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Ein Jahr Lagarde: Attac fordert vor EZB ökologische Geldpolitik - BILD

„Die Zentralbank kann nicht so tun, als gingen die verbindlichen Pariser Klimaziele sie nichts an.“

Zum Jahrestag des Amtsantritts von Christine Lagarde am 1. November haben Aktivist*innen von Attac Deutschland heute mit einer öffentlichen Aktion vor der Europäischen Zentralbank EZB eine ökologische Geldpolitik gefordert.

Sie rufen die Zentralbank auf, im Rahmen ihrer Ankaufprogramme nicht mehr „blind“ Anleihen aller großen Unternehmen zu kaufen oder als Sicherheiten zu akzeptieren.* Unternehmen müssten sich vielmehr dieses Privileg verdienen, indem sie sozial gerecht und ökologisch wirtschaften und so zur Erreichung der Klimaziele beitragen.

Lagarde muss Worten Taten folgen lassen

Bei der Aktion zerteilte eine als Lagarde verkleidete Aktivistin mit einer großen Schere eine „Geldpipeline“, aus der Geldscheine in Richtung symbolisch dargestellter fossiler Industrien sprudelten. Weitere Aktivist*innen forderten in Sprechchören; „Cut the money pipeline - kein Geld für Fossile!“

„Die Zentralbank kann nicht so tun, als gingen die verbindlichen Pariser Klimaziele sie nichts an. Lagarde hat sich offen für ‚grüne‘ Zielsetzungen gezeigt – nun muss sie ihren Worten auch Taten folgen lassen. Der Kauf von Anleihen durch die EZB ist ein Signal, quasi eine Kaufempfehlung – und die darf es nur für klimafreundliche Unternehmen geben”, sagte Urs Kleinert von der Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern.

EZB verhindert Einpreisung von Klimarisiken

Die EZB kauft zur Marktberuhigung und Senkung auch der langfristigen Zinsen seit Juni 2016 nicht nur Staats-, sondern auch Unternehmensanleihen. Angesichts der Unsicherheit an den Finanzmärkten im Zuge der Corona-Pandemie wurde der Ankauf noch einmal ausgeweitet und wird demnächst die Summe von 3 Billionen Euro überschreiten.

Große Unternehmen, die sich über den Kapitalmarkt finanzieren, können sich dadurch sehr billig refinanzieren – auch solche aus extrem klimaschädlichen, nicht zukunftsfähigen Branchen wie der Öl- und Gas-, der Flugzeug- oder der Autoindustrie.* Diese faktische Garantie der EZB verhindert, dass die auch von Investor*innen zunehmend mit Sorge betrachteten Klimarisiken in Form höherer Risikoaufschläge eingepreist werden. Während die Zentralbank vorgibt, marktneutral zu handeln, untergräbt sie nach Ansicht von Attac tatsächlich das Funktionieren des Markts.

Alfred Eibl, ebenfalls aktiv in der Finanzmarkt-AG von Attac, ergänzte: „Wenn heute noch Geld in Ölfirmen oder Flugzeugbauer fließt, ist das ökologisch fatal und ökonomisch kurzsichtig. Statt fossile Großkonzerne am Leben zu halten, sollte die EZB lieber dafür sorgen, dass auch kleine, lokal verankerte Unternehmen an günstige Kredite kommen!”

Geldpolitik kann Beitrag zu sozial-ökologischem Umbau leisten

Attac setzt sich für einen grundlegenden sozial-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft ein. Dieser erfordert massive öffentliche wie auch private Investitionen. Die Geldpolitik muss ihren Beitrag dazu leisten, indem sie Kapitalströme in die entsprechenden Sektoren lenkt. Der ökologische Umbau muss gerade auch dezentral vor Ort passieren, eine Stärkung von kreativen und nachhaltig wirtschaftenden kleinen und mittleren Unternehmen ist daher erforderlich.

Angesichts oft teurer Bankkredite fordert Attac einen verbesserten Zugang zu zinsgünstigen Förderkrediten, um den Wettbewerbsnachteil gegenüber Großunternehmen zu verringern. Dazu muss die EZB den Ausbau und die bessere finanzielle Ausstattung dieser Förderinstrumente auf europäischer (EIB), nationaler (KfW) und regionaler Ebene durch entsprechende Programme unterstützen.

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* Laut einer aktuellen Greenpeace-Studie stammen knapp zwei Drittel der von der Zentralbank im Rahmen des Kaufprogramms CSPP erworbenen Unternehmensanleihen aus Branchen, die mit einem hohen CO2-Ausstoß massiv zur Klimakrise beitragen.
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Rückfragen Attac Deutschland:

Alfred Eibl, Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern, Tel. +49 160 9078 0266
Urs Kleinert, Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern, Tel. +49 176 5430 0544
Frauke Distelrath, Attac-Pressesprecherin, Tel. +49 151 6141 0268