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EU-Spar- und Investitionsunion: Attac warnt vor gefährlicher Aufblähung der Kapitalmärkte

Profitinteressen stehen über sozialen und ökologischen Notwendigkeiten / Attac fordert Stärkung öffentlicher Investitionen

EU-Kommissarin Ursula von der Leyen hat gestern ihre Pläne für ein europäische Spar- und Investitionsunion, SIU, (Langfassung) präsentiert. Ziel ist es, die Renditen für privates Kapital zu erhöhen, um es in Aufrüstung und Unternehmensfinanzierungen zu lenken. Private Ersparnisse sollen verstärkt in Finanz- und private Pensionsprodukte fließen, die auf einem gemeinsamen europäischen Markt vertrieben werden. Verbriefungen, die bereits in der Finanzkrise traurige Berühmtheit erlangten (1), sollen attraktiviert werden.

Unkontrollierbare Risiken

Attac übt scharfe Kritik an diesen Plänen. Statt auf öffentliche und demokratische Finanzpolitik setzt die EU erneut auf die fatale neoliberale Strategie: Deregulierte Finanzmärkte und Abhängigkeit von profitorientierten Investoren. „Die Vorhaben werden zu einer noch stärkeren Aufblähung der Kapitalmärkte führen - mit unkontrollierbaren Risiken wie mehr Spekulation und noch größeren „too-big to fail“-Finanzkonzernen“, warnt Mario Taschwer von Attac Österreich. Wenig verwunderlich ist daher, dass die Profitinteressen der Finanzindustrie hinter der Spar- und Investitionsunion stehen. (2)

Die Pläne der EU-Kommission sehen außerdem vor, dass finanzielle Risiken durch öffentliche Mittel übernommen werden sollen („De-Risking“). Damit droht eine Privatisierung von Gewinnen und eine Sozialisierung von Verlusten.

Angriff auf öffentliche Pensionssysteme

Die geplante Förderung privater Pensionsvorsorge ist für Attac ein Angriff auf die öffentlichen Pensionssysteme. Nicht umsonst spricht sich die Deutsche Börse offen für ein Pensionssystem nach US-Vorlage aus, in dem alle Arbeitnehmer*innen automatisch eine private betriebliche Vorsorge bekommen.

Ebenfalls problematisch ist für Attac, dass die Verfügbarkeit von Mitteln für Unternehmen am Kapitalmarkt stark prozyklisch wirkt. In Boomphasen werden damit Blasenbildungen verstärkt, in Krisenzeiten fehlt es erst recht an Kapital für Investitionen. Mit richtiger politischer Regulierung könnten traditionelle Geschäftsbanken eine langfristige Finanzierung der Wirtschaft viel besser bereitstellen.

Attac für öffentliche Investitionen statt Sozialisierung von Verlusten

Attac fordert stattdessen eine Stärkung öffentlicher und somit demokratisch legitimierter Investitionen. Voraussetzung dafür ist eine konsequente Bekämpfung der Ungleichheit und eine gerechtere Verteilung finanzieller Mittel.

„Die aktuellen Krisen der EU können nicht durch deregulierte Finanzmärkte, sondern nur durch eine konsequente klimasoziale Transformation überwunden werden. Doch solange Investitionen von großen Kapitalfonds abhängen, stehen deren Profitinteressen über sozialen und ökologischen Notwendigkeiten. Und so fließt das Geld weiter in die profitabelsten und gesellschaftlich schädlichsten Unternehmen wie Finanz-, Rüstungs-, Öl- und Gas-Konzerne“, erklärt Taschwer.


(1) Die Verbriefung (Bündelung) von Krediten war zentraler Auslöser der Finanzkrise 2008. Diese Instrumente nun zu fördern und weniger streng zu regulieren, macht eine neue Finanzkrise noch wahrscheinlicher. Verbriefungen und andere Derivate müssen strenger reguliert und teilweise abgeschafft werden – hier passiert genau das Gegenteil.

(2) Zwei Drittel der Rückmeldungen im Konsultationsprozess zur Spar- und Investment-Union kamen von Konzernlobbys. Sie drängten vor allem auf Deregulierung.