beim Spargelstechen im Marchfeld: In einem System, das auf Profit ausgerichtet ist, wird der Druck auf die landwirtschaftlichen Betriebe nach unten weitergegeben. Das führt direkt vor unserer Haustüre zu ausbeuterischen Arbeitsbedingungen.
Lösungen
Wir treten ein für ein Agrar- und Lebensmittelsystem, welches das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellt, unabhängig von Gender, Herkunft, religiöser Zugehörigkeit oder ökonomischer Stellung. Das Konzept der „Ernährungssouveränität“ steht für das gute Leben für alle!
Das Konzept der „Ernährungssouveränität“ ist der radikale Versuch das herrschende Agrar- und Lebensmittelsystem zu demokratisieren. Alle Menschen – ob sie nun Nahrungsmittel produzieren oder konsumieren - sollen wieder im Mittelpunkt des landwirtschaftlichen Geschehens stehen. Das Konzept grenzt klar von dem viel diskutierten Konzept der “Ernährungssicherheit“ ab. Letzteres fordert zwar die Versorgung aller Menschen weltweit mit ausreichend Nahrungsmitteln. Unberücksichtigt bleibt dabei aber unter welchen Umständen diese produziert werden, ob sie den lokalen (Ernährungs-)Gegebenheiten entsprechen und wer von deren Produktion profitiert bzw. darunter leidet.
Ernährungssouveränität meint damit kein nationales Konzept der Selbstversorgung. Sie steht für ein Handeln jenseits von Grenzen und für transnationale Solidarität - besonders mit jenen, die vom derzeitigen Agrar- und Lebensmittelsystem strukturell benachteiligt werden.
Ernährungssouveränität ist gelebte Praxis
Ernährungssouveränität ist gelebte Praxis: Sie findet sich auf selbstbestimmten Bauernhöfen, in Lebensmittelkooperativen (FoodCoops) und Solidarischen Landwirtschaften (CSA), Bäuerinnenmärkten und Saatguttauschbörsen ebenso wieder wie in Kampagnen gegen die Ausbeutung von Supermarkt-Mitarbeiter*innen und Erntehelfer*innen. Sie beinhaltet Kämpfe gegen die Privatisierung von Saatgut, gegen Gentechnik und Agrartreibstoffe, für Geschlechtergerechtigkeit, den Zugang zu Land, die Wiederaneignung öffentlicher Räume in Form von städtischer Landwirtschaft genauso wie Kämpfe für weltweite soziale Rechte und eine zukunftswürdige Agrar-, Ernährungs-, Umwelt- und Handelspolitik.
Für die Umsetzung setzt sich die Bewegung für Ernährungssouveränität ein, die auch in Österreich vertreten ist. Die Bewegung hielt 2007 ihr erstes internationales Forum in Mali abgehalten, wodurch der Name „Nyéléni“ nach einer legendären malischen Bäuerin geprägt wurde.
Weiterführendes
Land Grabbing
Der globale Wettlauf um Agrarland
AttacBasisTexte 40
entlehnbar in Attac Bibliothek
Konzernatlas
Daten und Fakten über die Agrar- und Lebensmittel-industrie
pdf, entlehnbar in Attac Bibliothek
Bodenatlas
Daten und Fakten über Acker, Land und Erde
Fleischatlas
Rezepte für eine bessere Tierhaltung
pdf, entlehnbar in Attac Bibliothek
Video: Ernährunsgsouveränität jetzt!
Aktiv werden
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Kontakt: agrarattac @attac.at
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