Von 6. bis 9. Juli verhandeln die Mitgliedsstaaten des Energiecharta-Vertrages (Energy Charta-Treaty, ECT) per Videokonfernez erneut über eine Reform des Abkommens. Die EU versucht dabei fossile Investitionen aus dem Anwendungsbereich des Vertrages auszunehmen, um ihn kompatibel mit dem European Green Deal und dem Pariser Klimaabkommen zu machen. Denn die im ECT enthaltene Paralleljustiz für Konzerne ermöglicht es Energiekonzernen, Regierungen für klimafreundliche Gesetze via Paralleljustiz abzustrafen, wenn diese ihre erwarteten Gewinne schmälern.*
Doch neue durchgesickerte diplomatische Dokumente enthüllen, dass eine „klimafreundliche“ Reform des Vertrages scheitern wird. Sie beschreiben die Verhandlungsposition der EU-Kommission als "eher schwach", da kein anderer Mitgliedsstaat sie unterstützt. Kasachstan lehnt die Position sogar scharf ab. Für Vertragsänderungen ist jedoch die Zustimmung aller Mitgliedsländer erforderlich.
Nur der gemeinsame Ausstieg schützt vor Konzernklagen
Aufgrund des aktuellen Leaks fordern heute (6. Juli) 402 internationale Organisationen in einem gemeinsamen Statement die EU-Regierungen auf, den Vertrag rasch zu kündigen.
„Die Klimakrise lässt uns keine Zeit für sinnlose Verhandlungen. Der sofortige und gemeinsame Ausstieg möglichst vieler EU-Staaten inklusive Österreich ist die sicherste Möglichkeit, um sich gegen weitere Konzernklagen gegen die Energiewende zu schützen“, erklärt Lena Gerdes von Attac Österreich. Selbst die von der EU angestrebte „Reform“ würde bestehende fossile Investitionen und neue Gasanlagen für weitere 10 bis 20 Jahre schützen und sei angesichts der dramatischen Klimakrise völlig inakzeptabel.
Österreich hält an Vertrag fest / Andere Staaten überlegen Ausstieg
Laut Dokumenten hält die österreichische Regierung weiter an einer Reform des Vertrages fest. Die französische Umweltministerin Barbara Pompili erklärte Ende Juni hingegen, dass die seit rund einem Jahr laufenden Verhandlungen "nicht auf dem richtigen Weg" seien. Frankreich versucht aktuell Spanien und Polen zu überzeugen einen koordinierten Ausstieg aus dem Vertrag zu betreiben.
NGO-Aktion in Brüssel gegen „Damoklesschwert ECT“ - BILD
Bei einer Medienaktion am 6. Juli ab 11 Uhr in Brüssel stellen Aktivist*innen internationaler NGOs Politiker*innen dar, deren Klimapolitik vom riesigen Damoklesschwert des Energiecharta-Vertrages behindert wird. LINK: Bilder von der Aktion am 6. Juli ab Mittag.
Paul de Clerck von Friends of the Earth Europe erklärt dazu: "Es war von Beginn an klar, dass dieser Vertrag nicht im Sinne des Klimaschutzes reformiert werden kann. Wenn es die EU-Regierungen ernst mit dem Klimaschutz meinen, müssen sie bis zum UN-Klimagipfel im November 2021 in Glasgow aus dem Vertrag aussteigen.“ Cornelia Maarfield vom Climate Action Network ergänzt: „Für eine erfolgreiche Energiewende müssen Macht und der Einfluss von fossilen Konzernen drastisch reduziert werden. Der Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag wäre dafür ein wichtiger Schritt."
Ein internationales Media-Briefing zum ECT sowie aktuell laufenden Klagen finden Sie hier zum download