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ATTAC: Die Spirale der Gewalt durchbrechen

Eine wirksame Bekämpfung des Terrorismus kann nicht auf militärischem Wege erfolgen

Die unterzeichnenden Akteure der österreichischen Zivilgesellschaft verurteilen in aller Schärfe die Terroranschläge vom 11. September und teilen die fassungslose Bestürzung der US-Amerikanerinnen und Amerikaner. Wir trauern um die Opfer und erklären unser Mitgefühl und unsere Solidarität mit ihren Angehörigen.

Angesichts der historischen Tragweite der Ereignisse und der allerorts hohen emotionalen Erregung ist es nun außerordentlich wichtig, Besonnenheit zu wahren. Trotz des von unsagbarem Leid verursachten, verständlichen Zornes der Betroffenen muss jedoch einigen fundamentalen Einsichten Beachtung geschenkt werden: Weder Terror und Gewalt noch Rache und Vergeltung entsprechen dem Geist irgendeiner der großen Weltreligionen. Und: Gewaltanwendung als Reaktion auf Gewalt ruft unter allen Umständen neuerliche Gewalt hervor - umso mehr in einer politisch und religiös hochsensiblen Region, wo eine Kettenreaktion mit unabsehbaren Folgen als wahrscheinlich eingeschätzt werden muss. Darüber hinaus hätte eine gewaltsame Intervention einer westlichen Allianz andernorts lediglich die Stärkung extremistischer Kräfte zur Folge. Da es somit eine Illusion ist zu glauben, die Lösung der Problematik des Terrorismus könne auf militärischem Wege herbeigeführt werden, müssen andere Wege der Konfliktlösung sorgfältig identifiziert und entschlossen begangen werden.

Die Spirale der Gewalt muss durchbrochen werden. Die auf eine gefährliche Eskalation abzielende Kriegsrhetorik, derer sich hochrangige politische Akteure gleichermaßen bedienen wie einflussreiche Medien, steht dem ebenso im Weg wie die verbale Spaltung der Welt in einen "zivilisierten" und einen "unzivilisierten" Teil oder das Heraufbeschwören eines "Kampfes der Kulturen". Derartige Analysen mögen eingängig sein, bauen aber Gräben statt Brücken und sind daher kontraproduktiv im Hinblick auf eine friedliche Konfliktbeilegung. Zudem vereinfachen und verschleiern sie komplexe Ursachenstrukturen.

Der Schlüssel zur Verhinderung eines Krieges, und damit der Verhinderung von noch mehr unnötigem menschlichem Leid liegt im Einsatz von Vernunft und der Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Extremismus und seinen Wurzeln. Eine wirksame Bekämpfung von Terrorismus ist letztlich nur möglich, wenn auch die gesellschaftlichen und politischen Probleme gelöst werden, die ihm zu Grunde liegen. Dazu gehört im vorliegenden Fall, sollten sich die bisherigen Annahmen über den Hintergrund der Attentäter bestätigen, in erster Linie eine rasche politische Lösung des Nahostkonflikts, die den legitimen Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt. Sicherheit ist erst dann gegeben, wenn die Sicherheit des anderen gewährleistet ist. Sicherheit kann heute weniger denn je militärisch, sondern muss vor allem sozial, kulturell, ökonomisch und politisch begriffen werden. Sicherheit ist letztlich eine Frage der Gerechtigkeit. Auch die sozioökonomischen Ungleichheiten in unserer Welt, die sich in den letzten Jahren im Zuge einer nicht an den Bedürfnissen der Menschen weltweit und der Tragfähigkeit der Umwelt ausgerichteten Globalisierung weiter verschärft haben, stellen eine Wurzel von Gewalt dar. Es muss integraler Bestandteil einer wirksamen Strategie gegen den Terrorismus sein, gegen diese Ungleichheiten anzugehen, da ihre Beseitigung extremistischen Strömungen den Nährboden und ihren Leitfiguren den Rückhalt entzieht. Daher kommt dem Engagement für eine Globalisierung von Chancengleichheit, Demokratie, Menschenrechten, Geschlechtergerechtigkeit, sozial- und umweltverträglichem Verhalten, Toleranz und Respekt allen Religionen gegenüber eine größere Bedeutung zu als je zuvor.

Der Versuch zu verstehen, wie sich die Welt den Personen hinter den Anschlägen vom vergangenen Dienstag darstellt bedeutet nicht, ihr Tun zu entschuldigen. Ebenso bedeutet das Ansinnen, politische Lösungen zu suchen nicht, sich dem Terror zu beugen, sondern ihm die Grundlage zu entziehen. Nicht der Verzicht auf Gewalt ist ein Zeichen von Schwäche, sondern ihre Anwendung.

AGEZ - Arbeitsgemeinschaft Entwicklungszusammenarbeit (Dachorganisation von 28 österreichischen entwicklungspolitischen NGOs)

ATTAC Österreich

Elternwerkstatt

Forum Lebens- und Sozialberatung

Friedensbüro Wien

Friedensbüro Salzburg

Friedenswerkstatt Linz

Gesellschaft für bedrohte Völker

Global 2000

Grazer Büro für Entwicklung und Frieden

Guatemala Initiative - Austria

Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen

Internationaler Versöhnungsbund

ÖH - Österreichische HochschülerInnenschaft

SOS Mitmensch

Verein zur Förderung multikultureller Kommunikation

Weltkonferenz der Religionen für den Frieden