(Quelle: www.kathweb.at/site/nachrichten/database/53487.html)
Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Mitglieder einer Gesellschaft wird nun zu einem EU-weiten Anliegen: Am 16. März erfolgt der Startschuss zur wesentlich von Österreich aus getragenen Europäischen Bürgerinitiative mit einer Auftaktveranstaltung im "21er Haus" in Wien, zu der auch viele kirchliche Sympathisanten ihr Kommen zugesagt haben. Zehn Monate lang - bis 14. Jänner 2014 - sammeln die Organisatoren nun Unterschriften mit dem Ziel, das bedingungslose Grundeinkommen auf europäischer Ebene breit zu diskutieren und dessen politische Umsetzbarkeit aufzuzeigen. Langfristiges Ziel sei es, allen EU-Bürgern "die Befriedigung ihrer materiellen Bedürfnisse zur Führung eines würdevollen Lebens" zu ermöglichen, so Mit-Initiator Klaus Sambor bei einer Pressekonferenz am Freitag.
Am Podium argumentierten auch Walter Rijs, Vertreter der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und Johanna Riegler vom "Netzwerk Grundeinkommen und sozialer Zusammenhalt" für eine radikale Umstellung des Sozialwesens durch ein BGE. Armut "macht krank", grenzt aus und nimmt den Menschen ihre Würde, betonte Rijs "als Bürger, Christ und Gewerkschafter". Frei mache nicht der sogenannte freie Markt, sondern vielmehr die Wahl zwischen Berufsarbeit und anderer Tätigkeit, die den eigenen Talenten und Vorlieben entspricht.
Auf die Frage, wer dann noch die "Drecksarbeit" in der Gesellschaft leisten würde, antwortete Rijs, die Arbeitgeber müssten sich für unattraktive Arbeiten dann eben auch besondere Anreize hinsichtlich Bezahlung oder Zeit überlegen. Pflegeberufe etwa würden derzeit "beschämend entlohnt", das würde sich bei einem BGE wohl ändern müssen. Und ein schmutziger und harter Job wie das Kesselreinigen in der OMV würde wohl nicht länger als 20 Stunden pro Woche ausgeübt.
Die heutige Arbeitsgesellschaft gerate in die Sackgasse, weil ihr die bezahlte und existenzsichernde Arbeit immer mehr "ausgeht", sagte die Anthropologin Johanna Riegler. Politische Parolen zur Vollbeschäftigung würden angesichts der wirtschaftlichen Entwicklungen "sinnlos", es brauche eine Politik jenseits des Arbeitsparadigmas. Verteilungsgerechtigkeit solle eine existenzielle Basis für alle Mitglieder einer Gesellschaft schaffen, forderte Riegler.
Erfolgreiches Pilotprojekt in Namibia
Dass so etwas funktionieren kann, zeigten Modelle wie etwa das Dorf Otjivero, das 2009 Standort eines Pilotprojekts für ein Bedingungsloses Grundeinkommen in Namibia war. Jede Person unterhalb des Rentenalters von 60 Jahren erhielt dabei auf Betreiben von wurde von Arbeiterorganisationen und kirchlichen Organisationen 100 Namibia-Dollar pro Monat. Die Evaluierung ergab laut Bürgerinitiative-Organisator Klaus Sambor eine Abnahme der Kriminalität und der Unterernährung von Kindern, dafür mehr Schulbesuch. Die Regierung Namibias habe sich leider bisher nicht entschließen können, dieses fremdfinanzierte Projekt zu übernehmen.
Auch das aufstrebende Wirtschaftsland Brasilien bekenne sich in seiner Verfassung zum Grundeinkommen, dessen Finanzierung freilich noch ungeklärt sei, wie Sambor einräumte. Erfahrungen mit BGE-Modellen gebe es weiters in Alaska und in Indien.
Am Geld würde das BGE nicht scheitern, ist Sambor überzeugt. Allein für die Verwaltung der in vieler Hinsicht schwächelnden Mindestsicherung in Österreich müssten Millionen aufgewendet werden. Beim BGE würde "eine Geburts- und eine Sterbeurkunde als Bürokratieaufwand reichen". Und das Produktionsniveau zumindest in westlichen Industriestaaten sei inzwischen so hoch, dass mit einer radikalen Arbeitszeitverkürzung auf 25 Wochenstunden auch bei BGE-Einführung das Auslangen zu finden wäre.
An der Kampagne der europäischen Bürgerinitiative zum bedingungslosen Grundeinkommen beteiligen sich die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) und die Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe). Sympathien für "utopisches Weiterdenken" in diese Richtung zeigen auch zahlreiche Einzelpersonen. Ihr Kommen zur Auftaktveranstaltung der Europäischen Bürgerinitiative am Samstag ab 16 Uhr im "21er-Haus" (Arsenalstrasse 1, 1030 Wien) haben u.a. Redemptoristen-Provinzial P. Lorenz Voith, der Wiener Bischofsvikar Dariusz Schutzki, die Grundeinkommens-Vordenkerin Lieselotte Wohlgenannt sowie Vertreter der Katholischen Jugend und der Plattform "Wir sind Kirche" zugesagt.
Dort kann die Bürgerinitiative für ein "allgemeines, personenbezogenes, bedingungsloses Grundeinkommen in existenz- und teilhabesichernder Höhe" persönlich unterstützt werden, im Internet ist dies möglich unter
<link http: www.pro-grundeinkommen.at>www.pro-grundeinkommen.at.