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Neuer patentfreier Impfstoff zeigt, dass es auch ohne Profitinteressen geht

Patentfreigabe: Beschämende Blockade der EU-Regierungen bröckelt nur langsam

Der Kontrast könnte stärker nicht sein: Während ein Forscher*innenteam aus Texas einen neuen Covid-Impfstoff patentfrei an mehrere Länder weitergibt, blockieren EU-Regierungen nach zwei Jahren Pandemie noch immer die Patentfreigabe für öffentlich finanzierte Impfstoffe und Medikamente - und damit den Aufbau regionaler und resilienter Arzneimittelproduktionen.

Der neue proteinbasierte Impfstoff “Corbevax” wurde von einem Team des Texas Childrens Hospital bewusst mit dem Ziel entwickelt, die Impfstoffherstellung zu „entkolonialisieren“. Er wird vom indischen Pharmaunternehmen Biological E. hergestellt und hat bereits Ende letzten Jahres eine Notfallzulassung in Indien bekommen. Neben Indien haben auch Impfstoffhersteller in Botswana, Indonesien und Bangladesch die Rezeptur erhalten.

EU-Regierungen fördern Privatisierung von öffentlichem Wissen

„Es ist beschämend: Eine durch philanthropische Gelder finanzierte Initiative zeigt den EU-Regierungen, dass Menschenleben und Gesundheit wichtiger sind als die Profite der Pharmakonzerne“, erklärt dazu Iris Frey von Attac Österreich. „Dementgegen fördert die EU ein Modell, das Pharmakonzernen die Privatisierung von öffentlichem Wissen und astronomische Profite ermöglicht.“

Die Pharmaindustrie verkauft ihre durch Steuergelder finanzierten Impfstoffe und Medikamente weiterhin zu überteuerten Preisen an die meistbietenden Staaten. Mit Stand Oktober 2021 hatten sie weniger als 1 Prozent ihrer Produktion an Länder mit niedrigen Einkommen geliefert. 2021 verkaufte BioNTech/Pfizer 12-mal so viele Dosen an die EU (600 Millionen) wie an die Afrikanische Union (50 Millionen), obwohl letztere knapp dreimal so viele Einwohnende hat. In Ländern mit niedrigen Einkommen sind immer noch weniger als 10 Prozent der Bevölkerungen geimpft.

Attac fordert insbesondere Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck auf, die Patentfreigabe in den EU-Gremien nicht länger zu blockieren.

Blockade gegen Patentfreigabe bröckelt nur langsam

Die Blockade gegen die Patentfreigabe bröckelt innerhalb der EU indessen nur langsam. Im Dezember hatten sich auch Irland und Schottland dafür ausgesprochen und sich damit auf die Seite Spaniens und Belgiens gestellt. Doch noch ist der Widerstand groß: Indien versuchte Anfang Jänner eine virtuelle WTO-Ministerkonferenz einzuberufen, um über die Patentfreigabe zu beraten. Die Konferenz kam aber aufgrund der ablehnenden Position vieler EU-Staaten nicht zustande.

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Die Behauptungen der Pharmalobby gegen die Patentfreigabe, es gebe global nicht genügend Know-How und Produktionsstätten für eine Ausweitung der Produktion, sind längst widerlegt. Erst kürzlich listete eine Studie 120 potenzielle Hersteller für Impfstoffe in Lateinamerika, Asien und Afrika.