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Patentfreigabe: 115 Unternehmen contra Schramböck

Ministerin soll „nicht nur die Profitinteressen der Pharmabranche berücksichtigen“

Bei der Debatte um die globale Patentfreigabe für Impfstoffe und Medikamente bekommt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck nun auch immer mehr Gegenwind aus der Wirtschaft.

115 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie die Ministerin auffordern, die temporäre Aufhebung aller relevanten geistigen Eigentumsrechte für Corona-Impfstoffe, Medikamente und medizinische Produkte (TRIPS-Waiver) zu unterstützen und sich auf EU- und internationaler Ebene dafür einzusetzen.

Auch viele kleine und mittlere Unternehmen verzeichnen durch die Pandemie teils massive Umsatzeinbrüche. „Immer mehr Unternehmer*innen erkennen, dass Schramböcks Blockadehaltung bei der Patenfreigabe die Pandemie verlängert. Das gefährdet nicht nur die Gesundheit und das Leben von Menschen weltweit – es schadet auch den Interessen der gesamten Wirtschaft. Wirtschaftsministerin Schramböck sollte daher nicht nur die Profitinteressen der Pharmabranche berücksichtigen und sich für eine Patentfreigabe einsetzt“, erklärt dazu Iris Frey von Attac Österreich.

Der offene Brief im Wortlaut:

Für viele österreichische Betriebe – vor allem Ein-Personen-Unternehmen (EPU) und kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) – ist die Covid-19-Pandemie eine große Herausforderung. Trotz der öffentlichen Hilfen ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit angesichts immer wiederkehrender Lockdowns gefährdet.

Analysen der JKU zufolge betragen die Ausfälle des Lockdowns Nummer fünf im Dezember 2021 allein für den stationären Non-Food Bereich 3,1 Milliarden Euro. Das entspricht 50 Prozent der gesamten, saisonal üblichen November und Dezember-Umsätze. Gleichzeitig leiden international orientierte Betriebe nun in Folge der globalen Pandemie seit zwei Jahren an Materialengpässen und Lieferschwierigkeiten. Trotz finanzieller staatlicher Unterstützung können wir so nicht mehr weiter.

Das Aufkommen der neuen Variante Omikron hat den Ausnahmezustand verlängert und viele Betriebe noch mehr belastet. Unsere Situation als österreichische EPUs und KMUs wird sich erst stabilisieren, wenn die globale Pandemie beendet ist. Das erfordert eine raschere Durchimpfung und angemessene Gesundheitsversorgung in den Ländern des globalen Südens. Nur so kann der Kreislauf von immer neuen Varianten gestoppt werden.

Dafür brauchen wir brauchen global koordinierte und mutige politische Antworten. Weder die derzeitigen Verteilungsmechanismen noch die versprochenen Produktionsmengen der Impfstoffe von Pfizer, Moderna und Co. reichen aus, um die Pandemie und die Virusmutationen global zu besiegen. Schätzungen gehen davon aus, dass eine globale Durchimpfung von 70 Prozent erst 2023 erreicht werden kann. In dieser extremen Ausnahmesituation ist die temporäre Aussetzung geistiger Eigentumsrechte ein wichtiger Baustein für die Pandemiebekämpfung und im Sinne der globalen Gesundheit und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit. Denn aktuell liegen Produktionskapazitäten weltweit aufgrund des Schutzes geistiger Eigentumsrechte für Covid-Arzneimittel und Gesundheitsgüter brach.

Wir EPUs und KMUs sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Deshalb fordern wir Ministerin Schramböck auf, die temporäre Aufhebung aller relevanten geistigen Eigentumsrechte für Corona-Impfstoffe, Medikamente und medizinische Produkte (TRIPS-Waiver) zu unterstützen und sich auf EU- und internationaler Ebene dafür einzusetzen. Das ist ein wichtiger Baustein zur raschen und wirksamen globalen Bekämpfung der Pandemie.

Zum offenen Brief mit den Unterzeichnenden