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Europäische Attac-Gruppen solidarisch mit griechischer Bevölkerung

Wir fordern echte Lösungen der Euro-Krise zum Wohl der Menschen

Lasst die Finanzakteure zahlen und erobert die Demokratie zurück.

Mehrere europäische Attac Gruppen begrüßen und unterstützen den gerechtfertigen Widerstand der Bevölkerung Griechenlands und anderer südeuropäsicher Länder dagegen, für eine vom Kapitalismus verursachte Krise zu bezahlen. Wir weisen die falschen Beschlüsse der EU-Regierungen in der Euro-Krise zurück.

In Griechenland und anderen europäischen Ländern versuchen die Regierungen, die Mehrheit der Menschen für die gegenwärtige Krise zahlen zu lassen. Die EU-Kommission, die EU-Mitgliedsländer und der Internationale Währungsfond (IWF) nutzen die Krise, um strenge Sparmaßnahmen durchzusetzen, darunter tiefe Einschnitte in die Gehälter der öffentlich Beschäftigten, die Kürzung oder das Einfrieren von Renten, das Aussetzen öffentlicher Tarifverhandlungen, drastische Einsparungen bei den öffentlichen Ausgaben und so weiter.

Die Strategie der Regierungen ist es, auf diesem Wege zu zerstören, was vom europäischen Sozialmodell noch übrig geblieben ist. Die soziale Ungleichheit hat innerhalb Europas zugenommen, auch schon vor den Sparplänen. Griechenland und Portugal haben das größte Maß an sozialer Ungleichheit in der Eurozone.
Der von den Mitgliedsstaaten am 11. Mai angenommene "Euro-Rettungspaket" behandelt in keiner Weise die Wurzeln der Euro-Krise. Es verschiebt Probleme nur, statt sie zu lösen.


Ein ungerechtes und unwirksames Sparprogramm für Griechenland

Finanzakteure, die zuvor mit dem Geld der Steuerzahler gerettet wurden und ein bisher nicht dagewesenes öffentliches Defizit verursacht haben, attackieren Staaten, indem sie gegen den Euro spekulieren. Jeglicher demokratischer Kontrolle entzogen, erwarten sie, dass der Preis für ihre Rücksichtslosigkeit von den Bürgern durch tiefe Einschnitte in die Sozialausgaben.. Die Situation in Griechenland beweist einmal mehr die Dringlichkeit, die Finanzmärkte radikal zu regulieren.

Bereits vor der Finanzkrise hatten Steuersenkungen und andere Maßnahmen zu Gunsten von Unternehmen und privilegierten Wirtschaftssektoren das öffentliche Defizit verschlimmert. Zudem hat der offensichtliche Fehler der Euro-Zone einer gemeinsamen Währung ohne gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik zu großen Ungleichgewichten in den Handelsbilanzen der europäischen Länder geführt. Die Exportstrategien Deutschlands und anderer Länder mit Handelsbilanzüberschüssen basieren auf Lohn- und Steuerdumping.

Die jetzt von der EU eingeforderten radikalen Sparmaßnahmen dienen allein den Interessen der Reichen und der Finanzakteure. Die überwältigende Mehrheit der Griechen ist nicht privilegiert; ihre Löhne und sozialen Rechte liegen weit unter dem europäischen
Durchschnitt. Griechenland braucht nicht niedrigere, sondern höhere Löhne; nicht weniger, sondern ein höheres Maß an öffentlicher Sozialpolitik.

EU-Regierungen wollen überall eine strengen Sparkurs durchsetzen. In Portugal und Spanien haben sie bereits damit begonnen. Diese Politik kann nur zu einer Verschärfung sozialer Ungleichheiten und der gegenwärtigen Krise beitragen, während sie die ökonomische Lage in Griechenland und dem Rest der EU verschlimmert.


Der "Euro-Stabilisierungspakt" wird die Situation verschlimmern

Die Europäische Kommission wird auf den Finanzmärkten Kredite aufnehmen müssen, um Griechenland und anderen betroffenen Ländern Geld leihen zu können. Ein 60 Milliarden Euro schwerer "Stabilisierungs-Fonds" wird daher zunächst von Banken und Hedgefonds erhoben. Zusätzliche 440 Milliarden Euro könnten von den Regierungen der Euro-Zone garantiert werden.

Dieses Programm löst keines der grundlegenden und dem Euro seit 15 Jahren innewohnenden Probleme, die nun durch die Finanzkrise verschärft werden. Es sorgt nicht für einen koordinierten Abbau von Handelsungleichgewichten, insbesondere des deutschen Überschusses. Es bietet weder eine Grundlage für ein harmonisiertes europäisches Steuersystem, noch für einen gemeinsamen Haushalt, der das einzige zuverlässige Werkzeug für Solidarität wäre. Es soll eine Schuldenkrise durch die Aufnahme neuer Schulden lösen und bewahrt so die Abhängigkeit der Regierungen von den Finanzakteuren ,den einzig echten Gewinnern der neuen europäischen Darlehen. Das Programm wird Europa voraussichtlich in eine bisher nicht gekannte Deflation und Stagnation stürzen.

Europäische Regierungen stelllen die Spekulations-Krise weiterhin als "Naturkatastrophe" dar, die nur durch ein Opfer in Höhe von hunderten Milliarden Euro gelöst werden kann – eingetrieben durch Kürzungen der Sozialausgaben und öffentlichen Dienstleistungen. Aber Spekulanten sind Menschen, keine überraschend ausbrechenden Vulkane. Die von ihnen verursachten Desaster geschehen, weil wir es ihnen gestatten. Dennoch sträuben sich die europäischen Regierungen, auf EU-Ebene Entscheidungen zu treffen, die solche des Desaster ein für alle Mal verhindern.


Wir fordern:

1. Die Einführung eines echten Solidarplans für Griechenland, der einen Ausweg aus der Krise ermöglicht, ohne soziale Errungenschaften zu zerstören und soziale Ungleichheiten zu verschärfen. Der Plan soll finanziert werden durch eine Besteuerung von Kapitaleinkommen und derjenigen, die von der Krise profitieren.

2. Die Möglichkeit für Länder der Euro-Zone, sich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu denselben Bedingungen wie Privatbanken Geld zu leihen, sowie eine demokratische und politische Kontrolle der EZB, um eine progressivere Währungspolitik der Eurozone zu ermöglichen.

3. Eine umfassende Regulierung und Kontrolle der Finanzmärkte durch die Einführung der Finanztransaktionssteuer, einVerbot von Credit Default Swaps (CDS), die
Wiedereinführung von Kapitalverkehrskontrollen, Maßnahmen zur Verhinderung von Steuerflucht und Steuerhinterziehung in Griechenland und überall, die Schließung aller Steueroasen in Europa sowie die Vergesellschaftung von Banken, die als zu groß zum Scheitern ("too big to fail") eingestuft werden.

4. Die koordinierte Reduktion von externen Handelsungleichgewichten und eine abgestimmte Lohnpolitik inklusive Mechanismen zur Einführung von Mindestlöhnen, um Sozialdumping zu vermeiden.

5. Die Einführung einer gemeinsamen Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Euro-Zone und der EU, einschließlich der Einführung eines gemeinsamen europäischen Haushalts, sowie eine Harmonisierung der Steuer- und Sozialpolitik, um so die Euro-Zone zu einem Raum der wirtschaftlichen und sozialen Solidarität umzuwandeln.

6. Keine Intervention des IWF in europäische Angelegenheiten und Ablehnung der Sparmaßnahmen, die er seinen Schuldnerstaaten auferlegt.

Wir appellieren an die Zivilgesellschaft Europas, Druck auf die Regierungen auszuüben, um diese Vorschläge voranzutreiben. Gemeinsam müssen wir alle nationalen oder rassistischen Ansätze ebenso wie nationalen Egoismus zurückweisen. Wir müssen gemeinsam Lösungen voranbringen, die das Problem an der Wurzel packen und die Gewinner des Systems, die diese Krise verursacht haben, zahlen lassen.

Unsere Vorschläge sind lediglich Notfallmaßnahmen für die unmittelbaren Auswirkungen der Krise und sollen sicher stellen, dass die große Mehrheit der Griechen und der Bevölkerung in unseren eigenen Ländern nicht für die Krise zahlen muss, für die sie nicht verantwortlich ist.

Langfristig müssen wir an einem alternativen Finanzsystem arbeiten.

Mai 2010

Attac Deutschland, Attac Flandern, Attac Frankreich, Attac Griechenland, Attac Italien, Attac Katalonien, Attac Österreich, Attac Polen, Attac Portugal, Attac Spanien, Attac Ungarn, Attac Wallonien-Brüssel