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Wer den Rechtsruck stoppen will, muss die neoliberale Globalisierung bekämpfen

Nur ein kompletter Neustart der EU-Politik kann dazu beitragen, den Aufstieg der Rechten aufzuhalten

Gemeinsame Stellungnahme von Attac, ÖBV – Via Campesina Austria, PRO-GE und Südwind.

Wien, 1. Dezember 2016.
Donald Trump hat die US-Präsidentschaftswahl gewonnen, auch in Österreich könnte am 4. Dezember ein rechter Kandidat triumphieren. Weite Teile Europas, auch Deutschland und Frankreich, erleben einen Rechtsruck. Die Ursache dafür sind Jahrzehnte neoliberaler Wirtschaftspolitik, die Kürzungsprogramme ebenso umfasst wie Handelsabkommen. Verantwortlich dafür sind die politischen und wirtschaftlichen Eliten. Ob in der EU, den USA, in Kanada oder anderswo: Seit langem verfolgen sie eine Politik, die nicht den Interessen der breiten Bevölkerung, sondern einiger großer Konzerne und Vermögender dient. Die Folge: Immer mehr Menschen verlieren an Einkommen und sozialer Sicherheit, ihre Umwelt und Lebensgrundlagen werden zunehmend zerstört, ihre Möglichkeiten zur Mitgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft eingeschränkt. In der EU sind heute 118 Millionen Menschen von Armut und Ausgrenzung bedroht. Ganze 17 Millionen sind sogenannte „Working Poor“, also trotz eines Vollzeitjobs von Armut bedroht – Tendenz steigend.


Breiteste Bewegung seit Jahren

CETA und TTIP sind der jüngste Vorstoß auf diesem Irrweg. Doch in der Bevölkerung wird der Widerstand gegen diese Politik immer größer. Die europaweite Plattform gegen beide Abkommen ist die größte und breiteste Bewegung seit vielen Jahren. Sie umfasst Gewerkschaften und Umwelt-NGOs, KonsumentInnenschutz- und globalisierungskritische Organisationen ebenso wie Bauern und Bäuerinnen sowie Klein- und Mittelbetriebe. Dennoch sind die Regierenden nicht bereit, von ihrer Politik abzurücken. Um zu verhindern, dass aus dem Protest ein echter Kurswechsel wird, gestalten sie den demokratischen Prozess mehr und mehr als bloße Inszenierung.

Die Verhandlungsmandate für Abkommen wie CETA und TTIP erteilen sie an den Parlamenten vorbei. Die Verhandlungen selbst laufen hinter verschlossenen Türen. Liegt schließlich ein Text vor, werden alle, die berechtigte Zweifel haben oder schlicht auf ihre demokratischen Rechte pochen, solange unter Druck gesetzt, bis sie zustimmen. Das zeigt sich etwa am Umgang mit dem Widerstand aus Österreich oder der Wallonie. Einsprüche gegen diese Vorgangsweise tat Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker als „Klamauk“ ab. Im EU-Parlament tut die Pro-CETA-Fraktion alles, um das Abkommen ohne breite Debatte und im Eilverfahren abzustimmen. Sie beschloss den knappest möglichen Zeitplan, verbot kritischen Ausschüssen Stellungnahmen zu CETA und stimmte einen Antrag nieder, das umstrittene Konzerngericht vom Europäischen Gerichtshof auf seine Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen. Erst heftige Proteste von Abgeordneten und der Zivilgesellschaft sorgten dafür, dass zumindest der Zeitplan gelockert werden musste und die Ausschüsse nun doch Stellungnahmen abgeben dürfen.

Für einen gerechten Welthandel

Unsere Kritik an CETA und TTIP hat mit der von rechts nichts gemeinsam. Wir stehen für eine solidarische und demokratische Handels- und Investitionspolitik, die Mensch und Umwelt in den Mittelpunkt stellt. Wir setzen uns für einen gerechten Welthandel und Spielregeln ein, die ein gutes Leben für alle ermöglichen, demokratische Teilhabe und Selbstbestimmung garantieren. Wir arbeiten mit sozialen Bewegungen und Gewerkschaften, mit Umwelt-, KonsumentInnenschutz- und bäuerlichen Organisationen in Kanada, den USA und im Globalen Süden zusammen. Doch trotz unserer fundierten Kritik und Alternativvorschlägen halten die Regierenden an ihrem Kurs fest. Die negativen Folgen dieser neoliberalen Politik und ihre Unwilligkeit, sie zu ändern, sind die Ursache des Rechtsrucks – und nicht unsere Kritik daran.

Kompletter Neustart nötig

Mit der Unterzeichnung von CETA haben die Regierungen erneut die Chance auf einen Kurswechsel verpasst. Jetzt ist das EU-Parlament gefragt, die Lehren aus dem Brexit und der Wahl Trumps zu ziehen. Wer den Rechtsruck stoppen will, muss zu einem echten Politikwechsel bereit sein. CETA und TTIP zu verhindern kann der erste Schritt sein. Auch alle weiteren laufenden Verhandlungen über derartige Abkommen müssen gestoppt und die Mandate der EU-Kommission demokratisch überprüft werden. Nur ein kompletter Neustart der EU-Handels- und Investitionspolitik kann dazu beitragen, den weiteren Aufstieg der Rechten aufzuhalten.