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EU-Wirtschaftspolitik: Wirtschafts- und demokratiepolitischer Super-GAU

Attac: Krisenursachen werden ignoriert

Für Attac sind die Pläne zur EU-Wirtschaftspolitik ein wirtschafts- und demokratiepolitischer Super-GAU. ?So begrüßenswert eine stärkere europäische Wirtschaftskoordinierung ist, so unsinnig ist es, jene neoliberalen Wirtschaftsrezepte zu verschärfen, die in die Krise geführt haben. Ein permanenter Sparzwang und demokratisch nicht legitimierte Budget-Sanktionen rücken eine soziale und ökologische Europäische Union in weite Ferne. Als Folge werden sich die Menschen weiter von der EU entfernen. Die Pläne gefährden die Europäische Integration?, erklärt Alexandra Strickner von Attac Österreich.

Zwtl.: Wirtschaftspolitisch völlig unausgegoren

Wirtschaftspolitisch sind die auf dem Tisch liegenden Konzepte völlig unausgegoren. Sie werden eine noch stärkere Auslieferung der Politik an die Finanzmärkte zur Folge haben. Die Krisenursachen  - deregulierte Finanzmärkte, ungleiche Vermögensverteilung, Steuerwettlauf oder Steuerflucht - werden ignoriert. ?Den Indikatoren für die geplante makroökonomische Überwachung mit hohen Strafzahlungen liegt eine naive wirtschaftspolitische Sicht zugrunde. Sie orientieren sich einseitig an Wettbewerbsfähigkeit anstatt Daten zum Arbeitsmarkt, zu soziale Entwicklung, Besteuerung, Lohn- und Gewinnquote oder gesamtwirtschaftlicher Nachfrage zu berücksichtigen. Budgetdisziplin alleine hat weder Irland noch Spanien davor bewahrt unter Druck der Finanzmärkte zu kommen?, sagt Strickner.

Auch bei der Reduktion der Leistungsbilanzungleichgewichte werden schwere Fehler gemacht. Nicht das Lohndumping und die schwache Binnennachfrage der Überschussländer sondern Mindestlöhne und Pensionen in Defizitländern geraten unter Druck. Zudem werden in diesen Ländern der radikale Abbau sozialstaatlicher Sicherungssysteme, höhere indirekte Steuern und ?flexibilisierte? Arbeitsmärkte Rezession und Verteilungsungleichheit verschärfen und die Ungleichgewichte in der EU erhöhen.

Zwtl.: Demokratiepolitischer Sündenfall

Die Pläne weisen auch bedenkliche demokratiepolitische Defizite auf. Die Übertragung der wirtschaftspolitischen Steuerung auf die EU Kommission wäre ein demokratiepolitischer Sündenfall. Dem Europäischen Parlament käme keinerlei Rolle zu, demokratische Kontrolle würde durch Bürokratie ersetzt. "Mit der Kommission würde ausgerechnet jene Institution gestärkt, die für politische Einflussnahme von Lobbyisten aus Finanz- und Wirtschaftskreisen besonders offen ist?, sagt Strickner

Indem nationale Parlamente durch die Budget-Sanktionen in ihrem Budgetrecht beschränkt werden, verlieren die WählerInnen die Macht über das politische Geschehen. Attac kritisiert zudem, dass Strafzahlungen für mangelnde Sparpolitik oder der Kommission nicht passende Wirtschaftspolitik in der Höhe von mehreren hundert Millionen Euro als angenommen gelten sollen, wenn der Ecofin-Rat nicht innerhalb von 10 Tagen mit qualifizierter Mehrheit widerspricht.

Zwtl.: Grundlegende Änderungen der europäischen Wirtschaftspolitik nötig

Um die soziale, die ökologische und die Schuldenkrise zu bewältigen schlägt das europäische Attac-Netzwerk daher grundlegende Änderungen der europäischen Wirtschaftspolitik vor:
 
 ? Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU (oder wenigstens in der Euro-Zone), um Spekulation einzudämmen.
 ? Schließung aller Steueroasen.
 ? EU-Gesetze, die das Bankgeschäft vom Investmentbanking trennen. Banken, die Kredite vergeben, sollte es nicht länger gestattet sein, sich im Investmentbanking zu betätigen. Keine Finanzinstitution darf zu groß sein, um in Konkurs gehen zu können, falls dies der Fall ist, müssen diese zerteilt werden.  Alternativ sollte eine öffentliche Übernahme der Banken erwogen werden.
 ? Steuerkooperation statt Steuerwettbewerb: Mindeststeuersätze für Unternehmens- und Vermögenssteuern.
 ? Eine stärkere politische Koordination, die unter anderem Mindestlöhne (bei 60 Prozent des Medianeinkommens) und Mindeststandards bei den sozialen Sicherungssystemen umfasst.
 ? Makroökonomische Indikatoren, die ökonomische, soziale und ökologische Ungleichgewichte in beide Richtungen (sowohl Defizite, als auch Überschüsse) überwachen. Soziale Kriterien müssen einbezogen und Außenhandelsungleichgewichte effektiv bekämpft werden.
 ? Eine demokratische Kontrolle der EZB und eine Geldpolitik, die soziale und ökologische Bedürfnisse berücksichtigt.