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Finanzkrise darf nicht auf dem Rücken der Ärmsten ausgetragen werden

Armutskonferenz, Attac,  GPA-djp und AG Globale Verantwortung fordern neue Finanzspielregeln, Konjunkturpakete und umfassende Armutsbekämpfung

Während der Staat mit Milliardengarantien Banken rettet sind die Ärmsten der Gesellschaft von der Finanzkrise am stärksten bedroht. Weltweit steigen Armut und Arbeitslosigkeit durch die sich abschwächende Konjunktur. Damit nicht nur die Finanzwirtschaft von Rettungspaketen profitiert, fordern Armutskonferenz, Attac, GPA und die AG Globale Verantwortung neue Finanzspielregeln, Konjunkturpakete und eine umfassende Armutsbekämpfung.

?Die Politik hat durch bewusste Deregulierungen und Liberalisierungen der letzten Jahrzehnte die globale Finanzkrise heraufbeschworen?, sagt Attac-Mitbegründerin Karin Küblböck. ?Um zukünftige Krisen zu verhindern, muss eine neue globale Finanzarchitektur geschaffen werden, welche die Finanzierung der Realwirtschaft und nicht spekulativen Handel in den Vordergrund rückt.? Attac fordert eine globale Finanzmarktaufsicht unter Aufsicht der UNO, ein System der Währungskooperation, Finanztransaktionssteuern, die Schließung von Steueroasen sowie strenge Regeln für Finanzmarktakteure.
"Die Rettung maroder Banken darf nicht ausschließlich auf Kosten der Allgemeinheit gehen. Daher muss es Auflagen bezüglich öffentlicher Kontrolle, Transparenz, der Bereitstellung von Krediten und der Beschränkung der Managergehälter geben. Das österreichische Bankenpaket ist diesbezüglich völlig inakzeptabel", erklärt Küblböck. "Auch Anlagestrategien und Geldflüsse in Steueroasen sind restlos aufzuklären. Die dort geparkten Mittel können für die Bewältigung der Krise verwendet werden. Zusätzlich müssen jene, die sich im System der liberalisierten Finanzmärkte maßlos bereichert haben, durch höhere Gewinn- und Kapitalsteuern einen gerechten Beitrag für die öffentlichen Haushalte leisten.?

Für die Entwicklungsländer bedeutet die Finanzkrise geringere Exportmöglichkeiten, teurere Kredite und somit weniger Investitionen und Arbeitsplätze. ?Die ärmsten Länder sind bereits vom Klimawandel und der Hungerkrise stark betroffen. Jede weitere Verschlechterung kann für Menschen, die von weniger als einem Dollar pro Tag leben, den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten?, warnt Ruth Picker, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung. ?Die Finanzkrise zeigt, dass mit dem nötigen politischen Willen hunderte Steuermilliarden mobilisiert werden könnten. Dieses Engagement wünschen wir uns auch für die Bekämpfung der globalen Armut.? Die AG Globale Verantwortung fordert:
Die Einhaltung  internationaler Verpflichtungen, um die UN-Millenniumsziele zu erreichen (0.51% des Bruttonationaleinkommens 2010, 0.7% 2015)
die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer, um Spekulation einzudämmen und Hilfe in den Entwicklungsländern zu finanzieren
die Schließung von Steueroasen, um die dramatische Steuerflucht aus Entwicklungsländern einzudämmen ?Österreich will im UN-Sicherheitsrat mehr Verantwortung für Friede und Sicherheit weltweit übernehmen - die nächste Bundesregierung muss daher mit gutem Beispiel vorangehen und endlich mehr Hilfsgelder für die Menschen in den Entwicklungsländern bereitstellen?, fordert Picker.

Die Armutskonferenz fordert angesichts der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise verstärkte Investitionen in soziale Sicherheit. ?Es ist mit einem deutlichen Anwachsen von Armut zu rechnen. Für effektive Maßnahmen der Armutsbekämpfung müssen daher entsprechende Mittel in die Hand genommen werden. Der Ausbau des sozialen Netzes durch Einführung einer umfassenden Mindestsicherung, Investitionen in soziale Infrastruktur und Verbesserungen in der Arbeitsmarktpolitik helfen nicht nur Armut zu vermeiden, sondern sind auch ein entscheidender Beitrag zur Wiederherstellung von öffentlichem Vertrauen. Das politische Ziel "Sicherheit geben" darf sich nicht auf Banken und AnlegerInnen beschränken?, fordert Michaela Moser von der Armutskonferenz. Schon jetzt leben 460.000 Menschen in Österreich in manifester Armut, über 1 Million (davon 250.000 Kinder) sind armutsgefährdet.

?Die Finanzmarktkrise ist längst auf die Realwirtschaft übergeschwappt. Daher ist die Politik gefordert, neben den Maßnahmen im Bereich der Kapitalmärkte, alles zu tun, damit die Konjunktur wieder anspringt und Arbeitslosigkeit verhindert wird. Österreich braucht ein Konjunkturpaket und es müssen Investitionen gefördert werden, etwa im Bereich der Wohnbausanierung. Ich halte es auch für absolut notwendig, die Entlastung der LohnsteuerzahlerInnen auf 2009 vorzuziehen. Wir brauchen aber künftig Änderungen im Steuersystem. Vermögen muss stärker besteuert werden. Die öffentliche Hand braucht dringend Einnahmen, um die großen Herausforderungen wie die Sicherung des Gesundheitssystems und die Pflege finanzieren zu können. Dafür ist auch ein Abgehen vom Dogma des Zieles Nulldefizits absolut notwendig? erklärt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp), Wolfgang Katzian.

Küblböck, Picker, Moser und Katzian sind sich einig: Die Gefahr ist groß, das die Politik wie so oft in den letzten Jahrzehnten ausschließlich im Interesse der Finanzwirtschaft handelt. Ohne starken politischen und öffentlichen Druck wird im globalen Finanzcasino unverändert weitergezockt sobald alle Verluste sozialisiert sind.


Rückfragen:
Armutskonferenz: Michaela Moser, 0676 544 26 46, michaela.moserATTAC@armutskonferenz.at
Attac: David Walch, 0650 544 00 10, presseATTAC@attac.at
Globale Verantwortung ? Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe:
Ruth Picker, 0699 109 55 24, ruth.pickerATTAC@globaleverantwortung.at
GPA-djp: Martin Panholzer, 05 0301 61511, martin.panholzerATTAC@gpa-djp.at