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Attac: EZB muss ihre Ziele angesichts der Finanzkrise erweitern

Flexible Zinspolitik ist dringend nötig

Angesichts der aktuellen Finanzkrise fordert Attac Österreich von der Europäischen Zentralbank (EZB) ihre Ziele auf Beschäftigung und Verteilungsgerechtigkeit zu erweitern.
Karin Küblböck von Attac Österreich: ?Es ist unverständlich wie die EZB angesichts der konjunkturellen Situation weiterhin ausschließlich die Inflationsbekämpfung in den Mittelpunkt stellt. Mit Rücksicht auf die Beschäftigung und die soziale Sicherheit in Europa ist eine flexible Zinspolitik dringend nötig. Die US-Notenbank hat zahlreiche Zinssenkungsschritte unternommen, um die Konjunktur zu stützen, wodurch das Zinsniveau in den USA bedeutend unter der Inflationsrate liegt. Im Gegensatz dazu hält die EZB an ihrer falschen restriktiven Geldpolitik fest.?
Attac fordert im Rahmen einer umfassenden Neuregulierung der Finanzmärkte auch eine EU-weite Finanzmarktaufsicht und öffentliche Rating-Agenturen. Diese könnten bei der EZB angesiedelt werden.

Auch Stephan Schulmeister vom Wirtschaftsforschungsinstitut kritisierte bei der gestrigen Attac-Buchpräsentation ?Crash statt Cash ? Warum wir die globalen Finanzmärkte bändigen müssen? die Marktgläubigkeit der EZB: ?Die EZB ist ständig religiös und verschließt die Augen vor der Wirklichkeit. Die amerikanische Notenbank hingegen betet die Marktgesetze nur am Sonntag an. Sie weiß ganz genau, dass Eingriffe in einen Markt, der sich nicht selbst reguliert nötig sind.?
Schulmeister weiter zu den Auswirkungen der aktuellen Krise: ?Wir sind durch die Politik in den letzten Jahrzehnten zu Komplizen des Systems und zu Finanzkapitalisten geworden. Wir alle sind daher betroffen?. Als Beispiel nannte Schulmeister Verlagerung der Pensionssysteme auf die Finanzmärkte. Der ?Fetisch Geld? habe die Illusion erzeugt, Geld arbeiten lassen zu können. Trading allein schaffe aber keine Werte sondern sei ein reines Nullsummenspiel. Bewertungsgewinne führen letztendlich zu Blasen, und in letzter Konsequenz zu deren Platzen.  Die Verlierer seien dabei in erster Linie Anlageamateure, die das System bis dahin ständig den Zufluss von frischem Geld stützen. Um den Zufluss zu vermindern und das System zu stabilisieren seien Finanztransaktionssteuern ein geeignetes Mittel, erklärte Schulmeister.

Kurier-Wirtschaftsressortleiter Reinhard Göweil hob in der Diskussion hervor, dass diese Krise keine von vielen in den letzten Jahren sei. ?Vergangene Krisen sind relativ spurlos an uns vorübergegangen, da sie an der Peripherie stattgefunden haben. Diesmal wurde das Zentrum erwischt und noch dazu massiv. Durch gestiegene Zinsen werden daher wir alle die Auswirkungen zu spüren bekommen?, sagte Göweil. Weitere massive Auswirkungen werde auch die verringerte Auszahlung von Pensionsfonds haben, die die Konjunktur erst über Spätfolgen nachhaltig dämpfen werde. Göweil plädierte vor allem für stärkere Eigenkapitalvorschriften auf den Finanzmärkten, für eine Meldepflicht von Hedge-Fonds und für die Reglementierung von Aktienkurs-Bonuszahlungen an Manager.

Übersicht über die Attac Forderung zur Regulierung der Finanzmärkte: <link http: www.attac.at>

www.attac.at/6710.html

sowie ausführlich im neuen Buch:
Attac (Hg.): Crash statt Cash. Warum wir die globalen Finanzmärkte bändigen müssen
ÖGB-Verlag, 2008
ISBN: 978-3-7035-1348-0
EUR 19,90
194 Seiten