Schwarz-Blau II: Ein Regierungsprogramm der Unsicherheit und Ausbeutung
Budgetpolitk auf Kosten der Mehrheit
Die neue Regierung will die Steuer- und Abgabenquote von rund 43 in Richtung 40 Prozent senken – also um rund 10 bis 12 Milliarden Euro. Zur Erinnerung: Jene Länder mit den höchsten Abgabenquoten sind auch Länder mit geringer Ungleichheit, guter öffentlicher Infrastruktur und hoher Lebensqualität.
Mit „Sparen im System” und „Strukturreformen“ ist eine derartige Senkung der Abgabenquote jedoch nicht erreichbar. Ohne Beiträge der Vermögenden sind Einschnitte im Sozialbereich, bei Pflege, Gesundheit und Pensionen zu erwarten, die zu mehr Armut und stärkerer Ungleichheit führen werden. Was die Abgabenquote senkt, sind höhere private Beiträge für Bildung, Pensionen oder Gesundheit – und das können sich nur Besserverdienende leisten.
Hoch problematisch ist, dass die Regierung gleichzeitig eine Schuldenbremse in die Verfassung schreiben will. Wichtige Investitionen in Pflege, Bildung oder Klimaschutz können so verhindert, Ausgaben im Sozialbereich noch einfacher gekürzt werden. Zudem würde der Handlungsspielraum, bei Finanz- und Wirtschaftskrisen mit öffentlichen Investitionen und sozialer Absicherung gegenzusteuern, massiv eingeschränkt – was Wirtschaftskrisen weiter verschärft.
Steuergeschenke für Reiche und Konzerne
Die neue Regierung will die Steuern für Unternehmen senken – etwa durch eine Senkung der Körperschaftssteuer für nicht entnommene Gewinne. Kostenpunkt: Bis zu 4 Milliarden Euro. Doch die meisten Klein- und Mittelbetriebe werden davon nicht profitieren, denn sie zahlen Einkommen- und nicht Körperschaftsteuern. Profitieren werden vor allem einige wenige große Kapitalgesellschaften, die schon jetzt durch Maßnahmen wie die Gruppenbesteuerung begünstigt sind. Österreich ist damit voll auf Kurs im internationalen Steuerdumping – obwohl sich die Steuersätze für Unternehmen in Europa in den letzten 30 Jahren halbiert haben.
Bei der (noch nicht genau definierten) Reform der Einkommensteuer werden SpitzenverdienerInnen am stärksten profitieren, da sie alle Tarifsenkungen in unteren Steuerklassen mitnehmen. Gerade jene Menschen mit den geringsten Einkommen, die gar keine Lohnsteuer zahlen (darunter vor allem Frauen), profitieren hingegen gar nicht von dieser Reform. Ihnen nützt auch der geplante „Familienbonus“ nichts, bei dem Eltern 1.500 Euro pro Kind von der Steuer absetzen können. Rund 1,5 Milliarden sollen so an gut Verdienende verteilt werden. Für die Kinderbetreuung gibt es jedoch keine zusätzlichen Mittel.
Und obwohl das reichste Prozent in Österreich über 40,5% des Vermögens besitzt, fehlen (wenig überraschend) Maßnahmen gegen die steigende Ungleichheit, wie etwa Erbschafts- und Vermögenssteuern.
Hartz IV für Österreich: Mehr Armut, Angst und Niedrigstlöhne
Mit den Plänen der Regierung droht „Hartz IV“ für Österreich – also jene Maßnahmen, die Deutschland zum Land mit dem größten Niedriglohnsektor in Europa gemacht haben. Das Arbeitslosengeld soll nicht nur mit Bezugsdauer sinken. Die bisher daran anschließend ausbezahlte Notstandshilfe soll abgeschafft werden. Wer länger arbeitslos ist, soll in der Mindestsicherung landen. Er/sie müsste also dann sein Auto und alles Ersparte bis auf rund 4000 Euro „verwerten“, um weiter Unterstützung zu bekommen. Wer in einer Eigentumswohnung lebt, muss die Behörde als Miteigentümer ins Grundbuch eintragen. Bislang konnten Arbeitslose bis zu 425 Euro dazuverdienen. Diese Möglichkeit soll wegfallen. In Summe würde das zu mehr Armut, Angst, Langzeitarbeitslosigkeit und Niedrigstlöhnen führen.
Gekürzt wird auch bei der Mindestsicherung: Eine Familie soll maximal 1.500 Euro im Monat erhalten - wie bereits in einigen Bundesländern (wahrscheinlich verfassungs- und europarechtswidrig) umgesetzt. Die Mindestsicherung für Asylberechtigte soll – wohl ebenfalls grundrechtswidrig - auf 365 Euro (plus 155 Euro „Integrationsbonus“) gekürzt und künftig in Form von Sach- statt Geldleistungen ausgezahlt werden können.
Die Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder soll je Land „angepasst“ werden. Ein Schweizer Manager bekäme dann mehr Kindergeld als jetzt, eine slowakische Altenpflegerin weniger! Neue Studiengebühren sollen 500 Euro pro Semester betragen - für Familien mit niedrigen Einkommen eine echte Hürde
Schwächung der Arbeiterkammer zugunsten von Konzernen
Eine angekündigte Schwächung der Arbeiterkammer ist noch nicht konkret. Die AK wird aufgefordert, bis zum Sommer „Reformprogramme und Effizienzsteigerungen“ vorzulegen, dann behält sich die Regierung gesetzliche Schritte vor. Eine Schwächung der AK hätte klarerweise negative Folgen auf die ArbeitnehmerInnen insgesamt.
Verfügbarkeit rund um die Uhr: 12-Stunden Tag und 60 Stunden-Woche
Arbeitszeitgesetze bezeichnet die Regieurng vielsagend als „wesentlichen Faktor für Standort und Arbeitsplätze“ – und nicht als Errungenschaften, die mühsam für mehr Gesundheit, Freizeit, Erholungszeit und Lebensqualität erkämpft wurden. Anstatt Arbeitszeit zu verkürzen soll dementsprechend die tägliche Höchstarbeitszeitgrenze generell von 10 auf 12 Stunden und 60 Stunden pro Woche erhöht werden – was bisher nur in Ausnahmefällen möglich war.
Wie von Konzernen gefordert, sollen Verhandlungen bei Arbeitszeitfragen weniger über Kollektivverträge sondern verstärkt auf betrieblicher bzw. individueller Ebene „gestaltet“ werden – also dort, wo die Macht der Unternehmen größer und die der ArbeitnehmerInnen kleiner ist. Von „Freiwilligkeit“ ist im Regierungsprogramm keine Rede. Aktuell sind betriebliche Alleingänge bei der Arbeitszeit noch unmöglich oder strafbar – auch um Dumping zwischen den Betrieben zu vermeiden.
Verschärft werden Sanktionen bei Arbeitslosengeld und Mindestsicherung. Zumutbare Wegzeiten werden für Teilzeitjobs von 1,5 auf 2 Stunden und für Vollzeitjobs von 2 auf 2,5 Stunden erhöht. Für arbeitslose AusländerInnen sind weitere Verschärfungen geplant. Damit wird letztlich auch der Druck auf alle anderen ArbeitnehmerInnen steigen, niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen akzeptieren zu müssen.
Die Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension soll einer Teilpension weichen. Die Betroffenen sollen dann wieder am Arbeitsmarkt landen. So werden viele Menschen bis zum eigentlichen Pensionsanspruch eine sehr geringe Teilpension erhalten und ansonsten arbeitslos sein. Dazu passt die viel kritisierte Streichung der Aktion 20.000 für ältere Langzeitarbeitslose.
Der Weg in die nächste Finanzkrise: Banken und Finanzmärkte deregulieren
Im Bereich Banken, Versicherungen und Börse will die Regierung „Regulierung abbauen und auf EU-Standard zurückführen“. Zudem will sie auch die private Pensionsvorsoge über Kapitalmärkte erneut staatlich fördern – kein Wunder, kommt doch der neue Finanzminister Löger direkt aus der Versicherungsbranche. Auch das kommt natürlich vorrangig Besserverdienenden zugute und bläht die Finanzmärkte auf.
Weiters geplant ist es „privates Kapital zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen, insbesondere Demographie, Klimaschutz, Energie, Bildung zu mobiliseren“ – sprich öffentliche Aufgaben für die Profit- und Anlagemöglichkeiten Privater öffnen. Insgesamt zeigt sich also, dass man aus der Finanzkrise nichts gelernt hat.
Profite als Staatsziel: „Wettbewerbsfähigkeit“ in die Verfassung
Die Vorgängerregierung scheiterte 2017 noch am breiten Widerstand der Zivilgesellschaft, die neue Regierung will den Plan erneut in die Tat umsetzen: „Wachstum" und ein „wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort" sollen als Staatsziele in der Verfassung verankert werden. Damit sollen Urteile wie jenes gegen die klimaschädliche 3. Piste am Flughafen Wien in Zukunft verhindert werden. Dafür ist es geplant einen „Standortanwalt“, „Genehmigungsverfahren“ für (klimaschädliche) Infrastrukturprojekte „zu straffen“ und Umweltverträglichkeitsprüfungen zu reduzieren. Die Richtung ist klar: Wirtschaftsinteressen vor Umweltschutz.
Doch um „wettbewerbsfähig“ zu sein, müssen wir angeblich nicht nur beim Klima- und Umweltschutz auf die Bremse steigen. Seit Jahren wird uns eingeredet, dass wir dafür auch länger arbeiten, Löhne kürzen, Sozialleistungen streichen, öffentliche Dienste privatisieren sowie Steuern für Vermögende und Konzerne senken müssen. Daher ist „Wettbewerbsfähigkeit“ als Staatsziel eine gefährliche Drohung auf vielen Ebenen.
Auf Wunsch der Konzerne: CETA & Co. sollen kommen
Das CETA-Abkommen soll entgegen aller Versprechen der FPÖ ratifiziert und umgesetzt werden. Von einer Demokratisierung oder einer Neuausrichtung der EU-Handels- und Investitionspolitik ist kein Wort im Programm zu finden. Somit ist auch klar, dass die Regierung vielen weiteren Abkommen im Interesse von Konzernen zustimmen will.
Auf Kosten von MieterInnen: Angriff auf leistbares Wohnen
Bei den Mieten will die Regierung auf direkten Wunsch der Immobilienbesitzer das Verbot von Lagezuschlägen in Gründerzeitvierteln aufheben. Allein in Wien wären laut Schätzung der Arbeiterkammer bis zu 95.000 Wohnungen betroffen. Bestehende Mietverträge können nur mehr bis zum 25. Lebensjahr an Kinder weitergegeben werden. Ein weiterer drohender Angriff betrifft Familien, die gemeinsam in einer Wohnung leben. Wenn der/die HauptmieterIn stirbt, können die Familienmitglieder bisher den Mietvertrag übernehmen – zur selben oder nur gering erhöhten Miete. Die Regierung will das nur noch Ehe- und eingetragenen PartnerInnen sowie Kindern bis 25 erlauben.
Schikanen und Abschottung für Asylsuchende
Verschärft werden auch Maßnahmen für Asylsuchende. Die Rede ist von Massenquartieren am Stadtrand inklusive Ausgangssperren mit dem Ziel die Integration zu erschweren. Ebenso verboten wird die individuell angebotene Unterbringung.
Flüchtlingen soll beim Asylantrag ihr gesamtes Bargeld abgenommen werden. (Das mitgeführte Geld ist für viele der letzte Rest ihres Vermögens.) Abgeben sollen Flüchtende auch ihr Handy zwecks Kontrolle von Identität und Fluchtroute. Das Taschengeld von 40 Euro pro Monat soll völlig gestrichen (und durch Sachleistungen ersetzt) werden.
Mehr Überwachung in allen Lebenssituationen
Weiter geplant ist ein neues Überwachungspaket mit Bundestrojaner, einer neuen Form der Vorratsdatenspeicherung, Gesichtsfelderkennung und Big-Data-Analysen - sowie neue Möglichkeiten für die Überwachung der Bürgerinnen und Bürger in allen Lebenssituationen.
Mehr Details dazu hier.