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EU und Chile vereinbaren erneuertes Handelsabkommen

Paralleljustiz für Konzerne und Verschärfung der Klimakrise

Im Dezember 2022 haben sich die EU und Chile auf die Aktualisierung des seit 2002 bestehenden Handelsabkommens geeinigt - Wirtschaftsminister Martin Kocher begrüßte die Einigung. Dabei fixiert die EU mitten in einer globalen Klima- und Energiekrise ein neokoloniales Abkommen, das zu mehr Treibhausgasemissionen führt und dem Pariser Klimaabkommen fundamental widerspricht. Das kritisieren über 500 Persönlichkeiten, Politiker*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen – (darunter auch Attac) in einer gemeinsamen Erklärung.

Europäischer Neokolonialismus

Ziel des Abkommens ist es, den Export von Industrieprodukten und verarbeiteten Gütern aus der EU nach Chile zu steigern – im Austausch für mehr chilenische Exporte im Agrar- und Bergbausektor. Im Zentrum des europäischen Interessens steht dabei der Zugang zu Energierohstoffen wie Lithium, Kupfer und erneuerbaren Brennstoffen, wie dem sogenannten grünen Wasserstoff.

Die enormen Nebeneffekte des Abbaus dieser Rohstoffe interessieren die EU und die profitierenden Konzerne nicht. So wird sich dadurch die Wasserkrise in Chile weiter verschärfen sowie die Lebensqualität in den betroffenen Gebieten massiv verschlechtern. An den Orten, in denen Lithium und andere Mineralien gefördert werden, sind die Auswirkungen der intensiven Ausbeutung der Salinen und der Umwelt bereits sichtbar.

Wie in anderen Handelsabkommen, sind auch in diesem die Klauseln bzw. Kapitel zu Umweltschutz, Arbeitsstandards und Geschlechtergerechtigkeit nicht verbindlich, ebenso wenig wie der Teil zu Menschenrechten. Das im Vertrag verankerte Vorsorgeprinzip gilt auch nicht für Pestizidregulierungen.

Paralleljustiz für Konzerne wird ausgeweitet

Das Abkommen enthält auch die umstrittene Paralleljustiz für Konzerne, mit der diese Konzerne Staaten verklagen können, wenn neue Gesetze im Allgemeininteresse ihre Profite bedrohen. Diese Regeln, die bereits für 18 EU-Mitgliedsstaaten gelten, werden nun auf alle EU-Mitgliedstaaten ausgedehnt. Europäische Konzerne erhalten zudem die Möglichkeit, sich in politische Prozesse in Chile einzumischen. Denn die Regulierungsbehörden werden verpflichtet, sie in Entscheidungen über Maßnahmen einzubeziehen, die sich auf ihre Geschäftstätigkeit auswirken könnten.

Wenn Chile höhere Steuern auf bspw. Bergbauprodukte erheben, Subventionen einführen, seine eigenen Preise festsetzen und Vorschriften für ausländische Investitionen erlassen möchte, würden diese Maßnahmen als (technisches) Handelshemmnisse betrachtet werden und könnten Sanktionen nach sich ziehen. Zudem erhalten EU-Konzerne Zugang zum chilenischen Markt bei öffentlichen Ausschreibungen. Dies führt dazu, dass lokale Bewerber vom Markt verdrängt werden.

Unterzeichnung 2023 – Noch ist Zeit

Die Unterzeichnung des Abkommens ist für 2023 geplant, höchstwahrscheinlich während des EU-CELAC-Gipfels im Juli. Nach der Unterzeichnung beginnt der Prozess der Ratifizierung, der mehrere Monate dauern könnte. Die Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten sowie der chilenische Kongress müssen dabei dem Abkommen zustimmen. Noch ist es also möglich Widerstand gegen dieses Abkommen zu organisieren, das erneut Konzerninteressen und Profite über die Menschen und den Planeten stellt!