Das globalisierungskritische Netzwerk präsentiert in einer Studie eine Alternative zum Dumping bei Konzernsteuern: Eine progressive Körperschaftsteuer (KöSt). Die Studie finden Sie hier.
Wer mehr hat, soll auch mehr beitragen. Dieses bei der Lohnsteuer gültige Prinzip der Leistungsfähigkeit sollte auch für Unternehmen gelten. Das ist international kein Novum. (1) Im Gegensatz dazu wirkt die aktuelle Unternehmensbeteuerung in Wahrheit regressiv. Große multinationale Konzerne haben durch steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten weitaus geringere effektive Steuerraten als Klein- und Mittelbetriebe. (2) Zusätzlich senken sie durch aggressive Gewinnverschiebungen ihren tatsächlichen Steuerbeitrag noch weiter. „Eine progressive KöSt würde dieser Wettbewerbsverzerrung zwischen großen und kleinen Unternehmen entgegenwirken“, erklärt der Ökonom und Studienautor Kai Lingnau.a
Nur 1,2 Prozent aller Unternehmen würden mehr zahlen
Konkret sieht das Attac-Modell drei Steuerstufen je nach Gewinnhöhe eines Unternehmens vor: 22 Prozent KöSt für alle Gewinne bis zu 40.000 Euro, 25 Prozent für alle Gewinne bis 500.000 Euro und 34 Prozent für alle Gewinne darüber. 9 von 10 aller KöSt-pflichtigen Unternehmen würden dadurch gleich viel oder weniger Steuern zahlen als bisher. (3) Nur bei 6,4 Prozent der KöSt-pflichtigen Unternehmen käme es zu einer Erhöhung ihrer Beiträge. Das sind in Summe nur 1,2 Prozent aller Unternehmen. (Personengesellschaften oder Einzelunternehmen zahlen keine KöSt sondern Einkommensteuer.)
Die Einnahmen der KöSt würden sich durch das Attac-Modell um rund 2,4 Milliarden Euro erhöhen. Dies würde budgetäre Spielräume für dringend nötige Investitionen in Zukunftsbereiche wie Klimaschutz, bessere Bildung oder Pflege schaffen. (2) Eine generelle KöSt-Senkung wie sie die Regierung plant, würde hingegen dazu führen, dass allein die gewinnstärksten fünf Prozent der Unternehmen rund 1,25 Milliarden Euro weniger zum Gemeinwohl beitragen.
Ein klares Zeichen gegen Steuerdumping
Das Attac-Modell ist zudem ein klares Zeichen gegen den internationalen Konzern-Steuerwettlauf nach unten, bei dem sich die Steuersätze in den vergangenen 35 Jahren halbiert haben. „Statt das internationale Steuerdumping anzuheizen, sollte sich die Regierung für europäische Mindeststeuersätze für Konzerne einsetzen“, fordert David Walch von Attac Österreich. Studien zeigen zudem, dass der Faktor Gewinnbesteuerung für die Wahl des Unternehmensstandortes weit überschätzt wird. (5)
Steuerprivilegien auch für Kapitaleinkommen abschaffen
Zusätzlich zur progressiven KöSt fordert Attac die Abschaffung der Steuerprivilegien für Kapitaleinkommen: Auch Gewinnausschüttungen, Dividenden oder Zinsen sollten – genauso wie Arbeitseinkommen – progressiv besteuert werden, anstatt „flat“ mit 25 bzw. 27,5 Prozent. Dies würde für mehr Steuergerechtigkeit sorgen und weitere budgetäre Spielräume schaffen.
Maßnahmen gegen Gewinnverschiebungen nötig
Die progressive KöSt ist kein Allheilmittel, vor allem nicht gegen die Gewinnverschiebungen von internationalen Konzernen. „Die Regierung darf nicht nur Lippenbekenntnisse gegen die Konzern-Steuertricks abgeben: Konzerne müssen ihre Gewinne dort versteuern, wo sie wirtschaftlich tätig sind. Neben der länderweisen Transparenz über Gewinne und Steuerleistung würde vor allem eine Gesamtkonzernsteuer (6) den Steuertricks ein Ende setzen. Diese langjährige Attac-Forderung wird mittlerweile von Ökonomen wie Joseph Stiglitz oder Thomas Piketty unterstützt. Doch auch aufgrund des Widerstandes von Finanzminister Löger geht dabei auf EU-Ebene bisher nichts weiter“, kritisiert Walch.
Start der Kampagne: Konzerne, ihr Beitrag bitte!
Attac startet heute die Kampagne „Konzerne, ihr Beitrag bitte!“. In den kommenden Wochen wird Attac Österreich mit Aktionen, Veranstaltungen und Informationsmaterialien über die schädlichen Auswirkungen des internationalen Steuerdumpings informieren und für das Modell der progressiven KöSt werben. (7)
„Steuern sind die Bausteine für ein gutes Zusammenleben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sind die Steuerbeiträge gerecht verteilt, tun sie niemandem weh. Das ist aber in Österreich nicht der Fall. Jene, die am meisten haben, tragen mit einer generellen KöSt-Senkung und der – im internationalen Vergleich – viel zu niedrigen Besteuerung von Vermögen immer weniger bei“, erklärt Walch.
---
(1) Weltweit gibt es zahlreiche Länder, die gewinnstarke Unternehmen stärker besteuern als kleine Betriebe, die geringe Gewinne erwirtschaften. In Europa tun dies unter anderem Belgien, Frankreich, Kroatien, Litauen, die Niederlande, Portugal, ehemals auch das Vereinigte Königreich. Die wohl deutlichste Form einer progressiven Unternehmensbesteuerung findet sich in Südkorea. Dort ist der Grenzsteuersatz ebenfalls an den erwirtschafteten Gewinn gekoppelt. Die effektive Besteuerung steigt dabei über insgesamt über sechs Stufen kontinuierlich an.
(2) Egger, P., W. Eggert und H. Winner (2010) Saving taxes through foreign plant ownership, Journal of International Economics, 81(1), S.99-108
(3) Die Mindestkörperschaftsteuer für geringe Gewinne, die rund 43 Prozent der KöSt-pflichtigen Unternehmen betrifft, bliebe unverändert wie bisher bestehen. Rund 50 Prozent aller KöSt-pflichtigen Unternehmen mit Gewinnen unter 500.000 Euro würde geringer besteuert werden als bisher.
(4) Aufgrund der der Klimazielverfehlungen könnten Zertifikatszukäufe in Milliardenhöhe auf Österreich zukommen. Gleichzeitig könnte man mit 600 Millionen Euro mobile Pflege und Pflegedienstleistungen flächendeckend ausbauen und 20.000 neue Jobs schaffen.
(5) Nach einer Studie von Ernest and Young landet die Unternehmensbesteuerung nur auf Rang 8 der 12 wichtigsten Faktoren für die Wahl eines Investitionsstandortes.
(6) Details dazu hier: https://www.attac.at/kampagnen/archiv/2018/steuertricks-stoppen/die-loesung.html
(7) http://www.attac.at/konzernsteuer