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ISDS: Meinl-Klage gegen Österreich abgewiesen

Attac fordert weltweites Aus für Konzernklagrechte / EU will globalen Gerichtshof für Konzerne

Das Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) hat die Klage der Meinl Bank gegen die Republik Österreich über 200 Millionen Euro am 30. Oktober abgewiesen. (1) Dies berichten zwei internationale Schiedsgerichts-Plattformen, deren ausführliche Artikel Attac vorliegen. (2) Laut einem Bericht befand das Schiedsgericht zwar, dass der Investor klageberechtigt war, es erklärte sich selbst aber für nicht zuständig. Über die genaueren Begründungen liegen derzeit noch keine öffentlichen Informationen vor.

Zwtl.: Attac kritisiert erneut paralleles Rechts- und Justizsystem

Trotz dieses Ausgangs zeigt die Klage einer maltesischen Briefkastenfirma im Eigentum von Meinl exemplarisch, wie die Konzernklagerechte einer kleinen Gruppe Sonderrechte einräumen, die sonst niemand hat. Ausländische „Investoren“ bekommen mit diesem parallelen Rechts- und Justizsystem nicht nur die Möglichkeit den nationalen Rechtsweg vollständig zu umgehen sondern auch größere materielle und verfahrensmäßige Rechte als irgendjemand sonst in der Gesellschaft. „Investoren“ können dabei den Staat für ihre entgangenen Gewinne haftbar machen, selbst wenn die Maßnahmen des Staates nicht diskriminierend, unter inländischen Gesichtspunkten rechtmäßig und darauf ausgerichtet sind, die Umwelt, die öffentliche Gesundheit oder die Arbeitnehmerrechte zu schützen.

Zwtl.: Kosten für Österreich derzeit unklar

Unbekannt sind derzeit noch die Kosten, die der Allgemeinheit durch die Meinl-Klage entstanden sind. Auch bei gewonnen Klagen haben Staaten oftmals hohe Prozesskosten zu tragen - Steuermittel die man ansonsten für wichtige gesellschaftliche Anliegen verwenden könnte. (3) In diesem Zusammenhang fordert Attac von Finanzminister Schelling völlige Transparenz über die Kosten des Verfahrens.

Zwtl.: EU will Klagrechte mit globalem Gerichtshof für Konzerne einzementieren

Viele Staaten haben in den letzten Jahren erkannt, wie die Konzernklagerechte ihren demokratischen Handlungsspielraum einengen. Unter anderem haben Indien, Südafrika und Indonesien entsprechende Abkommen bereits gekündigt. Und gerade diese Woche hat die neue Regierung in Neuseeland angekündigt, dass sie zukünftige Handelsabkommen ohne die Klagerechte verhandeln wird.

"Trotz dieses Trends und der breiten Kritik will die EU die Klagerechte nicht nur in weiteren Abkommen (etwa mit Japan, Mexiko oder China) sondern auch mit einem neuen globalen Gerichtshof für Konzerne einzementieren. Die dabei geplanten Verbesserungen wie mehr Transparenz und Berufungsmöglichkeiten sind rein prozeduraler Natur. Sie ändern nichts an der Problematik eines eigens für Konzerne geschaffenen Rechtssystems mit dem Regulierungen im Allgemeininteresse angegriffen werden können. Der geplante globale Gerichtshof für Konzerne würde die dafür existierenden Rechtsgrundlagen vollkommen unangetastet lassen“, kritisiert Alexandra Strickner von Attac Österreich.

Attac fordert eine Abkehr von diesem paralleles Rechts- und Justizsystem für Konzerne. Ein erster Schritt dazu wäre, dass die EU ihr Ziel eines globalen Gerichtshof für Konzerne aufgibt und sich stattdessen für einen verbindlichen UN-Vertrag zur Durchsetzung von Menschenrechten einsetzt. (4)

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(1) Konkret klagte die Meinl zurechenbare Hauptaktionärin „Belegging-Maatschappij Far East“ (sie hält 99% der Anteile an der Meinl Bank) auf Basis eines Investitionsschutzabkommens zwischen Österreich und Malta und forderte mindestens 200 Millionen Euro. Begründet wurde die Klage u.a. mit einer "achtjährigen Hexenjagd der Regierung" gegen die Bank. Für die Klage übersiedelte die „Far East“ eigens von den Niederlanden nach Malta. Weitere Details dazu auch unter: www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_08685/imfname_542382.pdf



(2) IA-Reporter (kostenpflichtig): www.iareporter.com/articles/austria-prevails-as-pryles-chaired-tribunal-dismisses-claims-under-maltese-investment-treaty/


GAR (kostenpflichtig): globalarbitrationreview.com/article/1149581/austria-defeats-icsid-claim-linked-to-famous-business-dynasty


Siehe auch ICSID: icsid.worldbank.org/en/Pages/cases/casedetail.aspx



(3) Die Verfahrenskosten werden nur im besten Fall rückerstattet. Die Philippinnen etwa mussten 58 Millionen Dollar aufwenden - etwa das Jahresgehalt von 12.500 LehrerInnen - um eine Klage gegen den deutschen Konzern Fraport zu „gewinnen“.

(4) Zum verbindlichen UN-Vertrag zur Durchsetzung von Menschenrechten siehe: www.attac.at/news/detailansicht/datum/2017/11/02/verpflichtende-regeln-fuer-konzerne-un-verhandlungen-auf-gutem-weg-oesterreich-nicht.html