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EU-Staaten von Abhängigkeit von Finanzinvestoren befreien

Europäisches Attac-Netzwerk für Euro-Bonds, Umschuldungsverfahren sowie geänderte EU-Wirtschaftspolitik

Europäisches Attac-Netzwerk, 16. Dezember 2010

?Die Vorschläge von Kommission und EU-Rat - makroökonomische Aufsicht, Verschärfung der Maastricht-Kriterien, Sanktionsmechanismus für Staaten - gehen völlig an den grundlegenden Ursachen der Krise vorbei. Die Anleihenmärkte reagieren nicht darauf, was die Länder tun, sondern darauf, was die Investoren erwarten, dass andere Investoren tun werden. Bestes Beispiel ist Irland: Drei Jahre brutaler Sparmaßnahmen haben die Kreditwürdigkeit nicht verbessert, ganz im Gegenteil. Dennoch zielen alle Vorschläge auf breite Einsparungen für die Bevölkerungen ab, während die Strukturreformen und die Beiträge des Finanz- und Bankensektors minimal ausfallen?, kritisiert Alexandra Strickner von Attac Österreich anlässlich des EU-Gipfels am 16. und 17. Dezember.

Das europäische Attac-Netzwerk fordert, dass die EZB in Zeiten systemischer Krisen-Risiken direkt Kredite zu sehr niedrigen Zinsen an die Mitgliedsländer vergibt. Gemeinschaftliche Eurobonds würden die finanziellen Kosten für alle Mitgliedstaaten der Eurozone reduzieren. ?Die öffentliche Finanzierung durch die Finanzindustrie beschert letzterer hohe Gewinne und den Staaten hohe Verluste. Es ist untragbar, dass die EZB den Banken um ein Prozent Geld leiht dass diese - ohne Risiko - den Staaten mit hohen Risikoaufschlägen weitergeben. Die EZB handelt derzeit ganz und gar nicht unabhängig - wie dies so oft beschworen wird-  sondern ist völlig abhängig von den profit- und spekulationsgetriebenen Finanzinvestoren?, erklärt Strickner. Es sei weiters unbedingt nötig Umschuldungsverfahren mit Gläubigerbeteiligung zu ermöglichen: ?Öffentliche Schulden, die größtenteils auf Steuerbefreiungen und die Finanzkrise zurückzuführen sind, müssen in Frage gestellt werden.?

Um die soziale, die ökologische und die Schuldenkrise zu bewältigen schlägt das europäische Attac-Netzwerk daher grundlegende Änderungen der europäischen Wirtschaftspolitik vor:

? Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU (oder wenigstens in der Euro-Zone),  um Spekulation einzudämmen.
? Schließung aller Steueroasen.
? EU-Gesetze, die das Bankgeschäft vom Investmentbanking trennen. Banken, die Kredite vergeben, sollte es nicht länger gestattet sein, sich im Investmentbanking zu betätigen. Keine Finanzinstitution darf zu groß sein, um in Konkurs gehen zu können, falls dies der Fall ist, müssen diese zerteilt werden.  Alternativ sollte eine öffentliche Übernahme der Banken erwogen werden.
? Steuerkooperation statt Steuerwettbewerb: Mindeststeuersätze für Unternehmens- und Vermögenssteuern.
? Eine stärkere politische Koordination, die unter anderem. Mindestlöhne (bei 60 Prozent des Medianeinkommens) und Mindeststandards bei den sozialen Sicherungssystemen umfasst.
? Projektanleihen-, um die ökologische Transformation der europäischen Wirtschaft zu fördern (zum Beispiel für ein europäisches, öffentliches Eisenbahnsystem, ökologisch nachhaltige Energie-Formen usw.).
? Die Entwicklung makroökonomischer Indikatoren, die ökonomische, soziale und ökologische Ungleichgewichte in beide Richtungen (sowohl Defizite, als auch Überschüsse) überwachen. Insbesondere sollen soziale Kriterien mit einbezogen und Außenhandelsungleichgewichte effektiv bekämpft werden.
? Eine demokratische Kontrolle der EZB und eine Geldpolitik, die soziale und ökologische Bedürfnisse berücksichtigt.

?Die kommenden Monate sind entscheidend dafür, ob der neoliberale Mainstream gebrochen werden kann. Andernfalls werden wir uns über Jahre hinweg mit den Folgen einer fatalen Austeritätspolitik konfrontiert sehen. Wir fordern die sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen auf, sich gemeinsam in ihren Heimatländern und auf der europäischen Ebene für eine andere Wirtschaftspolitik einzusetzen", sagt Strickner.