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TTIP: Chlorhühner übergeben Protestbrief an EU-Chefverhandler

Menschenrechte, Umweltschutz und Lebensmittelsicherheit sind nicht verhandelbar

Der Chefverhandler des geplanten EU-USA Freihandelsabkommens (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP), Ignacio Garcia Bercero, ist heute in Wien. FIAN Österreich, ÖBV-Via Campesina  Austria und Attac nutzen diese Gelegenheit, um einen Protestbrief zu übergeben. Sie fordern die EU dazu auf von den Verhandlungen  zurückzutreten.

Die Kritik der als Chlorhühner verkleidete Aktivist_innen  beschränkt sich keinesfalls  auf die befürchtete Einfuhr von mit Chlor desinfizierten Hühnerbrüsten, mit Hormonen gefütterten Schweinen oder Genmais in die EU.  Der europaweit zirkulierende Protestbrief formuliert breite Kritik an den Inhalten des geplanten Freihandelsabkommens und des Verhandlungsprozesses an sich.

TTIP wird unter nicht akzeptabler Geheimhaltung verhandelt. Zivilgesellschaftlichen Akteur_innen und auch Parlamentarier_innen wird der  Zugang zu den Verhandlungsdokumenten weitgehend verwehrt. „Diese Politik der Geheimhaltung widerspricht demokratischen Prinzipien und missachtet das Menschenrecht auf politische Teilhabe und Selbstbestimmung“, erklärt Irmi Salzer von Via Campesina Austria.  Bereits über 4000 Menschen haben seit Freitag 17.1. ein Protestmail an die Regierung gesendet und die Offenlegung der Verhandlungsdokumente verlangt.

Die ‚beratenden Ausschüsse‘ der Verhandler sind auf Business-Lobby-Gruppen ausgerichtet. Konzerne  haben ihre Wunschlisten bereits deponiert. Die Lebensmittel- und Agroindustrie will Lebensmittelstandards, die aus ihrer Sicht unnötige Handelshemmnisse darstellen, nach unten schrauben. Biotech- und Agrarunternehmen versuchen den EU-Markt  für gentechnisch veränderte Lebensmittel zu öffnen und verpflichtende Kennzeichnungsrichtlinien zu umgehen. Das Prinzip der risikobasierten Gefahreneinschätzung bei der Zulassung von GMOs soll ebenso „angeglichen“ werden wie Patent- und Haftungsrechte. „TTIP öffnet die Türen für Agrar-Exportschlachten zu Dumpingpreisen – auf beiden Seiten des Atlantiks.  Nachdem die im Agrarbereich immer noch relativ hohen Zölle abgeschafft werden sollen, wird dies insbesondere die im Vergleich zu den USA kleinstrukturierte EU-Landwirtschaft  treffen“,  so Irmi Salzer von der ÖBV-Via Campesina Austria.

TTIP bindet Staaten die Hände

Die im TTIP vorgeschlagenen  „Harmonisierungsmaßnahmen“ eröffnen Wege und Mittel für Unternehmen, Regulierungen zu umgehen und abzubauen. Das Abkommen unterstützt Politiken, die es Unternehmen praktisch erlauben würde, ihre eigene Regulierung zu schreiben.  „Dabei muss gerade aktuell die staatliche Kontrolle und die Regulierung von Unternehmen gestärkt werden, um Menschenrechte zu schützen und zu verwirklichen. Staaten dürfen nicht sich selbst und ihre Regulierungsbefugnisse demontieren“, sagt Alexandra Strickner von Attac Österreich.

Rechtsstaatlichkeit wird untergraben


Die vorgeschlagenen Streitbeilegungsmechanismen zwischen Investoren und Staaten erlauben es Konzernen, Staaten wegen Maßnahmen zu verklagen, die ihre Gewinnerwartungen mindern. Das würde zum Beispiel Sozial- und Umweltgesetze oder Lebensmittelstandards betreffen, die Unternehmensinteressen entgegenstehen. Solche Fälle würden außerhalb des öffentlichen Rechtssystems verhandelt, im Wesentlichen geheim, kontrolliert von Unternehmensanwälten und ohne eine Berücksichtigung der Menschenrechte von betroffenen Personen.

„Staaten, die TTIP beitreten, würden fast zwangsläufig Menschenrechte verletzen. Das Abkommen steht im Widerspruch zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte  und ignoriert zwingende Normen des allgemeinen Völkerrechts. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten sind aufgerufen die Verhandlungen zu beenden. Stattdessen sollen sie sich für transparente Prozesse hin zu einem neuen globalen Investitions- und Handelsregime einsetzen, das der Verwirklichung der  Menschenrechte und dem öffentlichen Interesse dient“, so Gertrude Klaffenböck von FIAN Österreich.

Protestbief an Bercero:  www.fian.at/assets/TTIP-Protestbrief-Bercero.pdf


Emailaktion: www.attac.at/ttip-stoppen