Zukunftsszenario 1: Die Tech-Tyrannei
Rechte Kräfte haben sich in der Corona-Krise durchgesetzt und die gesellschaftliche Solidarität weiter zerstört. Der individuelle Vorteil und Konsum sind heute das Wichtigste, Sozialleistungen gibt es kaum noch. Immer mehr Menschen leben in Unsicherheit und Armut, auch weite Teile der früheren Mittelklassen. Nur die wenigen Reichen können sich einen Lebensstil wie früher leisten.
Amazon, Zalando und Co. waren die großen Gewinner der Krise. Die globalen Tech-Konzerne dominieren unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre Plattformen und Algorithmen bestimmen, wie wir arbeiten, essen und unsere Freizeit verbringen. Die Regierungen stützen ihre Monopole mit freundlichen Gesetzen und billigem Geld. Wir holen Produkte mit dem Auto aus Verteilerzentren ab oder lassen sie von unterbezahlten Bot*innen liefern. Viele Lokale und kleine Geschäfte haben hingegen nicht überlebt, die Straßen sind verödet.
Auch die fossile Industrie boomt weiter – Öl, Gas und Kohle werden verbrannt als gäbe es kein Morgen. Immer mehr Menschen fallen den Folgen der Klimakrise zum Opfer. In Europa sind Dürren und Unwetter Normalität. Die Polizei schlägt Widerstand gegen die fossile Industrie und ihre Verbündeten in den Regierungen mit Gewalt nieder.
Zukunftsszenario 2: Grüner Kapitalismus
Die tiefe Krise zwingt Regierungen und Konzerne zu Anpassungen, doch die grundlegenden Machtverhältnisse ändern sich nicht. Die Tech-Konzerne sind fast allmächtig. Daneben haben die Staaten „grüne Industrien“ aufgebaut. Mit Gentechnik und Elektromotoren geben sie vor, die Wirtschafts- und Klimakrise zu bewältigen. Doch wir haben Öl, Gas und Kohle nie überwunden, Wind- und Solarkraft sind nur hinzugekommen.
Die EU setzt auf riskante, technische Eingriffe ins Klima. Die Klimabewegung kämpft gegen diese Scheinlösungen. Klimaschädlicher Konsum ist jetzt teurer. Wer es sich leisten kann, fliegt weiter Kurzstrecke und isst viel Fleisch, aber immer mehr Menschen können das nicht. Die Emissionen sinken ein wenig, die Ungleichheit steigt umso mehr.
Manche Regierungen federn die schlimmsten Folgen der Krise ab und verhindern die völlige Verelendung der Mittelklassen. Während das Leben der Meisten immer unsicherer wird, feiern wenige Privilegierte die „wilden 20er“ nach der Pandemie mit Reisen und Luxusparties. Reiche Menschen schotten sich in abgesperrten Wohnanlagen, reiche Staaten mit Stacheldraht und Waffengewalt ab. Jene, die es sich noch richten können, unterstützen dieses System – aber ihre Zahl schrumpft.
Zukunftsszenario 3: Kampf um eine neue Welt
Die Corona-Jahre sind hart. Doch Millionen Menschen lehnen sich weltweit gegen die soziale Krise auf. Der Druck der Klimabewegung und ein Hitzesommer mit zehntausenden Toten zwingen uns, alle Krisen in den Blick zu nehmen. Wir setzen einen Kurswechsel durch und kehren nach Corona nicht zum alten Wachstumsdogma zurück. Die Arbeitslosigkeit bekämpfen wir mit Arbeitszeitverkürzung: Niemand muss derzeit mehr als 30 Wochenstunden Erwerbsarbeit leisten. Dazu kommen eine echte Grundsicherung und gratis Zugang zu wichtigen öffentlichen Dienstleistungen. Wir entschädigen jene, die in der Corona-Krise die größten Lasten tragen – und bitten die Reichsten zur Kasse.
Auf unseren massiven Druck hin werden viele Branchen ab- oder umgebaut: Wo früher Autos gebaut wurden, entstehen nun Straßenbahnen und Züge. Wir übernehmen Infrastruktur und Betriebe in öffentliches Eigentum und stärken die demokratische Kontrolle. Wir verkürzen Lieferketten und stärken die regionale Versorgung. Manches, wie der Rückbau von Fabriken und Straßen, führt auch zu Konflikten. Doch wir bemühen uns gemeinsam um gerechte Lösungen.
Viele Projekte lösen aber auch Begeisterung aus: Wir pflanzen neue Wälder und renaturieren Lebensräume. Wir reparieren mehr statt wegzuwerfen. Wir bezahlen Pflege, Kinderbetreuung und Kultur endlich so, wie es ihrem gesellschaftlichen Wert entspricht. Doch auch wenn wir den Regierungen viele gute Maßnahmen abringen konnten, sind Konflikte um die Macht des Staates und um die Demokratie nicht verschwunden. Im Moment kämpfen wir für Klima-Entschädigungen für den globalen Süden. Europa muss als Verursacher der Klimakrise besonders betroffene Länder unterstützen.
Mit vielem sind wir erst am Anfang. Aber der ist ja bekanntlich oft am schwersten.
Attac Dossier zum Download: Die Welt nach Corona