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Patentfreigabe: Schramböcks Blockade schadet der heimischen Wirtschaft

Attac: Schramböcks Argumente gehen am Problem vorbei / Wirtschaftsministerin muss Alleingang beenden

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck spricht sich laut Nachrichtenmagazin Profil gegen die Freigabe von Patente für lebenswichtige Covid-Impfstoffe und Medikamente aus. Sie übergeht damit Gesundheitsminister Mückstein, der eine Patentfreigabe im Interesse der globalen Pandemiebekämpfung begrüßen würde.

Ehemaliger Generaldirektor Probst: Heimische und international ausgerichtete Betriebe leiden

„Schramböcks Blockadehaltung verlängert die Pandemie. Das gefährdet nicht nur die Gesundheit und das Leben von Menschen weltweit – sie schadet damit auch den Interessen der Wirtschaft. Denn je länger die Pandemie dauert, desto mehr leiden die heimischen und vor allem die international ausgerichteten Betriebe“, kritisiert der langjährige Generaldirektor des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, Josef Probst. Die Schäden der Pandemie in fast allen wichtigen Wirtschaftsbereichen übersteige in jedem Fall den Erfolg der Pharmabranche.

Schramböcks Argumente gehen am Problem vorbei

„Schramböcks Rechtfertigung, es läge nur an der Verteilung der Impfstoffe und nicht an mangelnder Produktion, geht am Problem vorbei. In einer globalen Pandemie müssen alle global vorhandenen Produktionskapazitäten möglichst rasch verfügbar gemacht werden", erklärt Iris Frey von Attac Österreich. Patentmonopole führen aber zu künstlicher Verknappung und zu unleistbaren Preisen für ärmere Staaten. Weiters konnte die Pharmaindustrie ihre Versprechen einer Ausweitung der Produktion schon bisher nicht einhalten, wie das Beispiel Moderna zeigt. Schramböck betont zudem selbst gerne, wie wichtig lokale Arzneimittelproduktion ist, um lokale Versorgung sicherzustellen.

Auch die globale Verteilungsinitiative Covax hat nur zum Ziel, lediglich 20 Prozent der Menschen im globalen Süden Zugang zu Impfstoffen zu ermöglichen. Zudem hinkt sie gegenwärtig diesem Ziel weit hinterher.

Eine Freigabe der Patente würde es zahlreichen Ländern ermöglichen, die Produktion lebenswichtiger Covid-Impfstoffe und Medikamente aus- und aufzubauen, um rasch auf die Pandemie antworten zu können. Frey: „Wir stellen fest, dass Wirtschaftsministerin Schramböck leider völlig unkritisch die vorgeschobenen Argumente der Pharmaindustrie übernimmt.“ 

Schramböck muss Alleingang beenden

Attac fordert die Wirtschaftsministerin auf, ihren Alleingang gegenüber Gesundheitsminister Mückstein zu beenden. „Schramböck vertritt bei der Abstimmung der diesbezüglichen EU-Position die gesamte Bundesregierung. Sie steht damit in der Verantwortung die Freigabe der Patente nicht länger zu blockieren. Hält sie an ihrer Position fest, wird sie in die Geschichte eingehen als Politiker*in, die in einer globalen Gesundheitskrise Pharmaprofite über Menschenleben, Gesundheit und Wirtschaftsinteressen gestellt hat“, sagt Frey.
 

Hintergrund:

In der WTO wird der Antrag Indiens und Südafrikas auf Patentfreigabe mittlerweile von mehr als 105 Ländern inklusive der USA unterstützt. Zu den letzten Blockieren zählen Österreich und weitere EU-Staaten. Ihre Zustimmung würde die nötige ¾-Mehrheit für eine Patentfreigabe ermöglichen. Die Entscheidung darüber fällt auf der nächsten WTO-Minister*innenkonferenz von 30. November bis 3. Dezember in Genf. Die EU wird ihre endgültige Position nun voraussichtlich erst am 29. November beim EU-Handelsminister*innenrat festlegen.

Prominente Gesundheitsexpert*innen und namhafte Persönlichkeiten aus Ökonomie, Politik und Wissenschaft – darunter die ehemaligen Gesundheitsminister*innen Rudolf Anschober, Maria Rauch-Kallat, Alois Stöger und Ex-Vizekanzler Clemens Jabloner – forderten bereits am Montag in einem offenen Brief eine Freigabe der Impfstoffpatente. Zur Presseaussendung.

Download: Offener Brief mit allen Unterzeichner*innen

Broschüre: Argumente der Pharmaindustrie entkräften

Maragarte Schramböck